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Geisterhauch (German Edition)

Geisterhauch (German Edition)

Titel: Geisterhauch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darynda Jones
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lassen.«
    Dad biss die Zähne zusammen, als Onkel Bob zu uns kam. »Der Abgeordnete ist jetzt bei der schriftlichen Aussage«, sagte Ubie zu mir. »Das wird wohl eine Weile dauern. Dann können wir uns jetzt die Aufnahmen anhören.«
    »Aufnahmen?«, fragte ich ganz tugendhafte Unschuld.
    »Ja, von Carusos Anrufen bei deinem Dad. Leland hat sie mitgeschnitten. Aber ich muss sagen, Bruderherz, ich bin mir nicht sicher, ob Denise und Gemma das hören wollen.«
    »Aber natürlich wollen wir«, widersprach Denise und schritt an ihnen vorbei zum Besprechungsraum. Mein Dad war dermaßen gestraft, es war echt peinlich.
    »Das ist ja toll«, sagte ich und folgte ihr mit neuem Schwung. »Siebenundzwanzig, mit einer Klappe – wer hätte gedacht, dass ein Besuch im Revier so verdammt ergiebig sein kann?«
    »Sie ist noch immer ein bisschen angefressen«, erklärte Ubie meinem Dad.
    Offenbar war das ein Großereignis. Wir, das heißt, die Familie und ein paar Detectives, setzten sich um den Konferenztisch, während Kollegen jeder Größe und Gestalt, meistens nette und sehr nette, an den Wänden aufgereiht standen. Sogar Taft kreuzte auf. Das war interessant, aber ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, warum diese Aufnahmen solche Faszination ausübten, vor allem auf Denise und Gemma.
    »Wen soll ich als Erstes umbringen, Davidson?«, fragte Mark Caruso, der Anrufer. Er hatte eine gute Modulation und Aussprache. Er könnte noch an seinem Ton feilen, um seine Stimmung besser rüberzubringen. »Wessen Tod wird Sie in die Knie zwingen?« Eine tolle Eröffnung. Er hatte seine kleine Rede gut vorbereitet. »Bei wessen Tod werden Sie in ein so tiefes, schwarzes Loch fallen, dass Sie nicht mehr daraus hervorkriechen können?« Seine Frage schien mir eher rhetorisch gemeint zu sein.
    Alle im Raum warfen verstohlene Blicke in Dads Richtung, um zu sehen, welche zurückgedrängten Gefühle Caruso in ihm aufwühlen würde. Die Situation zeigte, warum Reality- TV so ein Hit war. Der menschliche Hunger nach Tragödien, den feinen Unterschied zwischen Schmerz und Qual zu beobachten, jedes Gefühl zu sehen, das die Züge eines sonst lächelnden Gesichts verzerrt, machte diese Form der Unterhaltung unwiderstehlich. Sie konnten nichts dafür. Ein gewisses Ausmaß an Morbidität steckte in jedem, gehörte quasi zu unserer biologischen Beschaffenheit, steckte in den Genen.
    »Ihre Frau Denise?«, fragte Caruso, als bäte er um Erlaubnis.
    Meine Stiefmutter schnappte nach Luft, als ihr Name fiel, und schlug sich die Hand vor den Mund. Pflichtschuldig vergoss sie ein paar Tränen. Aber mir konnte sie nichts vormachen. Ich konnte sehen, wie die mitfühlenden Blicke sie anmachten; fast ging ihr dabei einer ab. Noch deutlicher spürte ich die Erleichterung, die sie überkam, als sie zu mir hinsah, weil Caruso mich und nicht sie überfallen hatte. Daraus konnte ich ihr eigentlich keinen Vorwurf machen, doch ich hätte gut ohne ihren Schuss Aufmerksamkeit auf meine Kosten auskommen können.
    Caruso wartete auf eine Reaktion. »Nein«, sagte er in gleichgültigem Ton. »Sie müssen eine Tochter verlieren, genau wie ich. Wie wär’s mit Gemma? Der Hübschen?«
    Obwohl Gemma die ganze Zeit über keine Miene verzogen hatte, wurde sie nun noch stiller. Sie wurde blass und hielt eine volle Minute lang den Atem an, während sie Dad unentwegt ansah. Denise hakte sich bei ihm unter und lehnte sich an ihn, um ihn auf ihre oberflächliche Art zu stützen, doch er sah weder Gemma an noch nahm er die Fürsorge seiner Frau zur Kenntnis. Er war völlig in sich zurückgezogen; man sah nur noch eine leere Hülle. Seltsamerweise hatte er Schweißperlen wie Neun-Millimeter-Kugeln auf der Stirn. Wieso jetzt? Die Sache war ausgestanden. Der Kerl war hinter Schloss und Riegel.
    Und noch immer gab er Caruso keine Antwort.
    Alle warteten auf das, was kommen musste.
    »Oder wie wär’s mit Ihrem Knalleffekt? Wie heißt sie noch gleich?« Caruso genoss den Moment. »Oh, ja, Charlotte.«
    Er sagte meinen Namen ganz langsam, ließ sich jeden Konsonanten auf der Zunge zergehen. Ich spürte, wie alle Blicke in meine Richtung schnellten, aber ich sah niemanden an. Besonders spürte ich Onkel Bobs Blick. Er hatte immer eine Schwäche für mich gehabt. Was ich bei jeder Gelegenheit ausnutzte.
    Dann antwortete Dad, angespannt rang er sich jede Silbe ab. Die Aufnahme war glasklar. Er hatte keinen Ton von sich gegeben, als Caruso Denise und Gemma nannte, aber als mein Name

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