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Geisterbahn

Geisterbahn

Titel: Geisterbahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Madame Zena war, dachte sie darüber nach, selbst einen Tanzschuppen aufzumachen. Sie spielte sogar mit dem Gedanken, wieder aufzutreten. Das würde ihr vielleicht einen Riesenspaß machen.
    Sie war dreiundvierzig, wußte aber, daß sie noch immer ein Zelt voller geiler >Schussel< in Aufruhr bringen konnte.
    Sie sah zehn Jahre jünger aus, als sie war. Ihr Haar war kastanienbraun und dicht, noch von keinem Grau berührt; es rahmte ein starkes, ansprechendes, faltenloses Gesicht ein. Ihre Augen waren von einer seltenen violetten Tönung - warme, freundliche Augen. Als sie vor Jahren als Tänzerin gearbeitet hatte, war sie sehr knackig gewesen. Sie war es immer noch. Durch eine strenge Diät und viel Bewegung hatte sie ihre ausgezeichnete Figur erhalten, und die Natur hatte das Ihre dazu beigetragen, indem sie ihre großen Brüste wie durch ein Wunder vor dem Abwärtssog der Schwerkraft bewahrt hatte.
    Doch während sie noch ihren Phantastereien darüber nachhing, auf die Bühne zurückzukehren, wußte sie, daß  das Tanzen und Hüftenschwingen nicht in ihrer Zukunft lag. Das Tanzen war nur eine andere Methode, die >Deppen< zu manipulieren, und unterschied sich kaum vom Wahrsagen; im Prinzip war es genau das, was sie für eine Weile aufgeben wollte. Sie mußte sich etwas anderes einfallen lassen, was sie tun konnte.
    Der Rabe rührte sich auf seiner Sitzstange, schlug mit den Flügeln und riß sie aus ihren Gedanken.
    Einen Augenblick später betrat Conrad Straker das Zelt.
    Er nahm auf dem Stuhl Platz, auf den die >Deppen< sich immer setzten, gegenüber von Zena. Ungeduldig und verkrampft beugte er sich vor. »Nun?«
    »Kein Glück«, sagte Zena.
    Er beugte sich noch näher zu ihr. »Bist du sicher, daß wir vom selben Mädchen sprechen?«
    »Ja.«
    »Sie hat einen blaugrauen Pulli getragen.«
    »Ja, ja«, sagte Zena ungeduldig. »Sie hatte die Freikarte, die Ghost ihr gegeben hat.«
    »Wie heißt sie? Hast du ihren Namen herausgefunden?«
    »Natürlich. Laura Alwine.«
    »Und der Name ihrer Mutter?«
    »Sandra. Nicht Ellen. Sandra. Und Sandra ist eine Naturblonde, keine Brünette, wie Ellen eine war. Laura hat das dunkle Haar und die Augen von ihrem Vater, sagt sie.
    Es tut mir leid, Conrad. Ich habe das Mädchen um jede Menge Informationen erleichtert, während ich ihr wahrgesagt habe, aber nichts paßt mit dem überein, wonach du suchst. Kein einziges Detail.«
    »Ich war mir sicher, daß sie es ist.«
    »Du bist dir immer sicher.«
    Er starrte sie an, und allmählich lief sein Gesicht rot an.
    Er schaute auf die Tischplatte hinab und wurde sichtbar wütend, als sehe er etwas in der Maserung des Holzes, das ihn erzürnte. Er schlug mit der Faust auf den Tisch.
    Schlug einmal, zweimal zu. Hart. Ein halbes dutzendmal.
    Dann immer und immer wieder. Das Zelt wurde vom lauten, rhythmischen Trommelschlag seines Zorns erfüllt. Er zitterte, keuchte, schwitzte. Sein Blick war glasig. Er begann zu fluchen und sprühte Speichel über den Tisch.
    Er erzeugte tief in seiner Kehle seltsame, rauhe, animalische Geräusche und hämmerte weiterhin auf den Tisch, als wäre dieser ein Lebewesen, das ihm unrecht getan hatte.
    Zena war über seinen Ausbruch nicht erschrocken. Sie war seine wahnsinnigen Wutanfälle gewöhnt. Sie war einmal zwei Jahre lang mit ihm verheiratet gewesen.
    In einer stürmischen Nacht im August 1955 hatte sie im Regen gestanden und beobachtet, wie er rückwärts auf dem Karussell fuhr. Er hatte damals so stattlich ausgesehen, so romantisch, so verletzlich und untröstlich, daß er sowohl ihre fleischlichen als auch mütterlichen Instinkte angesprochen hatte, und sie war von ihm auf eine Weise angezogen worden, wie sie es bei keinem anderen Mann erlebt hatte. Im Februar des folgenden Jahres fuhren sie gemeinsam auf dem Karussell vorwärts.
    Nur zwei Wochen nach der Hochzeit geriet Conrad wegen einer kleinen Nachlässigkeit seiner Frau in Wut und schlug sie - mehrmals. Zena war zu verblüfft, um sich zu verteidigen. Anschließend war er zerknirscht, verlegen, entsetzt über das, was er angerichtet hatte. Er weinte und bat um Verzeihung. Sie war überzeugt, daß dieser Anfall von Gewalttätigkeit nur eine Verirrung war, nicht sein normales Verhalten. Doch drei Wochen später schlug er sie erneut zusammen, verpaßte ihr diesmal einige schlimme blaue Flecken. Als er sie bei seinem nächsten Tobsuchtsanfall zwei Wochen darauf verprügeln wollte, kam Zena ihm zuvor und schlug als erste zu: Sie rammte ein Knie

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