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Geisterstunde

Geisterstunde

Titel: Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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Desinteresse an der Erbschaft. Vielleicht gibt es ja einen ganz anderen Grund für die Mordserie.«
    »Möglich.« Ich bin ja nicht blöd. Natürlich hatte ich diesen Gedanken auch schon in Betracht gezogen. Aber mir war einfach nichts anderes eingefallen. Die Erbschaft war der einzige halbwegs vernünftige Grund, der dieses Blutvergießen rechtfertigen konnte. Das sagte ich Doom auch. »Aber ich bin offen für jeden anderen Vorschlag. Tatsächlich.«
    Er überlegte. »Wie stark sind Eure beiden Untersuchungen voneinander getrennt?«
    Ich erklärte es so, wie ich es sah. Morpheus knurrte mißbilligend. Er fand meine Perspektive zu eingeengt.
    »Um Himmels willen!«
    »Wie?«
    Doom starrte an mir vorbei auf etwas hinter mir. Ich drehte mich um.
    Jennifer stand in der Tür.
    »Um Himmels willen.« Wie gesagt, ich war ein Prachtexemplar an Schlagfertigkeit.
    Sie sah aus wie der leibhaftige Tod.
    »Komm her, mein Kind!« befahl Doom. »Sofort.«
    Ich stand auf und legte ihr einen Arm um die Taille. Sie konnte kaum gehen, so schwach war sie. »Garrett …« Sie hatte Tränen in den Augen.
    Mehr sagte sie nicht. Ich führte sie zu meinem Stuhl. Dort war es heller. Aber das Licht machte ihren Anblick nicht besser. Jennifer hatte fast dieselbe Gesichtsfarbe wie der Alte. »Es ist hinter ihr her«, krächzte ich. »Das Gespenst.«
    Doom betrachtete sie lange, bevor er sprach. »Ja.«
    Auch Morpheus sah sie an, dann richtete er seinen Blick auf mich. »Garrett, laß uns spazieren gehen. Doc, tun Sie für sie, was in Ihrer Macht steht. Wir kommen sofort zurück.«
     
    Ich war erschüttert und sagte kein Wort, bis Morpheus mich nach oben führte. »Was machen wir?«
    »Das Gespenst lutscht den Alten seit einem Jahr aus, richtig? Und es hat in der ganzen Zeit sonst niemanden angezapft?«
    »Stimmt.« Wir strebten auf meine Suite zu.
    »Etwas hat das anscheinend zwischen gestern abend und heute morgen geändert.«
    Wir erreichten den vierten Stock. Ich keuchte und nahm mir noch einmal vor, zu trainieren. »Wahrscheinlich. Aber was?«
    Er öffnete die Tür mit meinem Schlüssel und hielt sie auf. Sobald wir drinnen waren, nahm er das Porträt der blonden Frau vom Kamin. »Wo hast du die Nacht verbracht, Garrett?«
    Ich sah erst das Bild an, dann Morpheus. Mir fiel ein, daß ich sie gesehen hatte, als ich in meine Suite zurückgeschlichen war. »Oh.« Mehr sagte ich nicht. Das war ein ziemlich dicker Brocken, wenn es stimmte.
    Morpheus trat mit dem Gemälde auf den Flur. Ich trottete hinterher. »Es wird Zeit, daß alle ihren Senf zu diesem Bild dazugeben.«
    »Morpheus, es ist nicht möglich.«
    »Vielleicht nicht. Hoffentlich nicht.« Manchmal kann er gnadenlos sein. Seine Stimme war so scharf wie ein Tranchiermesser.
    Wir kehrten zu Doom und Jennifer zurück. Der Doktor war beunruhigt. Ihr jedoch ging es sichtlich besser. Anscheinend hatte er etwas für sie getan. Sie war jedenfalls kräftig und wach genug, um ihre Schokoladenseite herauszukehren, als ich eintrat. Morpheus legte das Bild mit dem Gesicht nach unten auf einen Tisch neben uns. »Peters? Würden Sie alle herholen? Garrett möchte etwas vorführen.«
    Peters hatte sich um Jennifer gekümmert. Jetzt blickte er mich an. »Bitte«, sagte ich.
    »Den General auch?«
    »Auf ihn können wir im Augenblick noch verzichten.«
    Er war länger fort, als ich erwartet hatte. Den Grund erfuhr ich, als er wiederkam. »Kelle und Kaid waren oben und haben den General gefüttert. Garrett, er ist fast tot. Er kann sich nicht mal mehr hinsetzen und bekommt kein Wort heraus. Er scheint einen Schlaganfall erlitten zu haben. Oder jemand hat ihm fast den ganzen Lebenssaft ausgesaugt.«
    Doom lauschte aufmerksam, sagte aber nichts.
    »Wie schnell werden sie hier sein?«
    »Sobald sie ihn saubergemacht haben. Er hat ins Bett geschissen. Das ist ihm noch nie passiert. Er hatte immer Kaid oder Dellwood rufen können. Meistens reichte die Zeit sogar noch, um es bis auf seinen Topf zu schaffen.«
    Danach gab es nicht mehr viel zu sagen. Ich beobachtete Doom, der sich um Jennifer kümmerte, die sich zusehends erholte. Und ich versuchte, nicht daran zu denken, was Morpheus in seiner wortkargen Art angedeutet hatte.
    Es gibt Dinge, die man einfach nicht glauben will.
     
    Kaid und Kelle kamen herein. Kelle meckerte über die Unterbrechungen in ihrem Tagesablauf. »Setzen Sie sich bitte«, sagte Morpheus. »Garrett?«
    Ich wußte, was ich zu tun hatte. Ich wehrte mich dagegen, aus Gründen, die

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