Geht's noch?
Uptown Manhattan gehören musste.
»Warten Sie.«
»Sie brauchen ein paar warme Sachen und wahrscheinlich auch etwas Warmes zu essen, bevor Sie sich mit Mickis bärbeißigem Portier anlegen können«, sagte er und beugte sich vor, um dem Fahrer zu bedeuten, loszufahren.
Sie wollte nicht wie eine undankbare Gans klingen, denn immerhin fror sie wirklich, hatte Hunger und wusste nicht, wohin sie sonst überhaupt hätte gehen sollen. »Das ist ein Argument. Danke.« Für die restliche Dauer der Fahrt zu seinem Hochhausblock Uptown lehnte sie sich mit klappernden Zähnen zurück in ihren Sitz.
Als sie schließlich in seine Wohnung trat, wurde sie unwillkürlich daran erinnert, dass sie sich an das Großstadtleben noch nicht gewöhnt hatte. In ihrer alten Welt besaßen die Leute eingeschossige Bungalows. Das Haus, in dem sie in Florida gewohnt hatte,
war nicht sonderlich groß gewesen, aber die Quadratmeterzahl hatte riesig gewirkt, da sich alles auf einem Stockwerk befand. Ihr Vater hatte ihrer Mutter genug Versicherungsgeld für ein bequemes Leben hinterlassen, und als ihr Onkel das Grundstück erwarb, auf dem er gemeinsam mit anderen Investoren die Seniorenanlage baute, hatte er darauf bestanden, dass auch seine Schwestern dort einzogen. Amy hatte für einen symbolischen Mietpreis eines der schlichteren Häuser bezogen. Hier in New York war ihr neues Apartment klein und originell geschnitten.
Ropers Wohnung dagegen war gigantisch. Sie bekam bereits eine Ahnung von ihren Ausmaßen, wenn sie nur zu den Schiebetüren sah, die am Ende des Wohnzimmers zur Terrasse hinausführten. Dazu kam die Inneneinrichtung. In maskulinen Kakao- und Cremetönen gehalten war das Wohnzimmer mit einer exklusiven Verloursledergruppe aus Sofa, Polsterhocker und zwei Klubsesseln sowie mit einem rechteckigen Marmorcouchtisch in der Mitte ausgestattet. Gegenüber der Sitzgarnitur hing ein riesiger Bildschirm an der Wand, während eingerahmte Kunstwerke hinter der Couch das Zimmer mit Leben füllten.
»Gefällt’s Ihnen?«, fragte Roper und warf seinen Schlüsselbund mit einer routinierten Bewegung in eine Schüssel.
»Es ist toll.«
Er grinste. »Danke. Ich hab es selbst eingerichtet.« Der Stolz in seiner Stimme war unüberhörbar.
»Sehr beeindruckend.« Was für andere versteckte Talente er wohl noch besaß, fragte sich Amy.
Er zuckte mit den Achseln. »Warum jemanden dafür bezahlen, wenn ich es genauso gut selbst tun kann? Das ist mein Motto. Aber ich will Ihnen erst einmal etwas zum Umziehen holen. Meine Schwester deponiert hier immer ein paar bequeme Klamotten für den Fall, dass sie zu faul ist, nach Hause zu fahren, was ziemlich oft vorkam, bis sie ihren Verlobten kennenlernte. Sie wird nichts dagegen haben, wenn Sie sich etwas davon borgen.«
Sie rieb sich mit den Händen über die Oberarme, die nur von der dünnen Bluse bedeckt waren. »Danke.«
»Wenn Sie sich aufgewärmt haben, überlegen wir, was wir essen. Bin gleich zurück.«
Sie nutzte die Zeit, um sich noch ein wenig im Raum umzusehen, und ihr Blick fiel auf eine mit Trophäen gefüllten Vitrine aus dunklem Holz. Most Valuable Player, Golden Glove und andere bedeutende Auszeichnungen standen neben John Ropers Name auf den Plaketten.
Er kam mit einem Stapel Kleidung auf dem Arm in das Zimmer zurück. »Suchen Sie sich etwas aus.«
»Hübsche Trophäensammlung. Sie haben mich erneut beeindruckt«, sagte sie und wählte sich eine der lässigen Kombinationen aus Sweatshirt und Hose aus.
»Hoffentlich sind die Trophäen nicht alles, was Ihnen an mir gefällt, denn Sie kennen ja bestimmt die Redensart,
dass alle gute Dinge einmal zu Ende gehen.« Er beobachtete sie aufmerksam.
»Ich kenne Sie überhaupt nicht gut genug, um zu wissen, was mir an Ihnen gefällt.« Sie unterließ es wohlweislich, die Probleme in seiner Karriere zu erwähnen, von denen sie heute Abend erfahren hatte.
»Gute Antwort.« Er lächelte, und seine Augen nahmen einen weicheren, wärmerer Ausdruck an.
Sie nahm an, dass es nicht einfach war, Frauen kennenzulernen und nicht zu wissen, ob sie sich für ihn oder mehr für seinen Status und sein Geld interessierten. Amy konnte mit beidem nicht viel anfangen. Sie war in materiell gesicherten Verhältnissen aufgewachsen und verspürte kein Bedürfnis nach exzessivem Luxus, obwohl ihr Onkel stets für alles gesorgt hatte, was sich ihre Mutter nicht leisten konnte. Aber Amy hatte diese Sicherheit nie als Selbstverständlichkeit betrachtet. Echte
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