Geisterstadt
zwei Schritte nach vorn, blinzelte und starrte angestrengt in die Leere. Nichts war zu hören. Dann allerdings spürte er plötzlich einen festen Griff um seinen Arm. Er erschrak heftig und wollte sich umdrehen, um die beiden anderen zu warnen, aber der Ton blieb ihm im Hals stecken. Der Griff wurde noch fester und zog ihn nach innen. Undeutlich konnte Justus schlanke Finger erkennen.
»Ihr andern beiden auch.« Eine Frauenstimme klang sonderbar metallisch.
Justus meinte, Peters Ellbogen in seinem Rücken zu spüren. Plötzlich wurde ein grelles Licht angeknipst. Sie sahen eine knabenhafte Frauengestalt, die noch immer ihre Hand um Justus’ Oberarm gelegt hatte. »Tür zu!«, lautete ihr Kommando. »Und zwar schnell!«
Mechanisch gehorchte Bob. Dann ließ die Frau Justus los. Sie war schlank, aber sehnig und trug eine kurze Lockenfrisur. Unter dem anliegenden Body zeichneten sich kräftige Oberarmmuskeln ab.
»Deborah Street«, sagte Justus halblaut.
Die Frau nickte. Ihr Gesicht war etwas kantig, mit elegant geschwungenen Augenbrauen allerdings und einem vollen Mund, der sich zu ihrer Überraschung plötzlich zu einem Lächeln formte. »Habt ihr’s also doch geschafft. Wir haben euch schon gestern beobachtet.«
»Wir?« Bob räusperte sich und setzte noch einmal an. »Wen meinen Sie mit wir?«
»Mich«, hörten die Jungs eine dunkle Stimme hinter ihrem Rücken. Sie fuhren herum. An einer Theke, hinter der sich eine kleine Küche öffnete, stand eine Gestalt, auf die nur eine Bezeichnung passte: imposant. Es gab keinen Zweifel, vor ihnen stand Michael Julius Oames. Die drei ??? starrten ihn ungläubig an.
Justus gewann als Erster seine Fassung wieder und kratzte sich bedächtig am Kinn. »Michael Julius Oames«, sagte er. »Wie das Opfer einer Entführung sehen Sie nicht gerade aus.«
Irritiert wandte sich Peter zu Deborah. »Was wird hier gespielt?«, fragte er. Ihm passte das alles nicht. Er ließ sich nicht gern an der Nase herumführen.
»Setzt euch doch erst mal«, forderte Oames mit einer einladenden Geste auf und komplimentierte sie in drei Korbstühle an der hinteren Seite des Raums.
Justus sah die beiden anderen an. Im ersten Augenblick hatte er Enttäuschung gespürt, weil sich der ganze Fall in Luft aufzulösen schien. Peter hingegen war wütend. Und Bob platzte schier vor Neugier.
Justus als Chef der drei ??? übernahm die Vorstellung. »Ich heiße Justus Jonas, das sind meine Freunde Peter Shaw und Bob Andrews. Seit drei Tagen suchen wir Sie.«
Oames überging den Hinweis. Er war offenbar entschlossen, sie als seine Gäste zu behandeln. »Ich hole uns etwas zu trinken«, sagte er und verschwand in der Küche.
Justus’ Blicke durchwanderten rasch den Raum. Er war kaum mehr als 20 Quadratmeter groß, mit Bücherregalen, den Korbstühlen, einem Glastisch und zwei Stehlampen geschmackvoll eingerichtet und bot durch das große Fenster neben der Eingangstür einen schönen Blick zum Lake Tahoe. Oames kehrte zurück, stellte die Gläser und eine Flasche mit Orangensaft ab und setzte sich. Er schien etwas älter zu sein als der Mann auf den Zeitungsfotos und hatte kurze graue Haare, die aus der Stirn gekämmt waren. Zwischen Nase und Mundwinkel hatten sich zwei tiefe Falten in sein Gesicht gegraben. Die runde randlose Brille gab ihm den Anstrich eines Gelehrten. Oames lächelte ihnen aufmunternd zu.
»Bist ein genauer Beobachter«, meinte er zu Justus und hielt ihm ein Glas entgegen. Der Erste Detektiv wurde rot, als er merkte, dass er Oames wohl allzu ungeniert gemustert hatte. Peter hatte keine Lust darauf, Komplimente auszutauschen. »Sie sind von Miss Street entführt worden. Vermutlich mit Unterstützung.« Er wandte sich zu der jungen Frau um, die seinem forschen Blick allerdings ohne Probleme standhielt.
»Ja«, sagte sie, nickte zur Bekräftigung und benahm sich so unkompliziert, als handle es sich um die Zusage zu einem harmlosen Rendezvous am Sonntagnachmittag.
Justus atmete hörbar aus. »Sir«, sagte er dann mit fester Stimme, »am besten wäre es, wenn Sie uns die ganze Geschichte von Anfang an erzählten.« Er sah Oames scharf an. »Wir haben nämlich das Gefühl, dass hier jemand ein falsches Spiel treibt.«
Der Spieleerfinder zog die rechte Augenbraue hoch, verschob eine Gegenfrage aber auf später. Dann forderte er Deborah auf anzufangen.
Die junge Frau straffte sich etwas. Ihre Sätze waren kurz und knapp. In der Nacht nach der Ankunft der drei ??? war sie tatsächlich
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