Geht das denn schon wieder los?
»Wie findest du das? Ist von Armani!«
»Muss ich den kennen?« Er warf einen flüchtigen Blick auf das Kleidungsstück. »Steht dir bestimmt gut und war doch sogar bezahlbar, dabei hatte ich schon befürchtet, du kommst mit so einem sündhaft teuren Fummel an von einer dieser Mode-Ikonen!«
Es hatte bestimmt nicht an der Eistüte gelegen, dass Steffi einen heftigen Hustenanfall bekam, aber jemanden, der Hemden, Pullover und sogar Jeans von seiner Frau aussuchen und mitbringen lässt (Stefanie hat immer ein Maßband im Geldbeutel!) und nur in Ausnahmefällen das Geschäft eines Herrenausstatters betritt, kann man wirklich nur als modischen Ignoranten bezeichnen. Ich glaube, Hannes weiß bis heute nicht, dass es lediglich an diesem Designermodell lag, dass seine Frau in den ersten Wochen nach unserer Rückkehr sehr spartanisch gekocht hat. »Erst mal müssen wir unsere Urlaubspölsterchen wieder abbauen, und das geht nicht mit Schweinebraten und Knödeln!«
»Dann bring doch mal wieder zwei Steaks mit!«, hatte Hannes vorgeschlagen, doch das war nun auch nicht gerade der Weisheit letzter Schluss gewesen. Irgendwie musste Steffi sich aber doch durchgewurstelt haben, denn Hannes weiß bis heute nicht, dass diese Bluse … 95 Dollar gekostet hat!
Den Nachmittag haben wir zusammen mit Susanne im Garten des Hotels verbracht, wo es nicht nur ein relativ großes Schwimmbecken gab, sondern auch einen Whirlpool, der unentwegt blubberte und uns zumindest akustisch auf die abendliche Dhau-Fahrt einstimmte.
»Was ziehst du nachher an?«, wollte ich von Susanne wissen, bevor sie im Bad verschwand. »Ich hatte noch nie das Vergnügen, mein Abendessen an Deck eines orientalischen Segelschiffs einzunehmen, bin also völlig überfragt, was man bei einem solchen Anlass trägt.«
»Dann erinnere dich an das Abendessen im Beduinenzelt, da bist du sogar Gast eines Scheichs gewesen!«
Stimmt, dort wäre ich auch im Jogginganzug nicht aufgefallen!
Trotzdem die vorletzte saubere Hose herausgeholt, Bluse statt Polohemd, dazu Leinenblazer, weil’s auf dem Wasser abends kühl wird, und sowieso ist man mit Jacke immer richtig angezogen, egal wann und wo. Hat man uns seinerzeit im Tanzkurs beigebracht. Ist zwar lange her, gilt aber immer noch.
Susanne erschien – frisch geduscht und geföhnt – in einem dreiviertellangen Rock mit passender Bluse, griff zu ihrer Tasche und meinte mit einem Blick auf meine Jacke: »Draußen sind neunundzwanzig Grad.«
»Weiß ich, aber nachher auf dem Wasser bestimmt nicht mehr.«
»Richtig! Da haben wir nur noch sechsundzwanzig.«
Unnötig, zu erwähnen, dass ich die Jacke trotzdem mitgenommen habe aufs Schiff, wo sie den ganzen Abend über der Stuhllehne hing, wenn sie nicht gerade mal wieder runtergefallen war.
Meine Vorstellungen von dem Abendessen auf einer Dhau hatten mit dem, was uns dann erwartete, herzlich wenig Ähnlichkeit. Zwar hatte sie sogar drei Masten und zwei Decks, aber die waren so voll gestellt mit Tischen und Stühlen, dass wir dem uniformierten Platzanweiser nur im Gänsemarsch zu unserem Tisch folgen konnten, und der hatte bestenfalls die Ausmaße von zwei zusammengeschobenen Küchenhockern. Am Tisch links neben uns saßen Österreicher, rechts hörte man Thüringer Dialekt, gegenüber wurde französisch gesprochen, englische Laute mischten sich mit italienischen … das einzige Arabische rundherum schien die Dhau zu sein, denn die hin- und herwuselnden Kellnerinnen hatten mandelförmige Augen und kamen mit Sicherheit von den Philippinen.
Das Schiff füllte sich, das Gedränge am Kai ließ nach, hörte schließlich ganz auf, und trotzdem legte der Kahn nicht ab. Österreich orderte bereits die zweite Runde Bier, Hannes versuchte – vorerst noch vergeblich – unserer dunkeläugigen Schönen zu verdeutlichen, dass er sein Feuerzeug vergessen habe und nun Streichhölzer benötige, bis schließlich Thüringen aushalf, und dann endlich schien sich am Kai etwas zu tun. Eine Stretchlimousine fuhr vor, ein herbeigeeilter Uniformierter öffnete die Tür, und heraus stieg ein in einen schneeweißen Burnus gehüllter und mit dem üblichen Kopfschmuck versehener Jüngling, der erst einmal die Dhau musterte. Auf höchstens Anfang zwanzig schätzte ich ihn, mindestens einsachtzig groß, ums Kinn herum schon heftig bebartet und – soweit erkennbar – ausgesprochen gut aussehend.
»Susanne, der wäre es nun aber wirklich!«, fiel mir sofort ein, denn bisher hatte sie sich
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