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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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Krankenhaus. Steht alles in der Abrechnung.“ Er goss sich einen Kaffee ein und trank ihn in kleinen Schlückchen, wobei er den kleinen Finger seiner rechten Hand fein abspreizte. Hübsch.
    Winston haute rein. „Was ist mit dem alten Oberst vom Golfklub? Hat der sich beruhigt?“
    Karl schaute mich kurz an und hüstelte. Er antwortete nicht. Winston ließ das Thema fallen und bot mir an, eine schnelle Kennenlerntour der Kasinos unten am Fluss zu machen. Klar, warum nicht? Wir zogen uns Jacken über und fuhren die drei oder vier Meilen.
    Man konnte die Spielhöllen unmöglich verpassen. So, wie alle Wege nach Rom führen, führten hier alle Straßen zum Casino Drive. Und da standen die Paläste. Hotel-Kasinos, eines neben dem anderen. Verblüffend, wie voll die Parkplätze waren, und als wir am Mississippi Queen parkten und ins Kasino gingen, war ich über den Trubel erstaunt.
    Man sollte meinen, dass die Leute besseres zu tun haben, aber der Laden war voller alter Typen, die ihre Rentengroschen in Einarmige Banditen warfen. Pausenlos. Alle zwanzig Sekunden eine Münze, jede Minute drei Münzen, hundertachtzig runde Metallstückchen pro Stunde. Rund um die Uhr.
    Gelegentlich ratterte so ein Groschengrab, spuckte mit lautem Klappern irgendwelche Minivermögen aus, was beim Glückspilz laute Hurrah!-Rufe auslöste und dafür sorgte, dass die Automaten zu beiden Seiten des Gewinners sofort besetzt wurden. Denn die Menschen glauben, dass Glück abfärbt. Dass man Schicksalsbezwinger wird, wenn man nur einen Sieger anfassen darf..
     
    Das mehrstöckige Hotel-Kasino war im Stil eines Mississippidampfers erbaut, obwohl es nie sein Fundament am Ufer des Colorado verlassen würde. Seine uniformierte „Besatzung“ sorgt für kostenlose Drinks und Häppchen, deren Qualität und Menge auf die Art der Spielautomaten abgestimmt war.
    Den Fünfcentmaschinenzockern wurde gelegentlich ein Bier und eine kleine Tüte Chips angeboten, bei den Vierteldollarautomaten gab´s schon öfter einen Cocktail oder Wein, dazu Käsehäppchen – denn Käse stopft, weshalb der Spieler nicht so oft aufs Klo muss und mehr Zeit zum Automatenfüttern hat – und bei den Dollarmaschinen durfte pausenlos gesoffen und gefressen werden.
    Waren die „Stewardessen“ bei den Billigautomaten einigermaßen züchtig angezogen, zeigten die Damen bei den teuren Maschinen fast die gesamte Habe. Das nennt sich dann wohl Preis-Leistungs-Verhältnis. Ich fand die Atmosphäre in der Bude bedrückend. Aber ich war noch nie begeisterter Gambler.
     
    Wir setzten uns ins Café und schauten auf den Fluss. Wassertaxis hüpften wie Flöhe über den dahinplätschernden Colorado, ein Restaurantdampfer legte gerade von seiner einstündigen Tour des Kasinoufers an. Auf dem Gehweg zwischen Hotels und Fluss spazierten Menschen, die wohl eine Pause vom Glücksspiel einlegten. Auf der gegenüberliegenden Uferseite, im Staat Arizona, pulsierte das Leben des Seniorenstädtchens Bullhead City. Dahinter standen die schroffen, treffend benannten Black Mountains.
     
    „Hast du Lust, nach Oatman zu fahren?“ wollte Winston wissen. Ich hatte keine Ahnung, was und wo Oatman war, also sagte ich ja. Wir tranken unseren Kaffee und spazierten zum Rolls, der auf dem Parkplatz eine Attraktion ersten Ranges war. In Las Vegas hatte sich kaum jemand danach umgedreht, hier war er umlagert.
    Wenn es meiner gewesen wäre, hätte ich niemals den feinen englischen Nobelwagen auf die schmale Straße mit den vielen Frostaufbrüchen gefahren, aber Winston winkte nur ab. Einige Kilometer fuhren wir in die Berge hinein, sicher zehn oder zwölf, um dann unvermittelt auf die ebenso schmale wie weltberühmte Route 66 zu stoßen.
    Ich freute mich – klar, Oatman. Jetzt erinnerte ich mich. Das war doch das Goldgräberdorf mit den vielen Wildeseln, die sich als Wegelagerer durchschlagen. Burros, deren Vorfahren einst ihren Gold suchenden Besitzern davongelaufen waren, sich in diesen einsamen Bergen heimisch gemacht und fortgepflanzt hatten und nun den paar Eremiten, die weitab jeder Zivilisation in Oatman wohnten, jede Menge Besucher verschafften. Die alle Geld ausgaben.
    Die herumstreunenden, aufdringlichen Esel wurden gestreichelt, gefüttert, fotografiert und gelegentlich über den Haufen gefahren. Sie waren zur Industrie geworden.
     
    Die alte Straße hatte schon erheblich bessere Tage gesehen. Obwohl die Highwayverwaltung des Staates Arizona die allerschlimmsten Frostaufbrüche zuteert, ließen viel

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