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Gekapert

Titel: Gekapert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuruddin Farah
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Dajaal, unterstützt von Seamus, halfen ihr, wieder zu Kräften zu kommen sowie ihre Familie wiederzufinden und trotz der Drohungen von Extremisten ein Theaterstück zu inszenieren. Schließlich beschloß Cambara sich mit Bile zusammenzutun, und trotz ihrer unterschiedlichen Temperamente wurden die beiden ein Paar. Das Bedürfnis, beieinander zu sein, wurde zum Maßstab ihres Zusammenlebens.
    »Es fühlt sich an, als ob ich dich kennen würde, seit ich Bile kenne. Ich freue mich so, daß du da bist.«
    Als Dajaal gegangen ist, verhärten sich die Gesichtszüge des Wachdienstes, und er reißt die Augen auf, als Cambara Jeebleh umarmt und küßt und sich zwischen ihre Gäste stellt. Malik fragt sich, ob der Mann sie bei den Extremisten verpfeifen wird, weil sie sich einer derart unislamischen Vertrautheit hingeben.
    Bile liegt bäuchlings auf der Couch im Wohnzimmer, erst vor wenigen Tagen ist er aus Nairobi zurückgekehrt, wo er sich in einer Klinik einer Prostataoperation unterzogen hat. Aber als er sie kommen hört, springt er auf, um sie zu begrüßen. Er und Jeebleh umarmen sich lange, auch wenn Biles Arme zittern; die Worte ihres freudigen Wiedersehens klingen durchs Haus. Dann umarmt Bile auch Malik.
    Bile ist etwas wackelig auf den Beinen, und Jeebleh fällt auf, wie unterschiedlich sich das Alter auf sie beide ausgewirkt hat. Während er um die Taille zugelegt, einen Bauch und Tränensäcke bekommen hat, ist Bile im Gesicht schmaler geworden, das Kinn ist faltig und merkwürdig lang und wird von grauen, modisch getrimmten Barthaaren geziert. Dieses weltmännische Element schreibt er Cambara zu. Tatsächlich ist Bile ungewohnt elegant gekleidet, trägt ein Leinenhemd und eine flott geschnittene Hose. Cambara steht neben ihm, trägt selbstbewußt einen einfachen Kaftan mit passendem Schultertuch. Sie will die Freude ihrer Wiederbegegnung nicht stören, läßt das Gespräch dahinfließen, mischt sich ­selten ein, achtet aber genau auf die Stimmungsänderungen. Sie setzen sich an den Tisch, und während Cambara zwischen ­ihnen und der Küche hin- und herpendelt, fragt Bile Jeebleh nach seiner Familie und dem Enkelkind. Jeebleh erinnert sich daran, wie Seamus Biles Weigerung, sich von ihnen die Prostataoperation bezahlen zu lassen, obwohl er keinen Schilling in der Tasche hat, kommentiert hatte. »Typisch somalisch«, hatte Seamus gesagt, »diese geistlose Arroganz.«
    Das Essen kommt auf den Tisch und sie langen genießerisch schweigend zu. Malik hat viele Fragen. In einem Zimmer, in dem sich Kranke befinden, läßt es sich jedoch schlecht frei und ohne Hemmungen reden. Cambara bemerkt, daß Bile bereits Anzeichen von Erschöpfung zeigt, das kurze Gespräch hat ihn angestrengt. »E tu?« fragt sie Malik.
    »Es ist bizarr, an einen Ort zurückzukehren, an dem ich nie gewesen bin.«
    Interessiert rutscht Bile auf seinem Stuhl nach vorn, die Finger vor dem Mund, bemüht, einen häßlichen Vorderzahn zu verbergen, dem eine kleine Ecke fehlt. »Kann man an einen Ort zurückkehren, an dem man nie gewesen ist?« fragt er.
    »Ich wollte damit sagen, obwohl ich nie in Somalia gewesen bin, weiß ich eine Menge über das Land, weil meine Großeltern und mein Vater wünschten, sie könnten das Land ihrer Vorfahren besuchen«, erklärt Malik. »Genaugenommen wohnt mein alter Herr irgendwo in der Republik Somaliland, kümmert sich um seine Kamele, ist mit einer viel jüngeren Frau verheiratet und zieht eine neue Kinderschar groß.«
    Cambara legt Bile die Hand auf den Schenkel und fragt Malik, ob seine Mutter Malaysia-Chinesin sei. Er nickt. »Ja. Nur mein Vater ist somalischer Abstammung.«
    »Man trifft überall auf Somalier«, wirft Bile ein.
    »Wie Treibgut an fremde Strände angeschwemmt«, sagt Cambara.
    Bile runzelt die Stirn. »Ich sehe die Somalier eigentlich nicht als Treibgut. Viele schlagen sich dort, wo sie landen, wacker.« Dann hält er plötzlich die Luft an, als hätte er Schluckauf, und nachdem er wieder normal atmet, schlägt er einen anderen Kurs ein. »Hast du mal von einer chinesischen Piratin namens Mrs. Cheng gehört?«
    Malik, der viel über die Großtaten der somalischen Piraten auf der Halbinsel gelesen hat und sich mit Piraterie im Allgemeinen gut auskennt, schaut verwirrt drein. »Nein, von Mrs. Cheng habe ich noch nie gehört.«
    »Wieso dachte ich bloß, daß dich Piraterie nicht interessiert, egal ob vor der somalischen Küste oder sonstwo«, sagt Jeebleh zu Bile.
    »Natürlich interessiert

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