Gekapert
über seine Begegnung und das Gespräch mit Hilowleh reden möchte. Er haßt diese »Habe ich es dir nicht gesagt«-Pose, in die sich die anderen werfen würden, wenn ihm etwas zustieße.
Im Autoradio hören sie, daß neun burundische Soldaten, die der AMISOM , der Mission der Afrikanischen Union in Somalia angehören, getötet wurden, als ein Selbstmordattentäter auf ihr Grundstück raste.
Vor Cambara und Biles Haus steigt Malik vorsichtig aus dem Auto und legt die Hand auf die Klingel am Tor, drückt sie aber nicht. Eine Mischung aus Schmerz und Erschöpfung läßt ihn hin und her schwanken, ihm dreht sich der Kopf, sein gesamter Körper fängt wieder zu schmerzen an, seine Füße fühlen sich an, als wären sie aus Blei. Qasiir drückt für ihn die Klingel und wartet, bis Cambara bei ihnen ist. Dann bringt er Maliks Koffer und die Laptoptasche in den Anbau.
Cambara begrüßt Malik und drückt ihn an sich. Seite an Seite gehen sie langsam zum Anbau. Ihr ist der langsame Schritt der Kranken vertraut, und sie stützt ihn geschickt. Bile kommt hinzu, bringt einen Beutel mit Schmerztabletten und entzündungshemmenden Medikamenten, wartet darauf, Malik gründlich untersuchen zu können. Sie bieten ihm an, er könne im Haupthaus übernachten, aber davon will er nichts hören.
»Mir gefällt diese Beule auf deiner Stirn nicht«, sagt Bile. »Sie sieht ziemlich scheußlich aus.«
»Du siehst nicht nur schlecht aus, du scheinst auch etwas Fieber zu haben«, sagt Cambara. Und wie zum Beweis berührt sie mit ihrer kühlen Hand seinen warmen Kopf.
Bile hat sich im einzigen Sessel im Zimmer niedergelassen, Cambara auf der Kante des Betts, in dem Malik liegt. Sie stellen ihm Fragen über die Explosion. Er erzählt ihnen die Einzelheiten, die er bereits ausgearbeitet hat und niederzuschreiben gedenkt.
Nachdem Malik seine Schilderung beendet hat, zeigt Malik Cambara die Tasche, in die er seine verschmutzten Sachen gesteckt hat. Dann geht er ins Badezimmer, um sich die Hände zu waschen und im Spiegel seine Stirnbeule zu begutachten. Bile versorgt ihn mit Tabletten, und als Malik ihm sagt, er sei entschlossen, den kurzen Artikel zu schreiben, den er seinem Redakteur versprochen habe, richtet Cambara ihm einen Tisch her.
Endlich allein, verfaßt er mehrere Versionen der Tagesereignisse und verschickt den kurzen Artikel per Mail – schade, daß er keine Fotos mitschicken kann. Die Arbeit an einem längeren Artikel verschiebt er auf den nächsten Tag, aber ehe er erschöpft und immer noch mit Schmerzen ins Bett geht, ruft er Ahl an, um ihn auf den neuesten Stand zu bringen und sich nach Taxliil zu erkundigen.
Ahl brennt darauf, sich zu unterhalten. Todmüde fragt Malik, ob er kurz mit Taxliil reden könne, »bloß um nach so langer Zeit endlich die Stimme meines Neffen zu hören.«
»Taxliil ist nicht in der Stimmung, mit irgend jemandem zu reden.«
»Sagt wer?« fragt Malik gereizt.
»Ich sage es, er sagt es, spielt es eine Rolle, wer es sagt?«
Wie eine ansteckende Krankheit hat sich bei uns allen Nervosität und Anspannung breitgemacht, denkt Malik. Er selbst ist höchst nervös wegen der Drohungen, über die Hilowleh Andeutungen gemacht hat, genauer gesagt, es bedrückt ihn, mit niemandem darüber sprechen zu können, was schon eine Belastung an sich ist. Ahl macht die Ungewißheit von Taxliils Situation zu schaffen; Taxliil ist nervös wegen dem, was er gerade durchgemacht hat und weil nicht klar ist, ob seine Sicherheit weiterhin gewährleistet werden kann. Sie müssen in dieser Zeit, in der sie so sehr auf die Probe gestellt werden, die Ruhe bewahren. Er beschließt, daß es Zeit ist für Kompromisse.
»Womit kann ich dir denn eine Freude machen?«
»Sprich mit Fidno und seinem Freund«, sagt Ahl.
»Kommt Namenlos auch mit?« fragt Malik.
»Namenlos kommt nicht«, sagt Ahl. »Statt dessen wird Fidnos Komplize, Il-Qayaxan, von seinen Freunden Isha genannt, mitkommen.«
»Und wie paßt dieser Isha ins Bild?« fragt Malik.
»Sprich bitte einfach mit ihnen«, entgegnet Ahl.
»Wo ist Fidno jetzt?«
»Fidno und Isha sind beide in Mogadischu und warten auf deinen Anruf«, sagt Ahl. »Ich gebe dir beide Telefonnummern. Arrangiere bitte morgen ein Treffen mit ihnen, an einem Ort und zu einem Zeitpunkt deiner Wahl.«
Malik notiert sich die Telefonnummern und legt auf. Ihm gehen Hilowlehs Worte im Kopf herum, und er ruft Qasiir an, bittet ihn, so zu tun, als wäre er sein Assistent und wollte ein Treffen mit Fidno
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