Gejagt
in Gefahr bin, weil du hier bist. Es geht darum, ob
du
in Gefahr bist.« Ich warf Erik einen strengen
Halt-endlich-den-Mund
-Blick zu.
»Ja, ich weiß, diese ekligen Pseudojungvampyre, die mich fressen wollten, als ich zum letzten Mal hier war. Ich weiß wirklich nicht mehr genau, was damals alles passiert ist, aber es reicht ja wohl, dass ich das hier mitgebracht hab.« Er griff in die Tasche seiner Camouflage-Jacke von Carhartt und zog eine kleine, gefährlich aussehende Pistole mit extra kurzem Lauf heraus. »Gehört meinem Dad«, erklärte er stolz. »Ich hab sogar Ersatzmuni dabei. Ich dachte, wenn mich wieder jemand fressen will, kann ich diejenigen, die du nicht abfackeln kannst, erschießen.«
»Heath, jetzt sag nicht, dass du mit einem geladenen Schießeisen in der Tasche rumläufst«, sagte ich.
»Ich bin doch kein totaler Depp, Zo. Die Waffe ist gesichert, und die erste Patrone im Clip ist leer.«
Erik schnaubte sarkastisch. Heath verengte drohend die Augen.
Ich ergriff schnell das Wort, ehe sie in der testosterongeschwängerten Luft anfingen, sich mit den Fäusten gegen die Brust zu trommeln. »Die Jungvampyre fressen keine Menschen mehr, also wirst du niemanden erschießen müssen. Mit ›du könntest in Gefahr sein‹ meinte ich die Rabenspötter.«
»So, jetzt hat sie deine Frage beantwortet. Also, was war das mit den ›Gangmassakern‹?«
Heath zuckte mit den Schultern. »Kommt doch überall in den Nachrichten. Okay, der Strom ist manchmal weg, und Kabelfernsehen hatten wir auch den ganzen Tag keins, ganz abgesehen von dem Mist mit den Handys. Aber es heißt, gestern Nacht wär irgendeine Gang Amok gelaufen, so ’ne Art Neujahrs-Initiationsritual. Chera Kimiko auf Fox News hat von ’nem Blutbad geredet. Und die Bullen waren nicht schnell genug da, wegen des Sturms. In Tulsa-Mitte sind einige Leute umgekommen, das war ’n ganz schöner Schock, weil Tulsa-Mitte ja nicht unbedingt die Mega-Gang-Zone ist, deshalb stehen jetzt ’n paar reiche Weiße Kopf. Das Neueste, was ich gehört hab, ist, dass sie die Nationalgarde herbeordern wollen, auch wenn die Bullen meinen, sie hätten alles unter Kontrolle.« Er verstummte, und ich konnte praktisch sehen, wie sich in seinem Gehirn die Rädchen drehten. »Hey! Tulsa-Mitte! Das ist doch da, wo das House of Night steht.« Er sah von Erik zu mir. »Also hatte es gar nix mit Gangs zu tun. Das waren diese Rabendinger.«
»Brillant«, murmelte Erik.
»Ja, es waren die Rabenspötter«, sagte ich eilig, bevor er und Erik sich wieder verbal duellieren konnten. »Sie haben den Angriff zu dem Zeitpunkt gestartet, als wir aus dem House of Night geflohen sind. Sag mal, davon, dass Menschen von seltsamen Wesen angegriffen wurden, war nirgends die Rede?«
»Nee. Es hieß immer nur, es wär ’ne Gang. Einigen wurden die Kehlen aufgeschlitzt. Passt das zu den Rabenspöttern?«
Ich dachte daran zurück, wie mich einmal im House of Night einer angegriffen hatte, womit beinahe eine der beiden Todesvisionen in Erfüllung gegangen wäre, die Aphrodite von mir gehabt hatte. Er hatte versucht, mir die Kehle aufzuschlitzen – und das zu einem Zeitpunkt, bevor die Rabenspötter ihre physischen Körper ganz zurückhatten. Mir lief ein Schauder den Rücken hinunter. »Ja, scheint so, als würden sie das ganz gerne machen. Aber ich weiß echt nicht viel über sie. Grandma weiß mehr, aber die haben dafür gesorgt, dass sie einen Autounfall hatte.«
»Was? Grandma hatte ’nen Unfall? Verdammt! Wie furchtbar, Zo. Kommt sie wieder in Ordnung?« Heath war wirklich erschüttert. Er war der totale Grandma-Fan und hatte sie öfter, als ich zählen konnte, mit mir zusammen auf ihrer Lavendelfarm besucht.
»Wird sie. Muss sie«, sagte ich fest. »Sie ist im Keller vom Benediktinerinnenkloster, drüben an der Ecke Lewis-Einundzwanzigste. Die kümmern sich da um sie.«
»Keller? Benediktinerinnen? Hä? Sollte sie nicht im Krankenhaus sein?«
»War sie, aber dann ist Kalona auferstanden, und die Rabenspötter haben ihre ekligen Vogelmenschkörper wiederbekommen.«
Sein Gesicht krauste sich angeekelt. »Vogelmenschkörper? Klingt ungut.«
»Es ist sogar noch schlimmer, und verdammt groß sind sie auch. Und bösartig. Okay, Heath, hör mir bitte zu. Kalona ist ein Unsterblicher, ein gefallener Engel.«
»Mit ›gefallen‹ meinst du, er ist nicht mehr lieb und nett und hat Flügel und ’ne Harfe in der Hand?«
»Flügel hat er. Große schwarze«, sagte Erik. »Aber lieb und
Weitere Kostenlose Bücher