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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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einen Vertrag schloss, der ihm Immunität vor Verfolgung garantierte, sofern er gegen seine bisherigen Mafiabosse aussagt.“
    Stimmt genau, was der Padre erzählte. Die Geschichte war bekannt, und bis jetzt hatt sich niemand darüber aufgeregt. Die Cops waren im Recht, die Kronzeugen galten als ehrenwerte Männer.
     
    Also saß ich noch tiefer in der Scheiße, als ich dachte.
     

11 Nägel mit Köpfen
     
     
    Ich gab dem hilfsbereiten Franziskaner einen detaillierten Bericht des Geschehens in Big Sur, hob Johns Tapferkeit hervor und den furchtbaren Preis, den er dafür entrichten musste. Ich schilderte meine Befürchtungen in aller Deutlichkeit, mich selbst betreffend und, aktueller, Dickie. Denn ich war überzeugt, dass sie ihn ausgesucht hatten, um an mich zu kommen. Ich hätte ihm nie die Tonaufzeichnung der Ermordung Johns zusenden sollen. Wenn die gefunden wurde, war es aus mit Dickie.
     
    Das fand Brother Ignacio auch. „Großer Mist, mein Lieber. Ihr seid beide in Gefahr. Ich muss jetzt sowieso nach Paso Robles – da mache ich vom Münztelefon auf dem Wal-Mart Parkplatz aus ein paar Anrufe.“
    Er watschelte durchs Zimmer, räumte sein Buch wieder ins Regal und sprach derweil. Er war einer von denen, die ungeniert überlegen, ehe sie weitersprechen. Einer, der Pausen einlegt. Wir Radiofritzen haben gelernt, das unter keinen Umständen zu tun. Was man allzu oft allzu deutlich merkt.
    „Gib mir die Nummer deines Freundes“, fuhr er fort. „Dem will ich klarmachen, in welcher Situation er steckt. Dann werde ich anonym meine ex-Kollegen in Monterey County benachrichtigen, dass da oben ein Toter liegt. Und noch ein paar Leute anrufen, die vielleicht helfen können. Warte so lange hier auf mich, oder fahre los und rufe mich in einer Stunde auf meinem Mobiltelefon an.“
    Er gab mir die Telefonnummer und hielt die Tür auf, während ich die Harley wieder ins Freie schob. Die Bullen hatten sich schon lange getrollt. Sicherheitshalber drehte Ignacio noch eine Runde zu Fuß um das Gelände. „Sind weg“, sagte er zufrieden. „Sehen wir uns noch mal?“
    „Auf jeden Fall. Ich fahre nur lieber ein paar Meilen ins Gelände. Nicht, dass die noch mal zurückkommen.“
    Er nickte und gab mir ganz unamerikanisch die Hand.
    „Danke, Padre. Hat mir sehr geholfen.“
    „Und wird dir vermutlich weiterhelfen. Rufe mich an. Ich glaube, ich kann dir jemanden nennen, bei der du eine Weile ungestört unterkommen kannst.“
     
    Er rasselte in einem uralten sandfarbenen VW los – so alt, dass der hinten noch ein geteiltes Rückfenster hatte. Älter als ich.
    Ich vermummte mich wieder, ließ die Maschine warmlaufen und fuhr auf winziger Landstraße nach Osten.
     
    Die gepflegten Weinberge zu beiden Seiten der Straße gingen nach einer Weile in Prärie über, in zaunlose Weide, wo ab und zu ein Häuflein Kühe herumstand. Kaum ein Baum, der Schatten spenden konnte, kein Bach, der Kühlung versprach. Hier und dort stand eine Tränke vor pumpendem Windflügel, aber selbst das Gras glaubte nicht mehr an ein Überleben und wurde gelb.
    Eine recht trostlose Gegend, ein Flecken, dessen Langeweile James Dean vor einem halben Jahrhundert zum Verhängnis wurde. Wer in dieser Eintönigkeit die Aufmerksamkeit schleifen lässt, lebt gefährlich. Denn nicht nur der Verkehr bringt hier den Tod, sondern auch die Bewohner der Einöde. Berglöwen, Schwarzbären und Kojoten streunen ungehindert. Sie sind in der Übermacht, und das scheinen sie zu wissen.
     
    Kurz nach Mittag hielt ich in Buttonwillow. Der Ort lebt vom Fernverkehr auf der breiten, ebenen und schnurgeraden Schnellstraße Interstate 5. Ich setzte mich in eines der vielen Truckerrestaurants und bestellte Steak, Kartoffeln und Vanilleeis. Truckerfutter. Während ich auf das Essen wartete, rief ich den Mönch an. Der ging auch sofort ans Rohr, als hätte er meinen Anruf geahnt.
    „Jon, ich habe deinen Freund angerufen, ihn aber nicht erreicht. Immer wieder habe ich´s probiert, fast eine Stunde lang, war aber nichts. Und auf seinen Beantworter wollte ich nicht sprechen. Ich probiere es heute Abend wieder – da muss ich noch mal in die Stadt. Und die richtigen Behörden wissen nun Bescheid. Sie werden sich um deinen anderen Freund kümmern.“
    Ich bedankte mich bei ihm. Er schlug vor, ihn nach Einbruch der Dunkelheit anzurufen. Da könne er mir wahrscheinlich einen Rat geben. Ich dankte noch mal und ging an meinen Tisch zurück, wo mein Essen noch mehr abkühlte. Oder warm

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