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Geist und Kosmos: Warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist (German Edition)

Geist und Kosmos: Warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist (German Edition)

Titel: Geist und Kosmos: Warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Nagel
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Evolution für die Existenz bewusster mentaler Phänomene verantwortlich ist, wobei die übliche Sicht auf die Evolution jedoch revidiert werden muss, da solche Phänomene physikalisch nicht erklärbar sind. Es ist nicht bloß ein physikalischer Prozess.
    Wenn es sich so verhält, wie viel müsste dann zur physikalischen Erzählung hinzukommen, um eine echte Erklärung des Bewusstseins zustande zu bringen – eine Erklärung, die das Auftreten von Bewusstsein als solches intelligibel machen würde, im Gegensatz zu einer, die lediglich das Auftreten bestimmter physischer Organismen erklärt, die im Übrigen noch über Bewusstsein verfügen? Es reicht nicht aus, die physikalische Darstellungder Evolution einfach durch die weitere Beobachtung zu ergänzen, dass die verschiedenen Typen tierischer Organismen in Abhängigkeit von ihrer physischen Konstitution verschiedene Formen bewussten Lebens aufweisen. Das würde das Bewusstsein von Tieren als eine rätselhafte Nebenfolge der physikalischen Geschichte der Evolution darstellen, welche nur die physische und funktionale Beschaffenheit von Organismen erklärt.
    Elliott Sober hat mir einmal in diesem Geiste vorgeschlagen, Bewusstsein könnte so sein wie das Rotsein von Blut – ein Nebeneffekt funktionaler biologischer Merkmale, der an sich keine Funktion hat und daher keine direkte Erklärung durch die natürliche Auslese findet. In diesem Fall wäre das Bewusstsein wie eine riesige Spandrille, im Sinne von Gould und Lewontin [13] (und eine sehr glückliche für uns). Doch diese nackte Identifizierung einer Ursache wäre gewiss noch keine zufriedenstellende Erklärung. Ohne weitere Ausführungen würde sie weder erklären, warum bestimmte Organismen über Bewusstsein verfügen, noch würde sie erklären, warum bewusste Organismen überhaupt entstanden sind.
    Für eine zufriedenstellende Erklärung des Bewusstseins als solchem müsste eine allgemeine psychophysische Theorie des Bewusstseins mit der Evolutionserzählung verwoben werden, eine Theorie, die beides verständlich macht: (1) warum spezifische Organismen das bewusste Leben haben, das sie haben, und (2) warum bewusste Organismen in der Geschichte des Lebens auf der Erde entstanden. Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine derartige Theorie reine Phantasie, aber es ist dennoch möglich, einige Fragen dazu zu stellen, was sie denn leisten müsste – insbesondere in Bezug auf das Verhältnis zwischen Teil (1) und Teil (2) der Aufgabe, eine Erklärung zu liefern.
    Nehmen wir einmal an, es gäbe eine allgemeine psychophysische Theorie, die es uns, wenn wir sie entdecken könnten, erlauben würde, bei einem beliebigen Typ eines physischen Organismus zu verstehen, warum er ein bewusstes Leben hat oder nicht; und wenn er eines hätte, warum er den speziellen Typ eines bewussten Lebens hat, den er hat. Dies könnte als eine ungeschichtliche Theorie des Bewusstseins bezeichnet werden. Sie würde Aufgabe   (1) erfüllen. Aber ich glaube, dass selbst dann, wenn eine solche überzeugende ungeschichtliche Theorie mit einer rein physikalischen Theorie verkoppelt wäre, die besagt, wie diese Organismen durch die Evolution entstanden sind, das Resultat keine Erklärung für das Auftreten von Bewusstsein als solchem sein würde. Sie würde Aufgabe (2) nicht erfüllen: Bei ihr würde das Auftreten von Bewusstsein immer noch unverändert ein zufälliger und somit unerklärter Begleitumstand von etwas anderem sein   – der wirklich verständlichen physikalischen Geschichte.
    Lassen Sie mich eine Erklärung, in der A ein B erklärt und B eine Folge C hat, eine konjunktive Erklärung nennen. Manchmal wird eine solche Konjunktion nicht auf eine Erklärung von C hinauslaufen. Nehmen wir an, C ist »der Tod mehrerer Mitglieder aus derselben Familie«, wie er oben erörtert wurde. Wenn A die unabhängige Ursache für jeden der vier Todesfälle angibt, B die Summe dieser Todesfälle ist und es tatsächlich Mitglieder derselbenFamilie sind, dann ist C zwar eine Folge von B, wird aber als solche nicht durch A erklärt. Wir können erklären, warum vier Menschen starben, die tatsächlich Mitglieder derselben Familie sind, ohne zu erklären, warum vier Mitglieder derselben Familie starben.
    Oder nehmen wir die andersartige konjunktive Erklärung im Falle des Taschenrechners. A ist die physikalische Erklärung für das, was passiert, wenn ich »3 + 5 =« eintippe, womit B verursacht wird, nämlich die Anzeige der Ziffer »8« auf dem Display. Als

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