Geht's noch?
Kugelschreiber zwischen den Handflächen. »Nein, entschuldigen Sie, aber das wird nicht funktionieren. Um diese Uhrzeit werden Sie wahrscheinlich
keins bekommen. Ich stelle sicher, dass Sie ein Mietwagen erwartet.« Sie legte eine Hand auf das Telefon, um offenbar sofort dafür zu sorgen.
»Es kommt mir ein wenig übertrieben vor, mit einem Mietwagen zum Lunch zu fahren«, sagte Amy.
»Wir stellen es dem Mandanten in Rechnung. Schon in Ordnung, keine Bange. SOP,« erklärte Kelly.
»SOP?«
»Standard Operating Procedure, so machen’s alle.«
Amy lächelte. »Kapiert. Sie scheinen ja wirklich alles im Griff zu haben, bis auf eine winzige Kleinigkeit.«
»Und die wäre?« Kelly blickte überrascht zu ihr hinauf.
»Wen treffe ich denn eigentlich zum Lunch?«
Kelly schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. »Hab ich das nicht erwähnt? Roper. Steht alles in dem Schreiben, das er hier hinterlegt hat. Da er seinen Termin mit Ihnen wegen eines Notfalls in der Familie nicht einhalten konnte, meinte er, dass er Sie zum Lunch einladen und die Sachen dort mit Ihnen besprechen würde.«
»Aah.« Notfall in der Familie. Amy sah auf ihre Uhr. Um elf Uhr vormittags. Offensichtlich benötigte Ropers sie doch dringender, als es ihr bewusst gewesen war. In ihrem Kopf begann sie bereits, sein Leben zu strukturieren und nach Wegen zu suchen, dass seine Karriere wieder an erster Stelle stehen konnte.
»Nehmen Sie Block und Stift mit zum Essen«, sagte Kelly. »Machen Sie sich Notizen, damit Sie nichts vergessen.
Nicht dass ich Ihnen Vergesslichkeit unterstellen wollte, aber wenn ich mich mit diesem Bilderbuchmannsbild zum Geschäftsessen treffen würde, könnte ich mich anschließend bestimmt an nichts von dem erinnern, was er gesagt hat. Dabei bin ich eigentlich schon ziemlich auf Zack«, meinte Kelly lachend.
Amy grinste. »Das sind Sie gewiss, und ich habe so das Gefühl, dass ich Ihre Erfahrung während dieser Eingewöhnungsphase noch häufiger brauchen werde.«
»Hat Ihnen schon jemand erzählt, dass Rachel, die andere Werbeberaterin, für die ich arbeite, zurzeit Mutterschaftsurlaub hat? Ich gehöre die nächsten drei Monate also ganz Ihnen.«
Und Kelly schien gerne zu helfen, wofür Amy ihr sehr dankbar war. »Das klingt ja sogar noch besser.«
»Möchten Sie vielleicht, dass ich Sie zum Lunch begleite? «, erkundigte sich Kelly hoffnungsvoll. »Ich könnte Roper die Hand halten. Ich meine, ich könnte auch Ihnen die Hand halten.« Ihre Augen leuchteten schelmisch, und Amy kicherte.
»Ich denke, das schaffe ich schon«, sagte Amy.
Diese Worte wiederholte sie inzwischen wie ein Mantra.
»Sie sind wirklich ein Glückspilz. Der Mann ist heiß begehrt«, meinte Kelly, bevor sie ihre Aufmerksamkeit dem klingelnden Telefon zuwandte.
Amy fühlte noch seine Lippen auf ihren und nickte bloß zustimmend. Heiß begehrt. Ja, das war Roper zweifellos und mehr, und aus ebendiesem Grund dürfte
es ihr auch schwerfallen, sich während des Lunchs ganz auf das Geschäftliche zu konzentrieren.
Roper traf fünf Minuten zu früh bei Sparks ein. Der Oberkellner führte ihn zu seinem Lieblingstisch, der etwas abseits in einer Ecke stand. Dort würden Amy und er von neugierigen Blicken oder vorbeilaufenden Gästen ungestört bleiben. Schon schlimm genug, dass seine Schwester weinend angerufen und ihn angefleht hatte, zu ihr nach Hause zu kommen. Sie war so aufgelöst gewesen, dass er die Ursache für ihre Aufregung überhaupt nicht hatte verstehen können. Daraufhin hatte er Amy eine kurze Entschuldigung geschrieben und war in das Loft nach Soho gefahren, das sie mit ihrem Verlobten Kevin bewohnte, nur um dort zu erfahren, dass ihr Zusammenbruch von einer verzweifelten Nachricht ihrer Mutter ausgelöst worden war, die damit gedroht hatte, nach New York zu kommen und die Hochzeitsplanungen zu übernehmen, sollte Sabrina nicht auf ihre Anrufe reagieren und die Vorbereitungen mit ihr besprechen.
Roper konnte verstehen, dass seine Schwester ihr Leben nicht von ihrer Mutter kontrolliert haben wollte. Noch verständlicher war ihm die Angst vor der Aussicht, plötzlich Ihre königliche Hoheit auf der Türschwelle stehen zu haben. Roper liebte seine Mutter aufrichtig, aber noch mehr liebte er die Tatsache, dass sie in L.A. wohnte. Ihr gelang es auch so schon häufig
genug, sich einzumischen und ihn verrückt zu machen, aber es geschah zumindest aus der Ferne. Doch auch wenn er Verständnis für Sabrinas Empfindungen aufbrachte, es wäre
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