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Gehwegschäden

Gehwegschäden

Titel: Gehwegschäden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Kuhn
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Verknüpfung im Gehirn angelegt, bei der die Situation U-Bahn / Bahn unmittelbar mit Angst verknüpft ist. Das bedeutet, sagt der Guckkasten, dass es schon ausreicht, an die U-Bahn / Bahn zu denken, um Angst vor einer erneuten U-Bahn- / Bahn-Fahrt und dem Aufenthalt in U-Bahn-Stationen oder auf Bahnhöfen zu bekommen. Begibt man sich tatsächlich in die U-Bahn oder in eine U-Bahn-Station / Bahnhof-Situation, schleicht sich die Angst bereits an, wird überwältigend, und Panik ergreift schließlich von Ihnen Besitz! Verlassen Sie die U-Bahn / Bahn oder die Haltestelle wieder, sagt der Guckkasten, lernt Ihr Gehirn noch etwas anderes: Ich habe keine Angst mehr, wenn ich die U-Bahn / Bahn oder die U-Bahn-Station / den Bahnhof wieder verlasse. Das ist natürlich kontraproduktiv. Weil man sich gar nicht mehr traut, in die U-Bahn einzusteigen. Ein schrecklicher Teufelskreis, sagt der Guckkasten am Teutoburger Platz. Kommen Sie zu uns! Die Angstgruppe am Teute mit Dipl.-Psych. Hermann Neidert und Dipl.-Psych. Katrin Neidert-Kulmbach. Dienstag 17.00 Uhr. Expositions- und Außentermine nach Vereinbarung, Anmeldung auch online: www.leute-vom-teute-angst-vor-der-ubahn, sagt der Guckkasten am Teutoburger Platz.
    »Man müsste mal die Kollegen vom Nollendorfplatz fragen, wie hoch die Dunkelziffer ist. Weil es um große Summen geht, die dort verdient werden.«
    »Wieso hohe Summen? Was kriegt ein Strichjunge? Fünfzig, hundert Euro?«
    Seko richtet sich auf. Er sieht nach rechts, dann nach links und beugt sich konspirativ über den Polyrattantisch.
    »Wir hören ja immer, wenn du dich an diese Mooshammer-Geschichte erinnerst, so ähnliche Fälle gibt es hier auch. Wo sie die Schwulen abziehen. Früher hätte ich gesagt: Wie könnt ihr jemand ausrauben? Und dann hab ich überlegt: Woher kommt denn so was? Ich habe dieser Szene gegenüber jetzt eine differenzierte Haltung. Da frag ich doch auch mal den ein oder anderen Schwulen: Wie kommt denn der Junge zu dir nach Hause, nimmt deine EC-Karte und fesselt dich? Was sucht er denn da? Du hast ihn doch angelockt …«
    Seko rückt noch näher an Frantz heran.
    »Ich habe gehört«, flüstert Seko, »dass es eine Steigerung gibt. Man denkt immer, da sind nur fünfzig Euro drin. Das stimmt nicht. Es ist nicht so, dass sie gleich Geschlechtsverkehr haben. Viele sind ja voyeurmäßig unterwegs und beobachten die Jungs auf der Straße. Zuerst wollen sie ihnen was Gutes tun. Was zu essen kaufen. Eine Flasche Wodka. Dann gibt es einen Preis und eine Preissteigerung. Zum Beispiel ist es anders, wenn der Schwule dem Jungen einen bläst oder wenn der Junge dem Schwulen einen bläst. Dann sind die Preise natürlich unterschiedlich.«
    »Klar«, flüstert Frantz.
    »Da sagt sich der Junge noch, wenn ihm der Schwule einen bläst, okay, ich mach die Augen zu und stell mir vor, das wär ein Mädchen. Weißt du? Und ich bin auch bekifft, und irgendwann ist es vorbei. Aber dann sagt der Freier: Du, jetzt will ich was anderes. Dann muss er mehr zahlen. Ich habe von Summen wie vier-, fünfhundert Euro gehört.«
    Frantz ist erstaunt. Sein Rücken schmerzt. Es ist ihm warm, und langsam will er eigentlich aufstehen.
    »Okay …«
    Seko hebt den Zeigefinger.
    Liebe Leute vom Teute: Unterstützt unser Bürgerbegehren »Begonien in Waschbeton«, sagt der Guckkasten am Teutoburger Platz. Wir wollen Blumen und Sträucher statt Platanen. Rund um den Teutoburger Platz sollen Platanen auf den Gehwegen gepflanzt werden. Dagegen wehren sich bereits über hundert Anwohner: Sie befürchten, die Bäume könnten Schatten erzeugen und ihre Wohnqualität mildern. Sie fordern: Grün ja, aber nur Blumenbeete und Sträucher bis Augenhöhe. Ein Bürgerbegehren ist eingeleitet. Der dreitausendste Unterzeichner ist gerade gefeiert worden, sagt der Guckkasten. Leute helft! Sensibilisiert Nachbarn, organisiert, wehrt euch!, sagt der Guckkasten am Teutoburger Platz.
    »Du hast das noch nicht richtig verstanden! Diese Jugendlichen sind alle unter achtzehn. Manche zwölf, elf. Also alle minderjährig. Im Nachhinein halte ich es für sehr wichtig, dass ich diese Leute ein bisschen sensibel dafür gemacht habe, was passieren würde, wenn das jemand rauskriegt. Oder wenn die Familie des Jungen rauskriegt, was sie mit ihm da anstellen …«
    »Du hast Kontakt zu den Freiern gehabt?«
    »Ja. Wir spinnen mal jetzt. Stell dir vor, von einer serbischen Großfamilie geht einer anschaffen. Die Familie kriegt das raus. Erstens ist das für ihn,

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