Geisterstadt
entzifferten die gut 20 Klingelschilder. Der Name, den sie suchten, war auf keinem zu finden. Insgesamt zählten sie 48 Häuschen.
»Und jetzt?«, fragte Bob ratlos, als sie auf dem kleinen Hügel angekommen waren.
»Fehlanzeige«, brummte Peter enttäuscht. »Langsam habe ich es satt. Morgen geh’ ich wieder Ski fahren.«
Justus zupfte an seiner Unterlippe und starrte auf den See. »Tust du nicht«, sagte er gedehnt.
»Tu ich doch!«
Der Erste Detektiv drehte sich zu den Freunden um, sah aber mehr durch sie hindurch. »Da unten ist jemand.«
Peter und Bob fuhren herum. »Keine Menschenseele ist da unten«, sagte der Zweite Detektiv schließlich. »Du siehst Gespenster. Du bist ferienreif.«
Bob war etwas vorsichtiger. »Wo?«, fragte er.
Mit einem Mal hatte Justus einen zufriedenen Gesichtsausdruck aufgesetzt. »Da drüben.« Er deutete auf die rechte Seite der Siedlung. »Im zweiten Häuschen in der ersten Reihe.«
»Du siehst Gespenster«, wiederholte Peter fast wütend. »Weit und breit ist da niemand.«
Bei Bob fiel der Groschen. »Justus hat Recht«, sagte er langsam. »Sieh doch richtig hin. Vor dem Haus liegt kein Schnee. Dreimal darfst du raten, warum.«
Peter ließ seinen Blick von Justus zu Bob wandern. Dann schlug er sich mit der Hand auf die Stirn. »Hab’ auf der Leitung gestanden. Das Häuschen hat einen Keller, und der ist geheizt. Deshalb ist der Vorgarten nicht weiß.«
»Wirklich ein schlaues Kerlchen, dieser Peter Shaw«, lobte Justus ironisch. Dafür kassierte er von Bob einen Rippenstoß.
»Das sehen wir uns genauer an«, kommandierte der Erste Detektiv unternehmungslustig und wollte los.
»Halt mal einen Moment«, stoppte Bob den Freund. »Was ist, wenn Oames tatsächlich da unten eingesperrt ist? Bringen wir ihn nicht zusätzlich in Gefahr?«
Justus war anzusehen, dass er angestrengt über eine Antwort nachdachte. »Wenn Oames hier ist, ist er bei Deborah«, sagte er nach einigen Augenblicken. »Richtig?« Die beiden anderen nickten. »Dieses Risiko können wir eingehen«, entschied er.
»Hat einfach ein positives Bild von Frauen, unser Superhirn«, ließ sich Peter die Gelegenheit zur Retourkutsche nicht entgehen. »Ganz im Ernst«, setzte er fort, bevor Justus reagieren konnte. »Ich glaube, du hast Recht.«
Geduckt liefen sie den Hügel hinunter. Sie stoppten am Nachbarhaus und starrten aus der Deckung auf die Fenster gegenüber. An der einen Seite befanden sich zwei, um die Ecke noch einmal zwei, ein besonders großes und ein kleineres, das offenbar zum Bad oder zur Küche gehörte. Die Fenster waren vergittert. Trotz der nur halbhohen weißen Vorhänge konnten sie nicht ins Innere sehen, weil die Scheiben stark spiegelten.
»Da werden wir wohl hinein müssen«, murmelte Peter und zog das schwarze Etui mit der kleinen Kollektion von Dietrichen, Nachschlüsseln und einer Haarnadel aus den Beständen seiner Mutter hervor.
Justus und Bob nickten stumm. Dann liefen sie um das Haus herum, durch einen schmalen Garten, der ohne Zaun in das Nachbargrundstück überging. Peter kam von der anderen Seite. An der Haustür signalisierten sie sich: »Keine Gefahr, niemand zu sehen«.
Der Zweite Detektiv hielt den Atem an, als er die Treppen zum Eingang hinaufsprang. Lautlos fingerte er nach einem mittelgroßen Dietrich. Er führte ihn in das Schlüsselloch ein, versuchte ihn zu drehen. Erfolglos. Justus und Bob beobachteten ihn nervös. Mit zwei sicheren Handgriffen wechselte Peter den Dietrich gegen die Haarnadel und bearbeitete das Schloss. Mit einem leisen Knacken sprang die Tür auf.
Justus übernahm das Kommando. »Du stehst draußen Schmiere«, sagte er tonlos zu Bob. »Wenn wir in zehn Minuten nicht zurück sind, haust du ab und alarmierst Capistrano.«
Peter deutete ungeduldig auf den offenen Spalt und drückte die Tür vorsichtig nach innen. Trotzdem war ein Rasseln zu hören. In Augenhöhe der Jungen spannte sich eine Kette.
Und dann ging die Tür ganz langsam zu, wie von Geisterhand bewegt. Der Erste Detektiv spürte, wie ein Schauer über seinen Rücken lief. Atemlos starrten sie in den schmaler werdenden Spalt. Im Zeitlupentempo verschwand leise rasselnd die Kette. Die Tür öffnete sich. Alles war totenstill. Zu sehen war niemand. Die drei ??? blickten sich ratlos an. Und dann setzte Justus als Erster den Fuß in das Dunkel.
Labyrinth ohne Ausweg
Justus’ Augen konnten sich nicht gleich von der hellen Schneelandschaft auf das Dämmerlicht umstellen. Er machte
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