Geisterstunde
eine neue Rekordhöhe. »Ist das die Empfehlung deines Quacksalbers?«
Sein Lächeln war ein wenig gezwungen. »Sieht so aus.«
»Heh!« rief Dojango, der meinen Mangel an Begeisterung spürte. »Doc Doom ist erste Klasse, tatsächlich. Ein echter Geisterdompteur. Exorzist, Dämonologe, Geistermedium. Eben das ganze Drum und Dran. Er betreibt sogar irgendwie ein bißchen Geisterbeschwörung. Allerdings werden diese Fähigkeiten nur selten in Anspruch genommen. Er ist irgendwie nicht reinrassig. Wie viele Menschen würden wohl einen Nicht-Menschen beauftragen, Onkel Fred zu beschwören, damit der verrät, wo er das Familiensilber versteckt hat, bevor er in die Grube gefahren ist? Versteht ihr? Also muß der Doktor sehen, wie er irgendwie seine Taler zusammenkratzt. Meistens handelt er mit Patienten. Heh, ich hol ihn her und führe ihn zu euch, dann könnt ihr selbst urteilen.« Er wirbelte herum und rannte auf die Kutsche zu, deren Passagier bisher noch nicht ausgestiegen war.
Er stolperte fast die Treppe herunter. »Ich glaub’s nicht«, murmelte ich. »Der Alte würde sich ins Höschen machen, wenn er das sehen müßte.«
Morpheus knurrte zustimmend. Seine Augen waren glasig.
Roze kam zurück. »Doc Doom ist tatsächlich irgendwie ein schräger Vogel. Gebt ihm Raum und etwas Geduld, ihr wißt schon, oder?«
»Nein«, erwiderte ich. »Weiß ich nicht. Hoffentlich ist er nicht zu merkwürdig. Schräge Vögel gibt’s hier in rauhen Mengen. Und meine Geduld für noch mehr von der Sorte ist erschöpft.«
Dojango grinste und schaffte es zu verschwinden, ohne sein Lieblingswort ›Irgendwie‹ zu benutzen. Er lief zu dieser albernen Kutsche, die so grellbunt bemalt war, daß sie uns an einem Sonnentag sicher geblendet hätte. Mischlinge umschwärmten sie, und ein Paar öffnete einen gigantischen Sonnenschirm. Ein anderer stellte einen Tritt vor die Tür. Der nächste rollte einen Baumwollteppich von diesem Tritt zu den Stufen der Treppe, die zum Haus führte.
Morpheus und ich warfen uns vielsagende Blicke zu.
Dojango öffnete die Tür und verbeugte sich.
In der Zwischenzeit hatten die Grolle auf dem Rasen den reinsten Zirkus aufgeschlagen.
»Kennst du den Kerl?« fragte ich Morpheus.
»Irgendwie schon«, erwiderte er lächelnd. »Angeblich soll er der richtige Mann für so was sein. Wie Dojango gesagt hat.«
Kaid schnalzte verächtlich mit der Zunge und verschwand im Haus.
Eine Gestalt von gut zwei Metern Größe und etwa dreihundert Kilo Lebendgewicht wuchtete sich aus der Kutsche. Man konnte nicht sofort erkennen, worum es sich eigentlich handelte. Es war in soviel schwarzen Stoff eingewickelt, daß es wie ein Wanderzelt aussah. Und zwar eins, das über und über mit mystischen, silbernen Symbolen bestickt war. Eine große Hand tauchte aus dem Stoff auf und machte eine gütige Geste an seine Untergebenen. Einer der größeren Mischlinge holte etwas aus der Kutsche und pflanzte es dem Meister auf den Schädel. Woraufhin er noch mal einen Meter größer wurde. Das wäre genau der passende bizarre Kopfschmuck für Priester gewesen.
Er schritt wie der Star einer Krönungsprozession auf uns zu.
»Sind Sie Doc Doom?« fragte ich, als er vor mir stand. »Nennen Sie mir einen guten Grund, aus dem ich Sie nach der Show, die Sie da abziehen, noch ernst nehmen sollte.«
Dojango hüpfte herum wie ein Hündchen. Er war außer sich. »Heh, Garrett. So kannst du irgendwie nicht mit Doktor Doom reden.«
»Ich rede so mit Königen und Zauberern. Warum sollte ich für einen Clown eine Ausnahme machen? Packen Sie Ihr Zelt wieder ein und machen Sie sich auf den Weg. Der Schwachkopf, der Sie geschickt hat, hat einen Fehler gemacht.«
»Garrett, reg dich nicht auf«, mischte Morpheus sich ein. »Der Mann ist gut. Vielleicht neigt er einfach nur zu dramatischen Auftritten und hat ein etwas aufgeblasenes Selbstbewußtsein.«
»Das kann man wohl sagen.«
Bis jetzt hatte Doom kein Wort gesagt. Und daran änderte sich auch nichts. Er machte eine Handbewegung. Ein weiblicher Mischling, die neben ihm gestanden hatte, trat vor. Sie war etwa einsfünfzig groß und eine Mischung aus Zwerg und Riese. Was sie extrem häßlich machte. »Der Doktor sagt, er entschuldigt Ihre Unverschämtheit diesmal, weil Sie nicht wissen, wer er ist. Aber da Sie es jetzt tun …«
»Und tschüß.« Ich drehte mich um. »Sergeant, Morpheus … wir müssen an die Arbeit. Vielleicht besorgen Sie uns ein Pferd, Sergeant. Wir müssen vielleicht jemanden
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