Geisterhauch (German Edition)
Kerbholz gehabt. Jedenfalls keinen, von dem die Polizei wusste.
Als wir auf dem Revier ankamen, herrschte dort Hochbetrieb, und am Horizont loderte der Morgen. Cookie setzte sich zur Unterstützung in den Befragungsraum, während Mimi ihre Aussage machte. Sie waren beide in Decken gewickelt und hatten heißen Kakao bekommen. Alles in allem hatten sie es ziemlich gemütlich. Mimis Eltern waren gekommen und ebenfalls bei ihr. Der Vater konnte sich nicht entschließen, sie aus seiner Umarmung zu entlassen, was es ihr erschwerte, den Kakao zu trinken, aber ich glaube, sie hatte nichts dagegen. Man ist nie zu alt, um Dads Umarmung zu genießen. Ich guckte ab und zu durch die Scheibe, und wie es aussah, wurde jede Menge alter Ballast abgeworfen, schmutzige Wäsche gewaschen und dergleichen.
Onkel Bob sorgte gerade dafür, dass die Anklage gegen Warren fallengelassen wurde, und er hatte Kyle Kirsch verständigt, der jeden Moment eintreffen musste.
»Ich glaube nicht, dass man denen genug gezahlt hat«, sagte Ubie, der mit einer Handvoll Papier zu mir kam. Ich goss gerade Sahne in eine Tasse Kaffee und passte auf, dass mir meine Decke nicht von den Schultern rutschte, hauptsächlich um die Schnittwunde am Rücken zu verbergen. Noch eine Ladung Superkleber würde ich nicht aushalten. »Die Cox-Cousins haben jeder fünfzigtausend zusätzlich auf dem Konto.«
»Wer sind noch mal die Cox-Cousins?«
Er seufzte. Es war lustig. »Na, deine Entführer. Von denen dich einer in einer finsteren Gasse erschießen wollte. Art und William Cox. Klingelt’s bei dir?«
»Klar. Ich wollte nur noch mal hören, wie du Cox sagst.« Ich probierte einen Schluck. »Und so entschlossen, wie die vorgingen, winkte ihnen nach Erledigung bestimmt noch ein Riesenbatzen.«
»Bestimmt. Aber wir können die Buchung nicht zurückverfolgen. Und der Killer vor dem Motel war ein Knastkumpel von ihnen. Sein Bankkonto überprüfen wir noch.«
Gerade sah ich, wie Kyle Kirsch mit zwei Leibwächtern ins Revier geeilt kam. Ich kannte ihn von Plakaten. Er blieb kurz am Anmeldeschalter stehen, um etwas zu fragen, als Mimi aus dem Befragungsraum geschossen kam und in seine Arme rannte.
»Geht es dir gut?«, fragte sie. Er starrte sie mit offenem Mund an.
»Mir? Wie geht es dir? Was ist passiert?«, fragte er und drückte sie noch mal.
»Dieser Mann hat Cookie und mich angegriffen, und Cookies Chefin Charley hat mir das Leben gerettet.«
Ich wand mich innerlich. Es war nett von ihr, den Teil auszulassen, in dem wir den Mörder zu ihr geführt hatten.
Onkel Bob ging hin und gab ihm die Hand. »Abgeordneter«, sagte er.
»Sind Sie Detective Davidson?«, fragte Kyle beim Händeschütteln.
»Ja, Sir. Danke, dass Sie gekommen sind. Soll ich Ihnen etwas bringen lassen, bevor wir anfangen?«
Kyle hatte sich, da er nichts zu verbergen habe, wie er mehrfach betonte, bereit erklärt, eine Aussage zu machen. Er drückte Mimi ein drittes Mal und sagte traurig lächelnd: »Das war’s dann.«
»Das war irgendwann fällig.«
»Ja.«
Ich fragte mich, ob man sie verhaften würde, weil sie bisher geschwiegen hatten. Ich hoffte, nicht. Sie waren ebenfalls Opfer des Verbrechens.
»Das ist Charley Davidson«, sagte Mimi, als sie mich in der Nähe stehen sah.
Kyle gab mir die Hand. »Ich bin Ihnen sehr zu Dank verpflichtet.«
»Warren!« Mimi rannte zu ihrem Mann, der gehetzt wie immer zur Tür hereintaumelte, und warf sich ihm in die Arme.
Ich sagte leise zu Kyle: »Es tut mir wirklich leid, das sagen zu müssen, aber ich dachte eine Zeitlang, Sie steckten hinter den Morden.«
Er lächelte traurig und verständnisvoll. »Ich mache Ihnen keinen Vorwurf daraus, aber ich versichere Ihnen«, sagte er dann zu Onkel Bob, »ich hatte nichts damit zu tun. Ich bin nicht unschuldig, aber einen Mord habe ich nicht begangen.« Er holte sein Handy heraus. »Haben Sie etwas dagegen, dass ich meine Mutter anrufe? Meinen Vater konnte ich nicht erreichen. Ich glaube, er ist zum Angeln gefahren, und er nimmt nie sein Handy mit. Ich möchte nur Bescheid geben, wo ich bin und was los ist, bevor sie es aus den Nachrichten erfahren.«
»Überhaupt nichts«, sagte Ubie.
»Danke«, sagte Kyle über die Schulter und entfernte sich ein Stück. »Sie besucht gerade meine Großmutter in Minnesota.«
Onkel Bob und ich stutzten verblüfft. Ich ging Kyle nach und löste die Hand mit dem Telefon von seinem Ohr.
Er klappte es stirnrunzelnd zu. »Ist etwas nicht in Ordnung?«
»Kyle …
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