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Geisterjagd

Geisterjagd

Titel: Geisterjagd
Autoren: Jo Clayton
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Vorstellung davon, was zwischen dir und diesem Mädchen war (er meinte Metis - warum konnte er ihren Namen mir gegenüber nicht aussprechen …er kannte sie doch buchstäblich in-und auswendig… warum wollte er ihren Namen nicht sagen?). Lanten-Tej Wird deine Schulung auf andere Gebiete ausweiten; wichtig ist nur, daß du Jungfrau bist. Je weniger du dich wehrst, desto früher wird er deiner müde werden und dich deine eigenen Wege gehen lassen. Denk daran, sagte er. Die Wahl liegt bei dir, sagte er. Dann verließ er mich und ging ohne ein wei-teres Wort hinaus.
    Es gefallt ihm nicht, was er mir antut - das hatte ich vom ersten Moment an begriffen, da er mir von der Hochzeit erzählte. Wenigstens sah er meine Schwestern mit einigermaßen anständigen Männern verheiratet. Aretas liegt ihm schwer im Magen, doch er ist von seinem großen Ziel besessen, und so würde er weit Schlimmeres hinunterwürgen, um es zu erreichen.
    Es dauerte geraume Zeit, bis ich mich wieder bewegte. Ich stand wie festgefroren in der Mitte des Raumes, haßte meine Hilflosigkeit, haßte meinen Vater, haßte mich selbst, und es drehte mir den Magen um, mein Mund war trocken, meine Augen brannten, und mein Kopf pochte.
    Das unvermutete Auftauchen meines Vaters machte mir Angst, doch es brachte mich auch zum Nachdenken. Für wen schreibe ich dies? Wenn für mich selbst, dann bin ich fest entschlossen, dieses Buch zu Asche verbrannt und in alle Winde verstreut zu sehen, bevor ich gehe. Doch schreibe ich, die Noch-nicht-Mörderin, um zu erklären … Wem erkläre ich, was erkläre ich? Ja, ich möchte, daß irgendjemand weiß, wer ich bin, ja, das ist es, irgendjemand soll mich kennen, Warzen und alles, soll wissen, was ich seit Jahren getan habe, daß ich, obschon hinter diesen Mauern eingeschlossen, die Hand ausgestreckt und geholfen habe, Dinge in der Wildnis, im Dorf zu verändern. Ja. Am Abend bevor wir aufbrechen, werde ich das Buch Acthon geben und ihn bitten, es nicht eher zu lesen, bis die Rebellen die Burg und Liros II für sich und ihre Kinder eingenommen haben.
    Es ist mir gleich, was sie damit machen … Ich habe hundertmal gehört, wie es Gyoll erklärt hat, doch war mir dies niemals sonderlich wichtig. Ich weiß nur, daß die Dinge so, wie sie momentan stehen, falsch sind und daß sich etwas ändern mußte. Ich wäre glücklich, würde das Volk wissen, daß ich mich seinem Kampf angeschlossen habe, als ich noch ein Kind war, mich ihm angeschlossen habe, noch bevor ich überhaupt wußte, daß es einen solchen Kampf gab. Wenn ich es wagte, diese Burg zu verlassen, mein Volk, würdest du es wagen, auf mich zu spucken …Ich möchte, daß du mich kennst und verstehst, was ich mache und warum. Ja, das ist es.
    Lilit lehnte sich zurück und knabberte am Ende ihrer Schreibfeder.
    Die kleine Lampe über dem Schreibtisch warf einen Lichtkegel auf sie herunter und überließ den übrigen Raum den Schatten - Schatten, die im Gleichklang mit den Blitzen in der Ferne flackerten und ausbleichten, wenn die Blitze näher bei der Burg durch die finstere Nacht züngelten. „Gefühlsduselei”, murmelte sie, seufzte und rieb mit dem Ende der Schreibfeder über ihre Stirn. „Ich bettle sie an, mit mir zu sympathisieren, als würden sie mir etwas schulden … aber das kommt der Wahrheit nicht einmal andeutungsweise nahe … ich habe dies alles getan, weil es mir gefallen hat. Und ich habe es genossen.
    Stimmt’s meine Metis?” Sie lachte, legte die Schreibfeder nieder, streckte sich.
    „Schwer zu sagen, was ich will. Wenn man dem Verstand die Zügel freigibt, jagt er in alle Richtungen davon.” Sie lächelte in die Dunkelheit hinein, als sie Metis auf der anderen Seite des Bettes stehen sah, Liebe in den Augen, jedoch eine mißbilligende Miene auf dem rundlichen Gesicht… bedächtig schüttelte sie den Kopf, und ihre glänzenden, hellen Haare fingen die spärliche Helligkeit des Raumes ein. Lilit sagte zu dem Gespenst: „Ich weiß, Liebes, ich muß mich selbst zur Disziplin rufen, niemand anders kann dies für mich tun.” Sie sah ein langsames Lächeln die vollen Lippen dehnen, und dann zerschmolz die Erscheinung, und Lilit wandte sich wieder dem Buch zu.
    Fakten - diese Welt heißt Liros II. Meine Familie hat ihr nie einen Namen gegeben, und die Leute in der Wildnis nennen sie, wie immer es ihnen nach einem besonders enttäuschenden Vorkommnis gefällt.
    Liros. Unsere Sonne. Eine wunde Stelle am Himmel. In Nächten, in denen kein Mond am Hirn-
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