Geisterbucht
hatte den ganzen Tag über kein unfreundliches Wort verloren. Nach dem Essen erklärte er sich sogar bereit, Bob und Peter nach Hause zu bringen. Sie kletterten in den Pick-up und der Wagen rumpelte vom Hof. Die anderen Helfer verabschiedeten sich ebenfalls. Justus half seiner Tante und seinem Onkel, das schmutzige Geschirr in die Küche zu tragen, stand noch eine Weile mit geschlossenen Augen unter der Dusche und kippte dann ins Bett.
Am Freitagnachmittag steckte Bob den Kopf aus der Bodenklappe der Zentrale, sah sich um, stellte fest, dass sein Publikum vollzählig versammelt war, und verkündete: »Selbstmord.«
Justus, der am Computer hockte und neue Visitenkarten ausdruckte, und Peter, der neu ausgedruckte Visitenkarten in einen Karteikasten steckte, zuckten zusammen. »Wie bitte?«
»Selbstmord«, wiederholte Bob, kletterte nach oben und schloss die Falltür. »Die Prinzessin war nicht so ganz echt. Sie war eine Glücksspielerin und tauchte in den Siebzigerjahren in Cochin auf. Lass mich mal vorbei, Peter.« Er ließ sich in den Sessel fallen. »Ihr Name war Anudhara. Familienname nicht bekannt. Man nannte sie ›Prinzessin‹, weil sie behauptete, von den früheren Maharadschas von Kerala abzustammen, bewiesen hat sie das allerdings nie. Da sie aber ebenso schön wie reich war, tat man ihr gerne den Gefallen und behandelte sie wie eine echte Prinzessin. Ein paar Jahre lang war sie eine sehr bekannte Gestalt in Cochin. Aber dann verschwand sie von einem Tag auf den anderen. Es gab ein Gerücht, dass sie ihr Geld und ihren Schmuck in einer einzigen Nacht verspielt hatte und anschließend Selbstmord beging. Ihre Leiche wurde nie gefunden. Und da ich weiß, dass ihr gleich danach fragen werdet: der Saphir gehörte ihr nicht . Ich habe keine Verbindung zwischen ihr und dem Stein finden können. Allerdings gibt es da einen merkwürdigen Nebeneffekt. Anudhara bedeutet Stern – sie war also selbst zeitweise der Stern von Kerala.«
»Interessant«, sagte Justus. »Aber wohl kaum von wegweisender Bedeutung. Schließlich suchen wir nach dem Stein, nicht nach der Dame.«
»Aber warum hat uns Mr Shreber dann das Foto hinterlassen?« Peter zog Bobs Ordner aus dem Regal und nahm das Foto heraus. »Wenn es nicht diese Glücksspielerin war – wer besaß den Stein dann? Wir können doch nicht nach Indien fliegen und dort nach einem Saphir suchen, der vor wer weiß wie vielen Jahren verschwunden ist!«
»Da ist noch etwas«, sagte Bob. »Anudhara war einer der Namen, nach denen mich die falsche Krankenschwester auf dem Boot gefragt hat. Sie hat also auf jeden Fall etwas damit zu tun.«
Sie betrachteten das Foto, aber es verriet ihnen nichts. Drei Männer, eine Frau, ein Tisch mit Spielkarten. Mehr war da nicht.
»Es hilft nichts«, musste Justus endlich eingestehen. »Diese Spur bringt uns zurzeit nicht weiter. Befassen wir uns also mit der USS Leviathan und Mr Nathan Holbrook. Über die Leviathan habe ich nur herausfinden können, dass sie in San Diego vor Anker liegt.«
»Großartig«, sagte Peter. »Worauf warten wir noch? Wir fahren einfach hin, gehen an Bord, holen den Stein und … tun das Richtige . Wovon wir noch immer nicht wissen, was es ist. Dieser Mr Shreber hatte entweder eine unglaublich hohe Meinung von uns – oder er konnte uns nicht ausstehen!«
»Sehe ich mittlerweile genauso«, stimmte Bob zu. »Wie willst du übrigens einen doch eher kleinen Saphir finden, der irgendwo auf einem Flugzeugträger versteckt ist, auf den du gar nicht kommst, weil er der Navy gehört?«
»Wir bitten diesen Mr Holbrook um Hilfe«, sagte Justus. »Er war auf dem Schiff, kannte John Fisher und weiß vielleicht, wo der Stein versteckt ist. Er wohnt auf halbem Weg zwischen San Diego und Tucson in einem winzigen Wüstenort namens Salome. Und ich habe uns auch schon telefonisch angemeldet, das heißt, ich habe ihm auf den Anrufbeantworter gesprochen, dass wir kommen.« Er blickte auf die Uhr. »Da die Fahrt allerdings trotzdem recht lange dauert und ich einen gewissen Wert auf Bequemlichkeit lege, habe ich Morton angerufen, damit er uns fährt. Er müsste eigentlich gleich kommen.«
In diesem Moment rief Jim von draußen: »He! Ihr drei Jungen! Wo seid ihr?«
Bob stand auf und zog ein an der Decke befestigtes Rohr nach unten. Es war ein Ofenrohr, das Justus mithilfe einiger Schrauben und Spiegel zu einem recht brauchbaren Periskop umgebaut hatte. Das ursprüngliche Periskop war vor einiger Zeit kaputtgegangen, aber
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