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Gekapert

Titel: Gekapert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuruddin Farah
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Taxliil mit dem Paß nur bis Dschibuti, dort benötigen Somalier für die Einreise kein Visum. Für die Einreise in die Vereinigten Staaten wird er allerdings eines brauchen, und das ist auch unter günstigsten Voraussetzungen nur schwer zu ergattern.
    Momentan gibt es ein dringenderes Problem: Taxliil weigert sich, sein Zimmer zu verlassen, will allein sein, nicht einmal in Erwägung ziehen, die Kleider anzuprobieren, die Xalan ihm gekauft hat. Sie und Ahl versuchen, ihn herauszulocken.
    »Wie verlief denn euer Gespräch, bevor er sich nach oben verzogen hat?« fragt Xalan.
    Ahl erzählt ihr alles.
    »Du hast ihn wahrscheinlich zu Tode erschreckt«, sagt Xalan.
    »Das wollte ich aber gar nicht.«
    »Vielleicht denkt er, daß man ihn nach Guantánamo bringt.«
    »Ich habe nichts dergleichen gesagt. Ich habe ihn nur auf das vorbereitet, was eventuell passieren kann.«
    Sie schweigen lange.
    Ahl ruft Malik an, teilt ihm mit, daß er und Taxliil am nächsten Tag nach Dschibuti fliegen. Er fragt, wie lange Malik noch bleiben wolle, und wie schon zuvor entscheidet sich Malik, ihm zu verschweigen, wie sehr er momentan um seine Sicherheit fürchtet. Er sagt lediglich, er wolle noch ein paar weitere Interviews führen und dann abreisen. Ahl teilt ihm die guten Nachrichten über die Flugtickets und den Paß mit, und Malik freut sich mit ihm. »Vielleicht sehen wir uns früher als gedacht.«
    Dann ruft Ahl Jeebleh an und informiert auch ihn über den aktuellen Stand der Dinge. Kurz bevor sie sich verabschieden, erwähnt er, daß er Malik dazu gebracht hat, einem Interview mit Fidno und einem seiner Kumpane zuzustimmen. Jeebleh ist auf beide Brüder wütend und sagt es auch. »Warum bringst du sein Leben in Gefahr, indem du ihn dazu überredest, in einem Hotelzimmer gleich zwei Kriminelle auf einmal zu befragen? Das ist viel zu gefährlich. Ist dir überhaupt bewußt, was du da angerichtet hast?«
    »Ich bin Fidno zu Dank verpflichtet«, sagt Ahl.
    »Einem Kriminellen ist man nie zu Dank verpflichtet«, sagt Jeebleh.
    »Tja, ich schon«, erwidert Ahl scharf. »Wir verdanken es seinem Eingreifen, daß Taxliil wieder aufgetaucht ist.«
    »Was ist bloß in dich gefahren?« fragt Jebleeh.
    »Ich liebe meinen Sohn«, sagt Ahl.
    »Wie kannst du dich Malik gegenüber nur so gedankenlos verhalten?« ruft Jeebleh.
    »Was soll ich denn tun?«
    »Ich möchte, daß du über das, was du getan hast, nachdenkst, darüber, in welche Gefahr du deinen Bruder gebracht hast.«
    »Die Sache ist uns aus den Händen genommen«, sagt Ahl.
    Wütend unterbricht Jeebleh die Verbindung.

M alik steht in der Küche von Bile und Cambara und macht Frühstück. Er war beinahe die ganze Nacht wach, nach seinem Gespräch mit Jeebleh konnte er nicht schlafen. Das Interview mit Fidno und Isha abzusagen zieht er nicht in Erwägung. Das wäre feige, vor allem, weil er dem Andenken jener gerecht werden will, die bei der Ausübung ihres Berufs getötet wurden – den Journalisten, den Dajaals und auch den vielen unschuldigen Zivilisten, die durch die Barbarei der Äthiopier, der Al-Schabaab und einem halben Dutzend weiterer Mitglieder der Fünften Kolonne bis zur Unterwerfung terrorisiert worden sind. Er wird wie abgesprochen dieses eine Interview führen und dann morgen nach Nairobi fliegen.
    Das Frühstück besteht aus frischem Gemüse, Käse, Orangenschnitzen und Resten vom Vorabend, darunter ein Linsengericht. Cambara trinkt ihren Milchkaffee gern aus einem großen Becher, Bile mag ihn mit einen halben Löffel Zucker drin, sie mag Leber kurz angebraten, Bile gut durch.
    Cambara erscheint am Tisch in einem bunten Baumwollkleid, sie trägt keinen BH , als wollte sie den neuen Erlaß der Al-Schabaab befolgen, daß Somalierinnen derartige unislamische, nach amerikanischem Vorbild gebaute Brusthalterungen nicht tragen sollten. Ist ihr klar, wie sehr sich Malik nach weiblicher Gesellschaft sehnt, besonders als sie während ihrer Umarmung ihre vollen Brüste an ihn preßt?
    Welch schöne Überraschung, daß Bile sich zu ihnen gesellt, er sieht besser aus und hat einen gesunden Appetit. Malik fällt auf, wie Bile und Cambara es genießen, einander zu berühren, wann immer sich ein Vorwand bietet. Wie es ihm ginge, fragt Bile und besteht darauf, die Beule auf Maliks Stirn abzutasten, die zufriedenstellend abgeschwollen ist.
    »Hast du von dem morgendlichen Angriff auf Dhuusamarreeb gehört?« fragt Bile. Er erzählt Malik von einem Bericht der BBC : Eine von einem

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