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Geisterjagd

Geisterjagd

Titel: Geisterjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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bezeichneten Weg, setzte jeden ihrer Schritte genau ins Zentrum der Steinplatten, um ihre sorgfältig polierten Stiefel von den Enden des geschnittenen Grases fernzuhalten, summte eine fast vergessene Melodie aus ur-uralten Zeiten vor sich hin und atmete den Duft der Doradora-Blüten an den Adoradee-Ranken ein, die sich gegen die grobbehauenen Steine des hohen, schmalen Hauses schmiegten.
    Zaghaft pfiff sie ein paar Töne und verstummte, als sie um eine zweite Ecke bog und die Steinplatten zwischen einem dichten Gewirr alter Tolganekbäume verschwinden sah. Garten, ha! Sie schob die Haare zurück (die steife Brise zerrte an den kurzen, festen Locken und rührte sie zu einem unordentlichen Haufen zusammen) und strich die Bluse über die Wölbung der vollen Brüste glatt, die sie während ihres waffenlosen Kampftrainings und der anderen zu bewältigenden Sportarten durch ihr Schaukeln behinderten.
    Vor sich, irgendwo in den Schatten unter den Bäumen, konnte sie das zarte Klimpern eines gläsernen Windgeläuts hören. Sie trat in die Kühle des Hains, und sie fühlte sich dabei sehr jung und sehr linkisch. Das Geläut erklang rings um sie her, nah und fern, verschmolz zu einem magischen Raunen, betonte den intensiven Geruch der Bäume und des Bodens unter ihren Füßen. Nach einigen weiteren Biegungen des gewundenen Pfades hörte sie über dem Singen der Glöckchen das flüssige Rieseln von Harfentönen und nur wenig später den Gesang einer Frauenstimme, Sie ging langsamer. Aleytys.
    Sie strich mit einem Finger an der kurzen, geraden Nase entlang, dann über das Rund einer Wange, deren Plumpheit ein weiterer Fluch ihres Lebens war; Kinder sind oft nicht sehr freundlich zueinander, und sie hatte unter Namen wie Fettgesicht gelitten. Sie wußte, diese spezielle Erinnerung wurde durch eine andere hervorgerufen die Erinnerung an die Aufzeichnungen von den zahlreichen Anhörungen auf Helvetia, an ein mehr attraktives als schönes Gesicht, beweglich und ausdrucksvoll, ein Gesicht, auf dem sich Abscheu, starkes Interesse, das Aufblitzen jäher Belustigung, die schmerzliche Einschätzung des Absurden, Entrüstung und Befriedigung abzeichneten. Wenn man noch nicht ganz 20 ist und wenn man weiß, es steht einem ein Gespräch auf Biegen und Brechen bevor -nicht ganz so schlimm, aber fast -, dann fallt es schwer, ins Sonnenlicht hinauszutreten und sich einer im Entstehen begriffenen Legende zu stellen.
    Jetzt konnte sie zwei Personen sprechen hören, die Stimme eines Mannes, ein tiefes Grollen, das sich nicht in einzelne Worte auflöste, dann der dunkle Alt der Frau - sie sang nicht mehr, sondern sprach in trägen Wortverbindungen. Sie fragte sich, ob es Grey war, und schüttelte den Kopf. Er hatte seine Jagd noch nicht beendet, konnte unmöglich schon zurück sein. Wer dann? Hatte das etwas mit der Cazar-Jagd zu tun?
    „Der Rat hat mich überrumpelt”, erklärte ihre Mutter. „Ich wollte nicht, daß sie diese Sache übernimmt. Aber, verdammt, die Cazar-Gesell-schaft hat über meinen Kopf hinweg an sie appelliert - und sie haben klein beigegeben und mich angewiesen, ihr den Vorschlag zu unterbreiten. Hagan hat aus dem Hinterhalt heraus ununterbrochen gegen mich geschossen, während ich zu erklären versuchte, daß dies nicht die Art yon Auftrag sei, die sie gut bewältigt. Daß sie mich meine Jäger gefalligst so einsetzen lassen sollten, wie ich dies für richtig halte, schließlich kenne ich sie erheblich besser als irgendeiner von diesen Politikern im Rat. Sie kommt uns zu teuer, hat er gesagt. Kannst du das glauben? Nach den Honoraren, die sie uns eingebracht hat, selbst wenn man Maeve nicht mitzählt? Gefährliche Frau, behauptet er, Außenseiterin, keine von uns, wie können wir je darauf vertrauen, daß sie unsere Interessen über ihre eigenen stellt, ein Vryhh-Halbblut, und man weiß ja, wie Vrya sind. Nachdem sie ihr Leben und ihre geistige Gesundheit für uns aufs Spiel gesetzt, ihren eigenen Sohn in Gefahr gebracht hat… Obgleich ich nicht behaupte, sie habe gewußt, was sie tat, als es geschah. Was soll das heißen, fragte er, daß du ihr nicht trauen kannst? Cazar will sie, niemand von den anderen. Sollen wir auf dieses Honorar verzichten
    - Kapital, das wir benötigen! -, wegen irgendeiner Belanglosigkeit verzichten? Sie wollen ihren Namen, hat er gesagt. Und er hat weitergeredet und geredet, jedesmal, wenn ich den Mund aufgemacht habe. Aleytys ist nicht der Typ, der nur anreist und nichts tut. Sie wird ihre

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