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Gekapert

Titel: Gekapert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuruddin Farah
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etwas auf dem Herzen, was er gerne loswürde?
    »Ich dachte, Sie wären Malik«, sagt der Mann.
    Malik fällt eine Aufführung von Edward Albees Drama Die Zoogeschichte ein. In New York sitzen zwei Männer nebeneinander auf einer Parkbank. Die beiden unterhalten sich und ihre Unterhaltung führt dazu, daß einer der beiden den anderen umbringt. Egal, was will dieser Mann eigentlich?
    »Was, wenn ich Malik wäre?« fragt er.
    Der Fremde holt ein kleines Stück Papier aus seiner Tasche, schreibt eine Handynummer darauf, gibt es Malik und sagt: »Rufen Sie mich an, wenn Sie etwas Zeit haben.« Dann geht er ohne einen weiteren Blick, ein weiteres Wort davon.
    Malik sucht in seinem Gedächtnis nach der geeigneten Reaktion, aber er wird nicht fündig. Er hält das Stück Papier, als stünde es in Flammen und könnte ihm gleich die Finger verbrennen, und hastet dem Mann nach. »Wer sind Sie und woher kennen wir uns?«
    »Ich saß mit im Minibus«, sagt Hilowleh, »Ich bin der Onkel eines der drei verletzten Journalisten für die zu zahlen Sie angeboten haben. Mir gehört eine Druckerpresse, eine der größten der Stadt, deshalb kenne ich viele Journalisten. Als erstes möchte ich Ihnen für Ihre Freundlichkeit danken.«
    Malik nickt, wartet darauf, daß der Mann weiterspricht.
    »Die Rechnung wird happig sein und ich biete Ihnen an, mich daran zu beteiligen, auch andere werden das tun«, sagt Hilowleh. »Aber es ist eine großzügige Geste, und es geziemt sich, daß wir uns dafür bedanken.«
    »Sie wollten sicherlich noch etwas anderes sagen, außer sich bei mir für eine Rechnung zu bedanken, die noch nicht gestellt wurde und die ich noch nicht bezahlt habe«, sagt Malik.
    Hilowleh nickt. »Stimmt.«
    Malik findet, daß Hilowleh seine Selbstzweifel so gut unter Kontrolle hat wie ein Kartenspieler, der sein gutes Blatt erst spät ausspielt.
    »Mir sind zufällig ein paar vertrauliche Fakten zu Ohren gekommen«, sagt Hilowleh schließlich, »ich bekomme so einiges mit, weil ich eine Druckerei habe und mein Neffe sich mir anvertraut.«
    Malik fühlt sich nicht in der Lage, in einem derartigen Nebel in See zu stechen, und wartet darauf, daß Hilowleh mit seinem wahren Anliegen herausrückt. »Was wollen Sie mir damit sagen?«
    »Werden Sie lange hierbleiben?«
    »Ich bleibe mit Sicherheit hier, bis ich die Rechnung bezahlt habe.«
    »Ich meinte, ob Sie lange im Land bleiben werden?«
    »Warum fragen Sie?«
    »Weil ich, wenn ich Sie wäre, so bald wie möglich abreisen würde.«
    Nach den Ereignissen ist Malik auch dieser Meinung; sobald er noch ein paar Interviews gemacht hat, wird er abreisen.
    »Soweit ich verstanden habe, hatten Sie Glück, daß Sie noch am Leben sind«, versichert Hilowleh ihm. »Wenn Sie mich fragen, besteht Einigkeit darüber, daß Gumaad die ganze Zeit über eine Spuren des Verrats hinterlassende Schlange war, weil er keinen einzigen Satz zustande brachte, der gut genug war, um veröffentlicht zu werden. Mein Ratschlag lautet: Reisen Sie bald ab, verlassen Sie dieses verfluchte Land, solange es noch geht.«
    Ohne seine Reaktion abzuwarten, geht Hilowleh.
    Qasiir, von einem Chirurgen begleitet, findet einen grübelnden Malik vor. Der Chirurg teilt Malik mit, daß die drei verletzten Journalisten außer Lebensgefahr seien und nun auf der Intensivstation ihre Narkose ausschliefen. Er gibt ihm eine Visitenkarte, auf der Name, Privat- und Handynummer stehen.
    »Was ich auf die Rückseite geschrieben habe, weil ich dachte, daß ich Sie nicht mehr zu sehen bekomme, gilt. Sie können mich jederzeit anrufen. Ich habe die ganze Woche Dienst. Machen Sie sich keine Sorgen wegen der Rechnung. Der Onkel eines der Journalisten hat sich bereit erklärt, alle Kosten zu übernehmen. Wenn Sie sich also fit fühlen, gehen Sie ruhig. Und vielen Dank.«
    Auf dem Weg zu Cambara und Bile teilt Qasiir Malik mit, daß er auf ihre Anweisung hin seine Sachen bereits in den Anbau gebracht habe.
    »Ich wünschte, du hättest mir vorher was gesagt.«
    Qasiir zuckt die Schultern, als wollte er die Sache herunterspielen.
    »Wie du siehst, geht es mir so gut, daß ich selbst Entscheidungen treffen kann. Und tot bin ich auch nicht«, sagt Malik verschnupft. »Erst wenn ich tot bin, können andere, zum Beispiel Cambara und Bile, entscheiden, was sie mit meinen persönlichen Sachen machen.«
    »Ich habe nur Anweisungen befolgt«, sagt Qasiir.
    Nach kurzem Nachdenken führt Malik seine Gereiztheit darauf zurück, daß er mit niemandem

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