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Geisterbahn

Geisterbahn

Titel: Geisterbahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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eingehüllt in nicht bedrohliche Schatten. Hinter dieser Straße erhob sich der Süden von Royal City, eine reine Wohngegend, auf sanften, niedrigen Hügeln; zu dieser Stunde war nur hier und da ein Licht auszumachen.
    Weiter südlich, am Rand der Stadt, erstreckte sich das Kirmesgelände. Jetzt lag es dunkel und verlassen da, aber im Juli, wenn Jahrmarkt war, würde Amy an ihrem Fenster stehen und das Funkeln der bunten Lichter sehen, das magische, verschwommene Rund des sich langsam drehenden Riesenrads.
    Diese Nacht war eigentlich mit vertrauten Dingen erfüllt. Nichts Neues darin, nichts Gefährliches.
    Das Gefühl, daß sie im Weg eines aufziehenden, wütenden, zerstörerischen Sturms stand, verblich und wurde von Erschöpfung ersetzt. Sie kehrte ins Bett zurück.
    Nur eine Drohung schwebte über dem Haus der Harpers, und das war ihre Schwangerschaft, die unausweichliche Konsequenz ihrer Sünde.
    Amy legte die Hände auf den Bauch, und sie dachte daran, was ihre Mutter sagen würde, und sie fragte sich, ob sie immer so allein und hilflos wie jetzt sein würde.

4
    Am Erfrischungsstand neben dem Karussell standen fünf Leute in der Schlange vor Chrissy Lampton und Bob Drew.
    »Ich verschwende meine Zeit wirklich nicht gerne mit Warten«, sagte Chrissy, »aber ich will diesen kandierten Apfel haben.«
    »Es wird nicht lange dauern«, sagte Bob.
    »Ich will noch so viel unternehmen.«
    »Immer mit der Ruhe. Es ist erst halb zwölf. Vor ein Uhr wird hier keine Bude schließen.«
    »Aber es ist der letzte Abend.« Chrissy atmete tief ein und genoß das wilde Duftgemisch dieser Nacht: Popcorn, Zuckerwatte, mit Knoblauch gewürzte Pommes frites, heiße geröstete Erdnüsse und mehr. »Ahh! Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Ich habe mich den ganzen Abend vollgestopft und noch immer einen Bärenhunger!
    Ich kann einfach nicht glauben, daß ich so viel gegessen habe!«
    »Das liegt sicher an der Aufregung«, beschwichtigte Bob. »Aufregung verbrennt Kalorien. Und dann die vielen Fahrten auf den Karussells und Bahnen. Auf den meisten warst du halbtot vor Angst, und Furcht verbrennt Kalorien noch schneller als eine anstrengende Tätigkeit.« Er war ernsthaft bemüht, ihren ungewöhnlichen Appetit zu analysieren. Bob war Buchhalter.
    »Hör zu«, sagte Chrissy, »warum wartest du nicht in der Schlange und kaufst den kandierten Apfel, während ich mal eben auf die Toilette gehe? Wir treffen uns dann in ein paar Minuten beim Karussell. So schlagen wir zwei Fliegen gleichzeitig.«
    »Mit einer Klappe«, sagte Bob.
    »Was?«
    »Der Ausdruck lautet: >Wir schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe.<«
    »Oh. Klar.«
    »Aber hier ist er wohl nicht zutreffend«, sagte Bob.
    »Jedenfalls nicht ganz genau. Aber geh du ruhig schon mal auf die Toilette. Wir treffen uns dann am Karussell, wie du gesagt hast.«
    Herrje! dachte Chrissy. Sind alle Buchhalter so?
    Sie wandte sich vom Erfrischungsstand ab und stapfte über die feuchten Holzspäne, die den Boden bedeckten, durch die Dampforgelmusik des Karussells vorbei an einem Hau-den-Lukas, wo ein muskulöser junger Mann mit einem Hammer zuschlug, bis oben eine Glocke ertönte und seine Freundin gebührend beeindruckt war, vorbei an einem Dutzend Ausrufer, die wie am Schnürchen quasselten und versuchten, die Leute zu überreden, bei allen möglichen Spielen mitzumachen, bei denen man einen Teddybären oder eine Puppe gewinnen konnte. Aus hundert Buden plärrten hundert verschiedene Lieder, aber irgendwie klangen die verschiedenen Töne nicht im geringsten mißtönend, wenn sie zusammenkamen; alle verschmolzen zu einer einzigen, seltsamen, aber ansprechenden Melodie. Der Jahrmarkt war ein lärmender Fluß, und Chrissy watete mit einem zufriedenen Grinsen hindurch.
    Chrissy Lampton liebte den Frühjahrsrummel des Coal County geradezu. Er war stets einer der Höhepunkte des Jahres. Die Kirmes, Weihnachten, Silvester, Thanksgiving, der Halloween-Tanz im Elks' Club, die Las-Vegas-Abende in der St. Thomas' Church (einer im April, einer im August) - das waren die einzigen aufregenden Tage im ganzen Jahr, die einzigen Ereignisse, auf die man sich im Coal County freuen konnte.
    Sie erinnerte sich an ein paar Zeilen eines lustigen und ziemlich schmutzigen Lieds, das die Runde gemacht hatte, als sie auf der High School gewesen war:
    Jeder, der hier wohnt, hat einen Knall ;
    Das Coal County ist doch nur ein Ausfall .
    Jeder mit Grips muß raus aus diesem Saustall ;
    Denn hier hockt Gott sich hin,

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