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Geisterstunde

Geisterstunde

Titel: Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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wäre anders für dich gewesen. Ich wünschte, du hättest in meiner Zeit leben können. Oder ich in deiner.« Ich meinte es wirklich ernst.
    Sie streckte die Hand aus. Ihre Berührung war sanft wie eine Schwanenfeder, die über meine Wange strich. Ihr Lächeln war schwach und verzeihend. Ich versuchte, zurückzulächeln, aber es gelang mir nicht.
    Es gibt viel Böses in der Welt. Das ist die Natur der Dinge. Aber trotzdem ist es schwer, es zu akzeptieren. Denn das, was Eleanor Stantnor erlitten hatte, mochte sie daran schuld sein oder nicht, war weit schlimmer als einfach nur böse. Es war eine Art von Grausamkeit, die menschliche Fähigkeiten bei weitem übersteigt und direkt auf Rechnung der Götter geht. Es war die Art Böses, das mich zu einem wahrhaft gottlosen Menschen gemacht hat. Ich kann einfach diesen himmlischen Scheißkerlen nicht verzeihen, daß sie solche Dinge Menschen widerfahren lassen, die sie schlicht nicht verdient haben.
    General Stantnor würde in der Hölle schmoren, aber ihn traf nicht die ganze Schuld. Genausowenig wie Eleanors Eltern. Ihre Mutter hatte nur versucht, sie zu beschützen. Die Schuld traf auch nicht nur die Gesellschaft. Wenn es überhaupt Götter gibt, dann verdienten sie genauso viele Höllenqualen.
    Ich blickte auf. Doom hatte anscheinend zum Endspurt angesetzt. Vielleicht hatte er einen kleinen Vorteil, weil sie von mir abgelenkt wurde. Sie hatte kaum noch Substanz, aber sie lächelte, als sie verging. Sie lächelte mich an. Vermutlich war ich der einzige Kerl, der jemals gut zu ihr gewesen war. Vielleicht können Sie sich vorstellen, wie mies ich mich dabei gefühlt habe.
    »Ruhe in Frieden, Eleanor.«
    Dann war sie verschwunden.
    Ich stürzte mich in wilder Wut auf das Grab und schaufelte wie ein Besessener, als wollte ich die Tore der Hölle freilegen und alle Übel dieser Welt den Schlund hinunterjagen. Als ich fast einen halben Meter tiefer gegraben hatte als nötig war, kam ich mehr oder weniger zur Besinnung. Ich kletterte aus dem Grab und schlurfte zum Haus. Ich war derartig lehmverschmiert, daß ich fürchtete, jemand könnte mich mit einem Zombie verwechseln.

 
41. Kapitel
     
    Ich blieb vor dem Haus auf dem Rasen stehen und plauderte mit Dojango und den beiden anderen Drillingen, aber ich war nicht so richtig bei der Sache. Nach fünf Minuten gab ich auf und ging hinein. Morpheus sah mir besorgt nach. Als ich fast die Treppe erreicht hatte, sagte er etwas zu Dojango und kam hinter mir her. Dojango seufzte. Es war ein Seufzer, den ich noch von früher kannte. Er besagte, daß ihn alle nur ausnutzten. Er zog seine Hose hoch und rannte die Auffahrt hinunter.
    Was sollte das denn?
    Ich betrat das Haus. Als ich an den toten Stantnor vorbeizockelte, erzählte ich ihnen, was ich von ihnen und ihrer Art und vor allem von dem letzten ihres Schlages hielt. Morpheus holte mich ein, als ich die Hälfte hinter mir hatte. »Geht es dir gut, Garrett?«
    »Nein. Ich bin innerlich vollkommen leer, aber ich atme noch. Ich krieg das schon hin. Diese sinnlose Bosheit in der Welt frustriert mich einfach. Ich erhole mich wieder.«
    »Ah. Der wahre Garrett. Bedauert, daß er kein Drilling ist, dann könnte er dreimal soviel Scheiße ausmisten.«
    Ich grinste schwach. »So in etwa.«
    »Man kann das nicht alles allein bewältigen.«
    Das kann man nicht. Aber es ist nicht einfach, das zu kapieren. Und auch wenn man es weiß, geht es einem trotzdem an die Nieren.
    Ein schrecklicher, metallischer Krach ertönte aus dem Hauptgang, gefolgt von einem hohen Schrei, der wie der Todesschrei eines Kaninchens klang. Wir stürmten gleichzeitig durch die Tür und stießen zusammen.
    Kaid lag zwei Meter von der Stelle entfernt, an der Schocke gelandet war. Eine Rüstung hatte ihn erschlagen, aber er war nicht tot. Noch nicht ganz. Ich mußte unwillkürlich an einen zerquetschten Käfer denken. Seine Glieder zuckten noch.
    Sie kamen zur Ruhe, bevor wir die Rüstung von ihm gehoben hatten. Als ich mich niederkniete, brach sein Blick.
    »Dann war es nur noch einer«, flüsterte Morpheus.
    »Und jetzt weiß ich endlich, welcher.« Ich haßte mich dafür. Denn ich hätte früher darauf kommen müssen. Es lag alles ganz klar vor mir. Doktor Doom hatte recht gehabt. Ich hatte es die ganze Zeit unter einem falschen Aspekt betrachtet. Aber wir alle übersehen, was wir nicht sehen wollen. Ich hatte mich einfach zu sehr auf das Motiv konzentriert, und war von dem einzigen Motiv, das ich erkannte, geblendet

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