Geisterkrieg
hin, dass Sie ein notorischer Terrorist sind, der den Behörden auf Acamar entkommen ist, mir aber nicht entgehen konnte. Ich werde mich laut und lange darüber beschweren, dass ich keine Gelegenheit hatte, Sie selbst abzuurteilen und schwöre, Sie zurückzuholen, sobald man auf Acamar mit Ihnen fertig ist. Damit erspare ich mir eine Menge Unkosten. Schauprozesse sind teuer, Pressekonferenzen nicht.«
»Ich gehe nicht zurück nach Acamar!« Ich schüttelte Lakewoods Hand ab. »Ich habe Rechte. Ich bestehe auf ihnen. Ich verlange ein Auslieferungsverfahren!«
Reis kicherte. »Sie sind ein Gefangener der Republik. Ich habe keine Jurisdiktion über Sie.«
»Hören Sie, Sie paradierender Pavianarsch, Sie haben Ihre Kompetenzen schon so oft überschritten, dass es auf ein Mal mehr oder weniger nun wirklich nicht ankommt! Behalten Sie mich hier.«
Sein Blick wurde stechend und seine Fratze lief dunkelrot an. »Ich bin wirklich versucht, es zu tun, aber das Zivilverteidigungsrecht gibt mir in diesen Fragen die letzte Entscheidungsgewalt. Und ich entscheide mich dafür, Ihren Antrag auf ein Auslieferungsverfahren abzulehnen. Er gehört Ihnen, Mylady. Tun Sie mit ihm, was Ihnen beliebt.«
»Sie sind zu gütig, Commander. Ich werde es nicht vergessen.«
Der Mann lächelte breit. »Bitte empfehlen Sie mich Ihren Vorgesetzten.«
Reis stürmte aus dem Zimmer und Lakewoods Leibwächter, Hän-sel und Gretel, kamen durch die offene Tür. Hänsel hievte mich auf die Beine und überprüfte die Fesseln um meine Handgelenke. Gretel ging in die Knie und legte mir Fußschellen an, zwischen denen eine ein Meter lange, schwere Kette hing. Marias Säge hätte sie durchtrennen können, aber das hätte länger gedauert als erwartet.
Lakewood tat mir einen Gefallen und wartete, bis Reis die Presse zu seiner Konferenz versammelt hatte, bevor sie mich in den Schweber brachte, der in der Garage unter dem Gendarmerie-HQ wartete. Hänsel saß neben mir, die fleischige Rechte in meinem Nacken. Ich saß in der Mitte der Rückbank, während Lady Lakewood sich in die Ecke zwängte. Ich konnte ihre Blicke spüren und sah ihr leichtes Kopfschütteln.
Die Identifikation als Republiksbeamte verschaffte uns Zugang zum Raumhafen und zum Landungsschiff der Leopard-Klasse Valiant. Es war eine der kleineren Landungsschiffsklassen, mit aerodynamisch geformtem Rumpf und Hangarraum für vier BattleMechs. Durch die Luken zum Laderaum konnte ich zwei sehen, die ich als einen Centurion und einen Schwarzfalke identifizierte.
Hänsel half mir aus dem Wagen, dann marschierte er mit mir die Zugangsrampe hinauf. Gretel fuhr den Schweber eine andere Rampe hoch und in den Laderaum. Ich erwartete, Hänsel würde mich durch die engen Korridore zu einer winzigen Kabine verfrachten, stattdessen aber brachte er mich in einen relativ großen Konferenzraum und drückte mich in einen ziemlich bequemen Sessel.
Selbst stellte er sich neben den Ausgang, den Rücken zur Schottwand. Er stand gerade so, dass ich ihn aus dem Augenwinkel sah, ohne den Kopf drehen zu müssen, was ich ganz und gar nicht beabsichtigte. Er wollte, dass ich mich umdrehte, und ich weigerte mich. Aber wegen des zugeschwollenen linken Auges sah ich Lakewood nicht, bis sie von links an mir vorbeiging, und dann zuckte ich zusammen.
Hänsel lachte.
Lakewood setzte sich auf die Kante des rechteckigen Tisches, der gegenüber der Luke an der Schottwand stand. Sie schaute an mir vorbei. »Sie können jetzt gehen, danke, Sergeant Gaskin.«
»Wie Sie wünschen, Mylady. Auch gefesselt ist er noch gefährlich.«
Sie nickte langsam. »Ich werde mich vorsehen.«
Ich schnaufte. »Ich auch. Sie werden kein Wort über Acamar aus mir herausholen, ganz gleich, was Sie tun.«
»Das habe ich schon öfter gehört.« Die Luke schloss sich hinter Hänsel und sie stemmte sich hoch. »Aber ich vermute trotzdem, ich habe den Schlüssel für Ihre Zunge.«
Dann nahm sie mein Gesicht in beide Hände und gab mir den drittbesten Kuss meines Lebens.
Pflichtgefühl ist ein moralischer Leim, der ständiger Belastung ausgesetzt ist.
- William Safire
Republik-Landungsschiff Valiant, Helen Präfektur III, Republik der Sphäre
23. November 3132
Der Kuss hätte eindeutig auf Platz Zwo gelegen und vielleicht sogar Chancen auf Platz Eins gehabt, wäre mein Gesicht nicht noch durch die Prügel verletzt gewesen. Außerdem hinderten die Fesseln mich daran, sie in die Arme zu nehmen und an mich zu drücken. Aber trotz all dieser
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