Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
Vom Netzwerk:
stand dort und streckte die Hand aus. Der Mensch schaute erst mich, dann Misty an, und als sie mich als „Freund Jon“ und ihn als Karl vorstellte, nahm er meine Hand und schüttelte. Was für eine Pranke! Meine Pfote wirkte in solch einem Schraubstock zierlich und zerbrechlich. Ich war heilfroh, als er sie mir wieder heil zurückgab.
     
    Der Butler schnappte Mistys Koffer, ich trug mein Zeug die Treppe hinauf, und er folgte uns ins Haus. Was für ein Prunkbau! Sah mit seinem Salon, den bunten Fenstern und den vermutlich echten Antikmöbeln wie ein Nobelpuff in New Orleans aus. Und roch auch so. Süßlich, Marke Blumenstrauß. Ein Parfümgeruch, den ich überhaupt nicht mag.
    Ein gewaltiger Kristallleuchter verteilte funzeliges Licht im Foyer, die breite Doppeltreppe führte an ihm vorbei, und ich staunte, dass kein Stäubchen an seinen vielen Kristallkügelchen zu sehen war. Da steigt garantiert jeden Tag jemand auf die Leiter und putzt. Das Treppengeländer genauso. Mahagoni, der tiefe dunkelrote Glanz war unverkennbar und aufs Sorgfältigste gepflegt. Ein superteures Hotel, eine Pension?
    Ich folgte Misty, die hier offenbar ein- und ausging. Am Ende des breiten Flurs öffnete sie eine Tür und stand in einem schicken Appartement. Blick über den Golfplatz, das Mobiliar gepflegt, auch hier Antikes, allerdings mit Modernem gemischt. Ein gewaltiges sechssitziges Ledersofa, einige bequem aussehende Ledersessel um einen niedrigen Nierentisch gruppiert, wie eine Werbeaufnahme aus den Fünfzigern. Nebenan ein hübsches, nicht allzu großes Schlafzimmer mit eigenem Bad und einem Alkoven, der als Leseecke diente. In ihm stand ein hoher, gut gefüllter Bücherschrank und ein niedriges, mit gestreiftem Stoff bezogenes Doppelsofa. Love Seat heißen die Dinger, denn quer durch seine breiten Sitzflächen verläuft s-förmig eine Rückenlehne, was nach meiner Erfahrung mit dem populären Möbel die Liebe so ziemlich ausschließt.
    Hohe, dunkelgetönte Fenster ließen Sonnenlicht in die Räume und weiße Holzjalousien würden auch tagsüber Dämmerung zaubern. In der Ecke stand eine Zimmerpalme in hohem Messingtopf. Wie bei Hemingways in Key West. Das reine Stillleben.
     
    Ich warf meinen Backpack aufs Sofa und setzte mich in einen der Ledersessel. Hier ließe sich´s aushalten.
    „Gefällt´s dir?“ wollte sie wissen. Begeistert breitete ich die Arme aus. Sie musste lachen. Winston stand in der Tür und freute sich.
    „Was ist es? Eine Pension? Ein Hotel?“ Ich hatte kein Schild gesehen, keinen Empfangstresen. Ein Nobelhotel.
    „Gehört uns beiden“, sagte Misty und deutete auf Winston. Der ließ noch mehr Gebiss sehen. „Es ist eine Pension. Wir vermieten Zimmer. Aber nur an Leute, die wir mögen.“
    Sie öffnete die Schranktüren und begann, ihren Koffer auszupacken. Ich schaute sie mit neuem Respekt an. Hatte offenbar einen Kopf für Business, die Gute. Und war im Bett einwandfrei. Ich freute mich schon auf das Mittagsschläfchen.
     
    Wir setzten uns erst mal in die Küche, wo Karl ein ordentliches Frühstück auf den Tisch brachte. Ein europäisches, mit Wurst, Brot und Käse. Starker, frisch gebrauter Kaffee und selbst gepresster Orangensaft, den ich besonders gern habe. Es war erst halb zehn. Wir waren früh unterwegs, weil Winston meinte, im Berufsverkehr würden wir viel weniger auffallen. Logisch. Im Rolls.
    Um kurz nach fünf brachen wir auf, hatten bis kurz vor Baker kaum Verkehr, und erst als sich die Motelzimmer im Abschlepperdorf leerten, musste Winston Gas wegnehmen. Durch das frühmorgens noch immer neonleuchtende Vegas waren wir gefahren, in Richtung Lake Mead und Hoover Dam weitergereist, aber kurz vor Boulder City rechts abgebogen und auf Nevada Highway 95 durch die Steppe bis kurz vor Laughlin geblieben. Die letzten zwanzig Meilen führten über die Eldorado Mountains, doch die mythische Goldene Stadt entpuppte sich als dieses weiß getünchte Rentnerparadies.
     
    „Setz dich, Karl, und erzähle, was läuft.“ Sie hatte einen ausgesprochenen Chefinnenton drauf. Karl knöpfte seine längs gestreifte Weste auf, die so spannte, dass die tiefen Falten zwischen den mittleren Knöpfen selbst in geöffnetem Zustand auffielen. Dann zog er einen Stuhl hervor und setzte sich.
    „Die Abrechnungen sind im Schreibtisch. Alles in Ordnung – letzte Woche war`s etwas langsam, aber das ist zum Monatsende ja immer so. Na, und sonst nichts Neues. Angela hatte wieder einen Rückfall und war ein paar Tage im

Weitere Kostenlose Bücher