Geisterstunde
darüber sprechen … Aber ein Rätsel habe ich noch für dich. Warum hat Eleanor so getan, als wäre sie Morpheus? Und wie hat sie es so gut machen können, daß ich keinerlei Verdacht geschöpft habe?«
Sie hat es getan, weil sie mehr über dich wissen wollte. Vermutlich liegt das an deinem fatalen Charme. Du bist ihr einfach aufgefallen. Und das Wie ist ganz einfach. Vor allem für jemanden mit ihren Vorfahren. Sie hat einfach deinen Verstand geöffnet und sich zu einem Spiegel gemacht. Sie mußte nichts über Mr. Ahrm wissen, sondern nur dafür sorgen, daß du an ihn dachtest. Du hast die ganze Arbeit geleistet. Fast wie in einem Traum.
Daraus folgerte etwas, was mir nicht gefiel. Sollte Eleanor in meinem Kopf gewesen sein, dann hatte sie auch gewußt, warum ich da war. Sie hätte mir vermutlich jederzeit etwas über Jennifer verraten können. Sie hätte einige Leben retten … Ich wollte nicht weiter darüber nachdenken. »Das ist ein bißchen viel, um es so einfach schlucken zu können.«
Sieh hin.
Plötzlich war der Fleischberg verschwunden, und an seiner Stelle hockte ein Kerl namens Denny Täte. Er wirkte ganz real und wir plauderten über Dinge, die der Tote Mann unmöglich wissen konnte.
Ein sehr gründlicher Beweis. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Denny Tate war nämlich schon seit mehr als einem Jahr tot. Eine gute Wahl des Toten Mannes. Ich konnte es kaum einen Trick nennen. Er war niemand, den man mit einem kleinen Taschenspielertrick hereinschmuggeln konnte. Und Denny war einer der wenigen mir wichtigen Menschen, der vorzeitig ohne Gewalt gestorben war. Der blöde Sack war vom Pferd gefallen und hatte sich das Genick gebrochen. »Genug, alter Knochen. Ich bin bekehrt.«
Denny Tate verschwand. Was an seiner Stelle erschien, war häßlich wie die Nacht, aber ich sagte es ihm nicht. Nicht heute.
Meine Stimmung war nicht besser geworden. Ich hätte ihn fast gebeten, Eleanor zu materialisieren.
Mann, man konnte einen Riesenschwindel aufziehen, indem man tat, als beschwöre man die lieben Verstorbenen aus dem Grab.
Denk an etwas anderes, schlug der Tote Mann vor.
»Mit Vergnügen, alter Lachsack. Aber so einfach ist das nicht.« Mist, ich konnte gar nichts. Nicht mal, mich richtig besaufen. Ich war nur ein winziges bißchen benebelt.
Du brauchst eine Ablenkung.
»Genau.« Also los, beschwöre mir ein Wunder, alter Knochen.
Jemand hämmerte an die Haustür.
Der Tote Mann ist wirklich tot, jedenfalls körperlich. Aber ich hätte schwören können, daß er grinste.
»Öffnen Sie selbst, Mr. Garrett?« rief Dean aus der Küche. »Ich bin hier mitten in der Arbeit und hab beide Hände voll.«
Knurrend stolperte ich den Flur entlang und riß die Tür auf, ohne mich damit aufzuhalten, durch das Guckloch zu linsen.
»Maya?«
»Hi, Garrett.« Strahlend und dreist, als wäre sie nur mal kurz um die Ecke gewesen, um Luft zu schnappen, kam sie herein. Sie schien sich wie zu Hause zu fühlen. Was sie auch war.
Als ich die Tür schloß, erblickte ich Morpheus Ahrm, der gegenüber grinsend an einer Hauswand lehnte, damit sie nicht umfiel.
Dieser gerissene Mistkerl. Er hatte Dojango vorausgeschickt, damit der das hier vorbereitete. Bestimmt hatte er die ganze Zeit gewußt, wo Maya steckte. Vielleicht hatten alle es gewußt.
»Schön, daß Sie wieder da sind, Miss Maya«, rief Dean aus der Küche. »Das Essen ist in einer Minute fertig.« Er machte sich nicht mal die Mühe, so zu tun, als müsse er erst nachsehen, wer gekommen war.
Sie hatten mich reingelegt, alle miteinander.
Maya nahm meine Hand und führte mich den Flur entlang in mein Schlafzimmer. Eine Sekunde lang spielte ich mit dem Gedanken, beleidigt zu sein, weil sich alle gegen mich verschworen hatten. Aber ich wollte nicht zu viel Zeit darauf verwenden.
Maya war da.
Ich war abgelenkt. Irgendwie.
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