Geier (German Edition)
Schrotthaufen noch mal die Stoßstange, kurvte um den gestikulierenden indianischen Drogencop und schoss mit voller Kraft voraus. Über den Parkplatz, am Ausgabefenster vorbei, auf die East Main Street und davon.
Kurz vor der roten Ampel sah ich im Rückspiegel, wie der dunkelblaue Chevrolet über die Bürgersteigkante auf die Straße hoppelte, also fackelte ich nicht lange und fuhr mit kaum vermindertem Dampf rechts um die Ecke.
Runter zum Bahnhof, während der Indianer gerade in Sicht kam, über den Bahnhofsvorplatz, an Warenhäusern und Drogenpushern vorbei durch das verslumte Wegwerfgebiet der Wüstenmetropole.
Ich war sicher, dass ich ihn abgehängt hatte. Ich holperte aufs Schlaglochparadies der alten Route 66, die hinter der Stadt wieder auftaucht. Der arme Jeep war ganz außer Atem; sein Vierzylinderchen keuchte richtig, die Aufhängung hatte solche Aufregung seit der Tet-Offensive nicht mehr mitgemacht und drohte, in sich zusammenzufallen, und meinen Sitz hatte es erwischt; eine Sprungfeder oder Ähnliches hatte sich gelöst und piekste bei jeder Unebenheit meinen Hintern.
Ich bog auf einen Wüstenweg ab und kurvte hinter eine lang gezogene Düne. Dann setzte ich mich in den Schatten eines Sandsteinfelsens und wartete. Zwanzig Minuten, eine halbe Stunde. Nichts war. Er hatte mich verloren.
Ich fragte mich, ob er melden würde, dass er mich gesehen und wieder aus den Augen verloren hatte. Was würde sein Boss davon halten? Würde der Indianer wagen, als Versager dazustehen? Ich glaubte nicht. Hatte er das Nummernschild des Jeep lesen können? Zum Glück hatte der Jeep vorn kein Schild, nur hinten, und das war im Schatten des auf der Heckklappe angebrachten Reserverades montiert. Nicht anzunehmen, daß er es auf der Entfernung ablesen konnte.
Aber ich wartete doch, bis es dunkel wurde. Dann fuhr ich auf Umwegen zur Ranch zurück.
„Du hättest anrufen sollen. Ich habe mir solche Sorgen gemacht, aber das ist dir ja scheißegal. Lässt mich hier stundenlang warten und bangen. Hast du eine von den Armynutten gevögelt, da in der Stadt? Wo die doch alle krank sind – jede Zweite hat einen Tripper, und bald die Hälfte dieser Fünfdollarnutten hat HIV.“ In ihrem Zorn warf sie mit Tellern. Ich duckte, und einer segelte knapp an meinem Ohr vorbei.
Zeit, den Macho herauszukehren.
„Hör auf – ich habe dir doch gesagt, ich konnte nicht früher. Rufe Winston an; ich muss mit ihm sprechen. Dann können wir uns unterhalten.“ Sie wählte, und ich nahm das Telefon mit in die Küche.
Er erschrak, als ich ihm kurz schilderte, was geschehen war. „Stelle den Jeep in die hintere Werkstatt, schließe ab, mache das Licht aus und bleibe im Haus. Misty hat ein Arsenal: nimm einen nicht allzu schweren Colt und entsichere ihn, lege ihn griffbereit hin. Ich bin in einer halben Stunde da.“ Das sagte ich Misty, ging hinaus, stellte den Jeep weg und kam wieder ins Haus zurück. Sie schloss hinter mir ab und drehte in den vorderen Zimmern das Licht aus. Sie holte aus einem ihrer vielen Schränke einen gewaltigen Revolver, schaute nach, ob er geladen war, und steckte ihn in den Gürtel ihrer Jeans. Dann setzten wir uns in ihr Büro im ersten Stock und warteten.
Gekifft hat er, dass es sogar mir unangenehm war, aber verlässlich war der Winston. Kam tatsächlich nach einer halben Stunde. Wir holten Bier aus dem Kühlschrank, ich stellte Winston einen Kaffee hin, und dann erzählte ich noch mal was ich erlebt hatte. Ich hatte in der Eile ganz vergessen, meinen neuen Computer aus dem Auto zu holen. Der war noch immer im alten Stallgebäude. Misty rief eines der Mädchen an, dass sie ihn holen sollte.
Sie war mit den Nerven völlig fertig. „Ich habe doch gewusst, dass ich dich nicht allein losfahren lassen sollte. Ich hab´s gewusst, und ich habe mich bequatschen lassen, ich dämliche Kuh.“
Winston, der einzige, der einigermaßen auf dem Teppich blieb, sah das richtig. „Du kannst dir doch keinen Vorwurf machen. Der Staat ist riesig, und dass der ausgerechnet hier herumfahren muss, ausgerechnet vor Jon rausfahren, das ist der reine Zufall. So was lässt sich nicht voraussehen, für so was kann man nicht planen. Jah will provide, der Jahwe wird uns helfen, also mach dir mal keine Sorgen. Wir biegen das hin.“
Erst müsse der Jeep umlackiert werden. Andersfarbiges Verdeck, vielleicht Kotflügelverbreiterungen dranschrauben. Das besorgt er.
„Hat der das Nummernschild sehen
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