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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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zurückbringen. Aber ich kam nicht über den entsetzlichen Augenblick des Abdrückens hinweg, über die Kaltblütigkeit der beiden Drogencops, Johns letzte hoffnungslose Sekunde. Ich heulte wie ein Schlosshund. Minutenlang.
     
    Alles mögliche ging mir im Kopf herum. Gedanken an Rache, halbgare Pläne, die drei Bullen auszulöschen. Alles Bullshit. Wusste ich. Aber ich schämte mich doch so furchtbar.
     
    Gegen die Sonne kommt auf Dauer keine Trauer an, keine Angst, keine Scham. Sie strahlte auf mein Stückchen Friedhof, sie ließ die Vögel zwitschern, sie wärmte die Seele und trocknete die letzte Träne. Ich stand nach einer langen Weile auf, klopfte mich ab und schlenderte gemächlich in den Innenhof des alten spanischen Gebäudes.
     
    Ich besuche gern kalifornische Missionen. Sie gehören zu den ältesten Bauwerken des Staates – die erste der insgesamt einundzwanzig Wehrkirchen wurde im Jahr 1769 gebaut. Was für unsere Verhältnisse ganz schön historisch ist. Dass unzählige indianische Siedlungen, Wohnhöhlen und Kunstwerke über tausend Jahre alt sind, wird erst seit Kurzem staunend anerkannt. Die galten vorher nichts.
     
    Jedenfalls stehe ich am mächtigen Brunnen in der Mitte des Innenhofes und hänge noch immer meinen trüben Gedanken nach als ein Streifenwagen der California Highway Patrol mit einer Irrsinnsgeschwindigkeit am offenstehenden doppelflügeligen Tor vorbeifährt. Ohne Sirene, ganz unauffällig, nur wahnsinnig schnell.
    Also setzte ich mich auf den Rand des Brunnenbeckens, von wo aus man einen guten Rundumblick hat. Die Cops kurvten um die kircheneigene Viehkoppel, donnerten durch die Freewayunterführung und kamen auf dem Dreckweg am Hügel wieder in Sicht. Stellten das Auto quer auf den Feldweg und versperrten ihn. Da kam keiner mehr dran vorbei.
    Glück gehabt, dachte ich, dass ich nicht noch einen Kaffee nachbestellt habe. Wer so eine Stimmung wie ich an diesem Morgen hatte und dazu noch eine geladene Knarre im Rucksack, sollte sich nicht mit Bullen anlegen. Das wäre mit Sicherheit kein Vergnügen.
     
    Und dann ging mir ein Licht auf. Was, wenn die auf mich warten? Shit. Paranoia?
     
    Ich zog Lederjacke und Schal aus, verstaute beides mit Helm und Brille auf dem Gepäckträger und ging wieder in den Kirchhof. Ich setzte mich auf den Boden, lehnte mich an den Brunnenrand und ließ mir die Sonne auf den Buckel strahlen, schnitt dem neben mir wachsenden Nopalkaktus ein Ohr ab, entfernte seine stricknadeldicken Stacheln mit dem Taschenmesser und knabberte an ihm herum.
    Eine halbe Stunde wartete ich. Nur ein Fahrzeug kam den Feldweg herunter, und nach einem kurzen Gespräch durchs Autofenster setzten die Cops den Streifenwagen zurück, damit der Fahrer durchkonnte. Kurz darauf kam ein mitternachtsblauer Chevrolet die Freewayabfahrt herunter und bog nach links. Er fuhr den Bergweg hoch und hielt vor dem schwarz-weißen Highway Patrol cruiser. Zwei Männer stiegen aus. Ein dicklicher und ein dürrer.
    Ein Grieche und ein Indianer. Schätzte ich.
     
    Die einzige Möglichkeit für mich, unentdeckt davonzukommen, war der Weg über die Weinberge im Osten. Der Highway 46 war als eine der wenigen Verbindungswege zwischen diesem Teil des mittelkalifornischen Küstengebietes und dem San Joaquin Valley stark befahren, aber parallel dazu verlief die Ranchita Canyon Road. Die führte ins Erdbebendorf Parkfield, von wo aus mir Kalifornien offenstand. Cops waren auf diesen Sträßchen nicht zu befürchten. Ich hatte zwar keine Landkarte dabei, aber ich meinte, mich erinnern zu können, wo es entlang ging. Also spazierte ich wieder um die Ecke zu meiner Mühle, die nun fein abgekühlt auf dem Friedhof stand.
     
    Ich zog meine Jacke an und band den Schal fest, als mir ein Geräusch auffiel. Zwei übermotorisierte Autos kamen langsam näher. Ich schaute zum Berg hoch. Der Streifenwagen und der Chevy standen nicht mehr auf dem staubigen Weg ins Santa Lucia Gebirge. Ich schätzte, sie würden ihre Suche nun naheliegend im Dorf beginnen.
     
    Panik. Ich öffnete eine grau verwitterte, eisenbeschlagene Holztür und schob die Harley ins Kirchengebäude. Dann zog ich die Tür leise hinter mir zu und schaute mich um.
    Verdammt. Ich stand in der Sakristei mit einem dicken, fetten, Öl tropfenden Motorrad an der Hand. Im bequemen Sessel neben einer Stehlampe saß ein stämmiger Herr und staunte. Er hatte Jesuslatschen an den Füßen und trug eine dunkelbraune Soutane aus rauer Wolle, deren Kapuze die Rundung

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