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Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Titel: Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Urteilsvollstreckung wurde. Das war dann halt ein Aufwasch. Da mag man sich gar nicht vorstellen, zu was die alles fähig sind, wenn dann noch das Leben einer unschuldigen Geisel auf dem Spiel steht. Das kann ja heiter werden, überlegte Herr Schweitzer, und weiterhin dachte er auch, daß dieser teuflische Plan mit Sicherheit von Trinklein exakt so ausgeheckt worden war, daß alles darauf hinauslaufen sollte, daß derselbe Staat, der ihn morgen wahrscheinlich zu einer empfindlich langen Haftstrafe wegen Kindesmißbrauchs verurteilt hätte, heute dafür Sorge trug, daß die Frau, die diesen Stein ins Rollen gebracht und sich mit der erfundenen Anschuldigung fast ebensoviel Schuld aufgeladen hatte, von den Schergen der Staatsmacht nun gleich erschossen werden würde.
    Dies ging Herrn Schweitzer in Bruchteilen von Sekunden durch den Kopf, und das war mitnichten alles. In der folgenden Sekunde fiel ihm, weiß der Geier warum, Heinrich Spoerl ein, der einmal gesagt hatte, und dem ließ sich kaum noch etwas hinzufügen, daß Justiz Glücksache sei. Eingedenk dessen war es natürlich leicht nachvollziehbar, warum der Bankräuber handelte wie er handelte. Da hat dieser Trinklein uns doch alle gefoppt. Aber das, was Herrn Schweitzer letztendlich zum Eingreifen bewegte, war der Gedanke an die Tochter Magdalena-Theresa, die er zwar nicht kannte – er hatte ein x-beliebiges Kleinmädchengesicht vor Augen –, für die er aber grenzenloses Mitleid empfand. Denn wieder einmal waren es die Kinder, die unter den Bösartigkeiten, den Widerwärtigkeiten der Erwachsenen zu leiden hatten. Sei es im Irak, sei es hier, sei es sonstwo auf der Welt. Überall lief es doch ähnlich ab.
    Doch Herr Schweitzer zögerte kurz. Warum um den heißen Brei reden, er hatte Angst. Selbstverständlich. Wer hätte keine gehabt? Und doch mußte er handeln, wollte er sich weiterhin allmorgendlich im Spiegel begrüßen. Periculum in mora, Gefahr besteht, wenn man zögert. Mit dieser lateinischen Weisheit, mit der sich schon die alten Römer – junge waren auch dabei – ins Kampfgetümmel stürmten, hatte sich Herr Schweitzer quasi aufgeputscht. In Nullkommanix war er aufgesprungen und losgeprescht. Es war schon ein beeindrukkendes Bild, wie sich da die Kohorte Schweitzer in Bewegung setzte. Es krächzte, stöhnte und schwabbelte. Die Schiebetür stand noch offen, die nächste war ein unbedeutendes Hindernis.
    An diese dreißig Sekunden würde Annie Landvogt ihr Leben lang zurückdenken. Dabei war es nicht mal eine halbe Minute. Zuerst ging die Tür auf und eine Nutte trat heraus. Später sollte sich herausstellen, daß es gar keine Nutte war, die da wie eine aussah. Doch vorerst vermeinte die komplette Besatzung, die Dame, die da mit erhobenen Ärmen (Hochdeutsch: Armen) aus der Tür trat, sei eine Dame des horizontalen Gewerbes. Der Beamte, der für die Technik zuständig war, glaubte sogar, in der Frau auf den ersten Blick diejenige wiederzuerkennen, bei der er gestern nach dem Skatabend in der Breite Gasse noch vorbeigeschaut hatte und hundertfünfzig Euro für fast gar nichts gelassen hatte.
    Dabei durfte laut Plan respektive den von Oma Hofmann der Polizei zugespielten Informationen gar keine Nutte in der Geiselschaft vertreten sein. Doch selbst wenn die Oberkommissarin zu diesem Zeitpunkt daran gedacht hätte, geändert hätte sich ohnehin nichts.
    Und dann erschien der Geiselnehmer. So schien es zumindest. Es war nur folgerichtig, daß sie die Präzisionsschützen anwies, die Person mit dem Gewehr ins Visier zu nehmen. Obwohl mehr als ein Meter Abstand zwischen Geisel und Täter herrschte, die Lage also als nachgerade optimal für einen finalen Befreiungsschuß war, konnte sich Annie Landvogt nicht sogleich dazu durchringen, den Schießbefehl zu erteilen. Theorie und Praxis sind eben zwei verschiedene Paar Stiefel, nirgends wird das so deutlich wie in der Praxis. Und als sie es dann doch tat – die beiden Personen hatten bereits die Hälfte der Wegstrecke zurückgelegt – fühlte sie einen Kloß im Hals. Nicht nur das, denn fast zeitgleich öffnete sich die Tür zur Teutonischen Staatsbank erneut und ein Walroß schoß heraus, das augenblicklich ein neues Licht auf das Handlungsgeschehen warf. Nicht das Walroß in Form von Herrn Schweitzer warf ein neues Licht, nein, denn dieses Geschoß war ob der Leibesfülle mehr für den Schatten verantwortlich, sondern die Tatsache, daß überhaupt eine weitere Person auftauchte, wo doch alle Konzentration

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