Geist und Kosmos: Warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist (German Edition)
ist. Solange das Mentale nicht auf das Physikalische zurückführbar ist, bleibt das Auftreten bewusster physischer Organismen durch eine naturalistische Darstellung des bekannten Typs unerklärt. Nach einem rein materialistischen Verständnis der Biologie hätte man das Bewusstsein als eine ungeheure und unerklärliche, ausscherende rohe Tatsache über die Welt zu betrachten. Wenn das Bewusstsein in irgendeinem Sinn naturalistisch erklärt werden soll, also durch das Verständnis von organischem Leben, dann muss in unserer Vorstellung von der Ordnung der Natur, die das Leben hervorbrachte, etwas Grundsätzliches verändert werden.
Welche Art einer einheitlichen Vorstellung von der natürlichen Welt würde es zulassen, dass die Erklärung der Entwicklung lebendiger Organismen die Entwicklung des Bewusstseins ebenfalls erklärt? Der Antireduktionismus erlaubt es uns, die Frage zu stellen, aber zu ihrer Beantwortung bedarf es etwas, was konstruktiver ist. Und dieses konstruktivere Vorgehen kann nicht (lediglich!) in einer Neufassung der Grundkonzepte der Physik bestehen, wie radikal auch immer diese Neufassung ausfallen mag – man denke an die Einführung elektromagnetischer Felder oder der relativistischen Raumzeit. Wenn wir weiterhin annehmen, dass wir Teil der physikalischen Welt sind und dass der evolutionäre Prozess, der uns hervorgebracht hat, zu ihrer Geschichte gehört, dann muss der physikalischen Vorstellung von der natürlichen Ordnung etwas hinzugefügt werden, das es uns erlaubt, zu erklären, wie sie Organismen entstehen lassen kann, die mehr als etwas Physisches sind. Die Ressourcen der physikalischen Wissenschaften sind für diesen Zweck nicht geeignet, weil diese Mittel zur Erklärung von Daten einer völlig anderen Art entwickelt wurden.
Das Auftreten tierischen Bewusstseins ist offenkundig das Ergebnis der biologischen Evolution, aber diese gutgestützte empirische Tatsache ist noch keine Erklärung – das Faktum erlaubt uns nicht schon zu verstehen oder befähigt uns nicht schon zu sehen, warum das Ergebnis erwartbar war oder wie es zustande kam. Anders als im Fall des Auftretens von physischen Anpassungen, die für das Leben charakteristisch sind, ist in diesem Fall eine Erklärung durch natürliche Auslese, die auf physischer Fitness zum Überleben beruht, nicht ausreichend. Die Auslese nach physisch reproduktiver Fitness mag das Auftreten von Organismen zur Folge gehabt haben, die tatsächlich über Bewusstsein verfügen und die die beobachtbare Vielfalt verschiedener spezifischer Arten von Bewusstsein aufweisen, aber es gibt keine physikalische Erklärung dafür, warum dies so ist – noch irgendeine andere Art von Erklärung, von der wir wissen.
Um Tatsachen dieser Art verständlich zu machen, müsste eine postmaterialistische Theorie eine einheitliche Erklärung dafür anbieten, wie sich die physischen und die mentalen Charakteristika von Organismen zusammen entwickelten, und sie würde dies tun müssen, indem sienicht bloß eine Klausel hinzufügt, die besagt, dass das Mentale als Bonus mit dem Physischen einhergeht. Die Notwendigkeit einer erhellenden Erklärung für das Vorhandensein des Mentalen kommt mit Macht zurück, um sich dem Verständnis des gesamten Prozesses aufzuerlegen, der zu diesem Ergebnis geführt hat.
3
Ich lege großes Gewicht auf die Idee der Erklärung und das Ziel der Intelligibilität, auf welches die Erklärung abzielt – ein Ziel, das von der grundsätzlichen Intelligibilität des Universums ausgeht, wie sie im vorigen Kapitel erörtert wurde. Nicht für alles gibt es eine Erklärung in diesem Sinne. Manche Dinge, die anscheinend nach einer Erklärung verlangen, wie die kurz aufeinanderfolgenden Tode einiger eng verwandter Personen, mögen nur zufällig zusammenfallende Ereignisse sein, deren Komponenten keine miteinander zusammenhängenden Erklärungen haben. Doch die systematischen Merkmale der natürlichen Welt sind keine Zufälle, und ich denke nicht, dass wir sie als rohe Tatsachen betrachten können, die keiner Erklärung bedürfen. Regelmäßigkeiten, Muster und funktionale Organisation verlangen geradezu nach einer Erklärung – und zwar umso mehr, je häufiger sie sind. Wenn wir uns solcher Tatsachen bewusst werden, schließen wir daraus, dass es etwas gibt, von dem wir nichts wissen, etwas, das uns, wenn wir es wüssten, die Tatsachen verständlich machen würde. Und ich gehe davon aus, dass uns etwas nicht immer dadurch verständlich wird, dass
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