Geht's noch?
Demütigungen nicht verfolgt hatte, die ihn nicht bedauern und kein Urteil über ihn fällen würde und die überhaupt nichts von ihm haben wollte. Natürlich griff er damit viel zu weit vor. Schließlich dürfte sie ihm die Szene bei der Hochzeit noch nicht verziehen haben, und er konnte es ihr nicht verdenken.
»Und wie geht es Ihnen?«, fragte er, als sie allein waren, beziehungsweise so allein, wie sie es in einem Raum voller Menschen sein konnten.
»Prima. Und selbst?« Sie verschränkte die Arme vor der Brust, was dazu führte, dass in dem goldglänzenden Tank Top, das sie unter einer weißen Seidenbluse trug, ihr Dekolleté anschwoll.
Er wusste, Amys Bewegung war unbeabsichtigt erfolgt, und gerade dieser Mangel an Falschheit zählte zu den Dingen, die er an ihr außergewöhnlich und höchst anziehend fand. »Es ging mir schon besser«, gab er zu, nachdem er sich zu einer ehrlichen Antwort entschlossen hatte.
Aber er hatte keine Lust, auf seine gegenwärtigen Probleme zu sprechen zu kommen. Er räusperte sich und fragte: »Schon lange in der Stadt?« Nicht unbedingt sein bester Spruch, aber er wollte das Thema wechseln.
Sie schüttelte den Kopf. »Nicht sehr.«
Sie machte ihm die Sache nicht einfach. Zum ersten Mal fühlte er sich in Gegenwart einer Frau verunsichert und wusste nicht, wie er an sie herankommen
sollte. »Also, äähh, und wann fahren Sie wieder?«, fragte er.
Sie hob erstaunt eine Augenbraue. »Wollen Sie mich denn schon wieder loswerden?«
Er schüttelte seinen Kopf und schnaufte schwer. »Ich vermassel das aber auch so richtig. Fangen wir noch einmal von vorne an, okay? Es ist schön, Sie wiederzusehen. «
»Ganz meinerseits.« Sie kniff sofort die Lippen zusammen.
Diese Bemerkung würde sie nur zu gerne wieder zurücknehmen, davon war er überzeugt, aber ihm gefiel ihre erfrischende Ehrlichkeit.
Sie wandte sich um und betrachtete suchend die Menge.
Er folgte ihrem Blick, konnte aber nicht erkennen, wer oder was ihre Aufmerksamkeit erregt hatte. »Suchen Sie jemanden?«
»Um ehrlich zu sein, ja«, sagte sie und drehte sich wieder zu ihm. »Ich war auf der Suche nach Ihrem Date.«
Ein Grinsen zuckte um seinen Mund. »Wie kommen Sie denn auf den Gedanken, ich hätte eins mitgebracht? «, fragte er.
»Reine Erfahrung.«
»Eins zu null für Sie.«
Sie zuckte mit den Achseln. »Außerdem kann ich mir kaum vorstellen, dass Sie Silvester allein verbringen. « Sie streckte ihre Hand aus und tippte mit
einem Finger gegen sein pinkfarbenes Ralph-Lauren-Hemd.
Sie war kesser, als er sie eingeschätzt hatte, aber das leichte Zittern ihres Fingers verriet ihm, wie sehr sie sich zu dieser Aktion gezwungen hatte. Wahrscheinlich wollte sie verhindern, dass er sich einbildete, sie noch einmal aus der Reserve locken zu können.
Ach was, verflucht. Im Moment lockte allenfalls sie ihn aus der Reserve. »Sie setzen mir aber hart zu«, sagte Roper.
»Sie werden’s überleben.«
Er lachte laut auf, etwas, was er schon viel zu lange nicht mehr getan hatte. »Schätze, das habe ich verdient. «
Sie grinste. »Da schätzen Sie richtig.« Ihre Hand hatte sich nicht bewegt. Ihre pinkfarbenen Fingernägel waren kurzgeschnitten und passten genau zur Farbe seines Hemds.
Seine Haut glühte unter seinem Hemd, und er konnte den Blick nicht von den grazilen Fingerspitzen wenden, die so dicht neben jenen Knöpfen lagen, deren Öffnen eine Berührung mit ihrer Haut erlauben würde.
Sie folgte seinem Blick, sah nach unten, bemerkte, dass ihre Hand noch immer dort ruhte, und riss sie fort. Zurück blieb für ihn die Frage, ob sie die gleiche sengende Hitze verspürt hatte, oder nicht.
Sie räusperte sich. »Tja, Ihr Hemd ist noch sauber, also werden Sie ein artiger Junge gewesen sein, vermute
ich mal. Offenbar haben Sie Ihr Date heute nicht verärgert, oder zumindest noch nicht. Und wo steckt sie nun? Auf der Toilette? Am Buffet?«
Der neckische Small Talk zwischen ihnen funktionierte zwar problemlos, aber er wünschte sich, dass sie ihn besser kennenlernte, damit er den schlechten Eindruck, den er bei ihrer ersten Begegnung geweckt hatte, vergessen machen konnte. »Wenn ich zugeben würde, dass ich mich schäbig benommen habe und mich entschuldige, können wir dann noch einmal von vorne anfangen?«, fragte er.
»Kommt darauf an.« Sie kniff ihre Augen zusammen, um ihn stumm, aber dennoch eingehend zu taxieren.
Roper hielt die Tatsache, dass sie ihren Blick nicht von ihm abwenden konnte, für ein gutes
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