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Geisterblues

Geisterblues

Titel: Geisterblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie MacAlister
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wortlos an, dann drehte sie sich wieder zu ihrem Wohnwagen um und öffnete die Tür. »Du möchtest, dass ich eine Séance für dich abhalte?«
    »Ja, wenn es dir nichts ausmacht. Ich weiß, dass du gerade gehen wolltest, aber ich verspreche, es wird nicht lange dauern.«
    »Ich helfe dir gerne.« Sie setzte sich auf eine gepolsterte Bank, die fast identisch mit der in unserem Wohnwagen war. »Du hattest in letzter Zeit viele Sorgen. Das gefällt mir gar nicht. Du bist viel zu jung, um eine solche Last zu tragen.«
    »Du meinst die Wikinger-Geister?«, fragte ich und setzte mich, als sie mich mit einem Winken aufforderte, auf der gegenüberliegenden Seite Platz zu nehmen. Meine Mutter behauptete, dass Tallulah von Zigeunern abstammte, und wenn ich sie so ansah, glaubte ich das sofort. Obwohl ihr tintenschwarzes Haar an der Schläfe eine weiße Strähne aufwies, ließ sich Tallulahs genaues Alter schwer bestimmen. Aber es war nicht ihr Aussehen, das mir stets ein leicht mulmiges Gefühl verursachte, so als würde ich vom Schuldirektor in sein Büro zitiert, um dort zu erfahren, was ich angestellt hatte … sondern es lag an ihrer natürlichen Würde und Grazie, die sie wie eine Aura umhüllten. Einem sehr glaubhaften Gerücht nach war sie einst die mächtige Königin eines Roma-Stammes gewesen, bevor sie abgedankt hatte, um ein ruhigeres Leben zu führen.
    »Unsinn«, sagte sie und zog eine kleine, flache, schwarze Schale mit einer spiegelnden Oberfläche hervor. Ich konnte jede Kontur ihres Gesichts im Detail sehen, als sie sie vor sich hinstellte. »Es sind nicht die Geister, die dich quälen. Deine Auren sind trüb, aber ich sehe, dass zumindest eine Sache dich sehr belastet.«
    »Nur eine?« Ich hätte darauf getippt, dass es mindestens zwei wären – Ben und Tesla –, doch dann merkte ich, dass ich mir um Ben nicht mehr wirklich Sorgen machte. Ich wusste, dass er vollständig genesen würde. »Ja, wahrscheinlich ist es nur eine. Aber Auren? Mehrzahl? Ich dachte, man hätte nur eine.«
    »Das ist ein weit verbreiteter Irrglaube. Unter den richtigen Umständen kann man bis zu fünf Auren haben, doch die meisten Menschen weisen lediglich drei auf. Warst du noch nie in der Aurafotografie-Bude?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich wollte es nie wirklich wissen.«
    Sie hob fragend eine Braue. »Ich verstehe. Nun, ich werde dir die Mühe ersparen, indem ich dir gleich hier verrate, dass deine innere Aura weiß ist, was für Reinheit und Keuschheit steht. Deine mittlere Aura ist blau und weist somit auf eine Unzufriedenheit in deinem Leben hin, während deine äußere Aura rot leuchtet. Alles zusammengenommen, bedeutet das, dass du ein reines Herz hast und am Beginn des Pfades der Erleuchtung stehst, doch all deine Energien konzentrieren sich derzeit ganz auf das Problem, das dich belastet.«
    »Tesla«, sagte ich seufzend.
    »Ach ja, dein Pferd wurde gestohlen.« Sie nickte weise und neigte die flache schwarze Spiegelschale, um hineinsehen zu können. »Lass uns Sir Edward konsultieren und herausfinden, was er über Tesla weiß.«
    Als meine Mutter mich vor einem Monat zum Gothic-Markt geschleift hatte – und uns für ein halbes Jahr dazu verpflichtet hat, mit ihm zu reisen –, hatte ich den schweren Fehler begangen, Tallulah zu fragen, warum sie keine Kristallkugel benutzte, so wie jedes andere normale Medium. Bei der Erinnerung an ihre Reaktion überlief mich noch immer ein Frösteln. Sie hatte mich mit einem Blick taxiert, der mich festnagelte, und mit dem Hauch eines Akzents konstatiert: »Ich bin
nicht
normal. Normal ist für geringere Menschen.«
    Obwohl ich mit »normal« nicht so sehr auf Kriegsfuß stand wie sie, ließ sich nicht bestreiten, dass sie sich rundum wohl in ihrer Haut zu fühlen schien. Jetzt beobachtete ich, wie sie leise summend und sich sachte wiegend in die Schale starrte. Es verblüffte mich immer wieder, wie normal jemand äußerlich erscheinen konnte, obwohl in ihm unglaublich faszinierende Fähigkeiten schlummerten.
    »Sir Edward ist bei uns«, verkündete sie plötzlich in einer Art Singsang.
    »Oh, gut. Guten Tag, Sir Edward.«
    Ein leiser Windhauch driftete an mir vorbei. Ich spürte eine Gänsehaut, obwohl ich wusste, dass Sir Edward ein guter Geist war.
    »Er freut sich, dich zu sehen, allerdings fällt auch ihm auf, dass etwas dich beunruhigt, und das behagt ihm nicht.«
    »Das tut mir leid. Ich werde versuchen, etwas weniger … äh … beunruhigt zu wirken.«
    Der

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