Geier (German Edition)
den Bergen, aber ihr Klima ist so trocken, dass der Flughafen des Ortes als Abstellplatz für eingemottete Verkehrsflugzeuge aus aller Welt ein Schweinegeld verdient. Einer der trockensten Flugplätze der Welt, heißt es, und immer sind auf dem riesigen Gelände hundert oder zweihundert Verkehrs- und Militärmaschinen vertäut. Ein Weltklasseflughafen in der Wüste, ohne Autoparkplätze und ohne Abflughalle.
Neben dem Postamt stehen ein paar Münzfernsprecher von der alten Sorte. Geschlossene Glasanstalten. In einen bin ich rein und rief den Padre in San Miguel an. Der war schon wach. Und hatte mitgekriegt, was gelaufen war.
„Ich wusste ja, dass du es nicht sein konntest. Dein Freund, was?“
„Ja – mein Freund. Ich bin überzeugt, die haben jedes Gespräch abgehört. Und haben garantiert die Aufnahme entdeckt, die ich ihm überspielt habe. Habe sie ihm ja groß und breit angekündigt, ich Idiot. War eindeutig meine Schuld, dass der Dickie gestorben ist.“
Er wurde grantig. „So ein Scheißdreck – entschuldige, mein Lieber, aber wirklich; so ein Mist. Du hast alles getan, um ihn zu warnen. Du kannst nichts dafür; die Herren ex-Kollegen sind schuld, dass sie diese Pest nicht schon längst ausgerottet haben.“ Er erschrak wohl über seine eigene ungezügelte Wut und faschistoide Ausdrucksweise, denn er murmelte was von noch mal entschuldigen, aber das rege ihn so auf.
„Auf alle Fälle bedanke ich mich“, sagte ich ihm. „Ich melde mich nicht mehr, Padre – zu gefährlich für Sie.“
„Nein, halt – ich habe doch noch eine Adresse. Aber ich weiß nicht, ob ich übers Telefon....“
„Nee, lieber nicht.“ Paranoia. Da war sie wieder. Niemand konnte wissen, dass Ignacio und ich in Verbindung standen, also konnte niemand abhören, aber in mir sträubte sich alles gegen Informationserteilung übers Telefon.
„Haben Sie ein E-Mail-Konto irgendwo?“ Klar, hatte er. „Auf meiner Visitenkarte stehen meine E-Mail-Anschriften. Können Sie mir in der nächsten halben Stunde einfach die Anschrift mailen? Ich rufe sie ab, sobald ich an einen Computer komme“, versprach ich. Und wieder klar – macht er.
„Vielen Dank, Padre, und alles Gute. Sehen Sie sich vor.“
„Mir passiert nichts. Zuviel Erfahrung mit solchem Mistpack.“ Sein Wort in Gottes Ohr. Sozusagen. Ich legte den Hörer wieder auf und fragte im Postamt einen Penner nach der Stadtbibliothek.
Die örtliche Bücherei machte um neun Uhr auf, also ging ich frühstücken. War nicht so einfach in diesem gottverlassenen Kaff. Die Frühstücksbuden waren gerammelt voll mit Typen, die an der Hemdtasche computerlesbare Ausweise der bekanntesten Flugzeugfirmen trugen. Waren hier wohl alle mit Instandsetzungsbetrieben vertreten. Und jede Menge Bahnmenschen. Leute, die für die Southern Pacific Railroad arbeiten. Laute, starke, hungrige Kerle, die von überallher nach Kaffee brüllten.
Ich erwischte endlich einen Platz an der Theke eines mexikanischen Restaurants, das ein sagenhaftes Frühstück servierte. Tortillas, Huevos Rancheros, Guacamole und saure Sahne, Nopalitos, diese in Streifen geschnittenen Kaktusohren, Reis und Bohnen; und alles zum Frühstück. Wer braucht da noch Mittag- und Abendessen? Ich trank dazu ein kopfschmerzlinderndes Bier statt Kaffee, worüber sich die Bedienung diebisch freute. Richtig begeistert war sie von einem Anglo, der Bier trinken kann. Zum Frühstück.
Die hiesige Zeitung hatte unter der reißerischen Schlagzeile „Dead Man: Bad Man Gutman“ einen langen Beitrag über mich und meine Drogenvestrickung. Mein lieber Mann! Alles gelogen. Na ja, fast alles. Ich war über die miese Beleuchtung in diesem Burritoschuppen heilfroh. Mein Publicityfoto vom Sender grinste mir nämlich auf Seite 3 entgegen. Das war zwar stark verschönt, aber es hätte einem Adleräugigen vielleicht doch verraten, dass hier ein Toter frühstückt.
Ich las das Machwerk zweimal durch und schmierte Tabascosoße auf mein Foto. Offenbar war Dickie allein gewesen, als er in meinen Garagenschuppen ging. Denn gefunden wurden nur wenige Fetzen, und die erklärte Detektiv Milton VanDeKamp zu Bestandteilen seines ehemaligen Schulkameraden. Aha.
Man würde zwar noch DNS-Untersuchungen vornehmen, aber im Lichte des Vorlebens Gutmans stünde fest, dass er ein unseliges, sich in bestimmten Kriminellenkreisen häufendes Ende genommen habe. Basta. Finito.
Ich staunte. Entweder waren die alle blöd, oder sie steckten mit dem
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