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Gekapert

Titel: Gekapert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuruddin Farah
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Gefahr ein ständiger Begleiter ist. Aus jedem Laden, hinter jeder Ecke könnte ein Attentäter hervorkommen; jeder Passant ist verdächtig, ein mutmaßlicher Täter. Jeder gibt vor, etwas anderes zu sein, als er ist, Dajaal kennt hier viele Männer und Frauen, deren Aufgabe es ist, auf jedes unbekannte Gesicht hinzuweisen.
    Dajaal fällt ein junger Mann auf, dessen Augen auf Malik geheftet sind. Als der junge Mann sein Handy herausholt und kurz telefoniert, verlangsamt Dajaal seine Schritte, um etwaige Veränderungen in ihrer Umgebung besser erkennen zu können. In eine andere Gruppe junger Männer kommt Bewegung, sie sind aufgeregt wie beim Pferderennen. Dajaal erhascht einen Blick auf ein bekanntes Gesicht, das er aus der Entfernung allerdings nicht gleich zuordnen kann. Beim Näherkommen ist er überrascht, Gumaad zu sehen, der bunt wie ein Clown gekleidet ist: die Hose ein ausgebleichtes Rosa, die Schuhe beinahe smaragdgrün, die Hemdknöpfe von Dunkelbraun über Orange bis Grün. Aber weder Gumaad noch seinen Freunden scheint die Farbdisharmonie aufzufallen.
    Gumaad erspäht Malik und Qasiir, erfährt von ihrem Vorhaben und besteht darauf, sie zum Computerladen zu begleiten; seine feiernden Freunde bleiben zurück. Dajaal wartet. Er überprüft die Umgebung auf versteckte Gefahren und versucht die Lage einzuschätzen, ehe er zu Gumaad aufschließt und neben ihm hergeht.
    »Weshalb die ausgelassene Stimmung?« fragt er Gumaad.
    »Wir feiern den Sieg«, erwidert Gumaad.
    »Wie könnt ihr bloß daran denken, den Sieg zu feiern, wenn der Krieg noch gar nicht geführt ist? Dieser Krieg ist schon verloren, ehe er überhaupt angefangen hat«, sagt Dajaal.
    »Wir feiern den Triumph der Union«, verkündet Gumaad. Er spricht so laut, daß es einige Passanten mitbekommen und seiner Aussage mit einem Nicken zustimmen.
    »Wen hat die Union denn geschlagen?«
    »Äthiopien und Amerika, seinen Verbündeten«, sagt Gumaad. Aber diesmal spricht er leiser.
    »Eigentlich hätte ich mehr von dir erwartet«, sagt Dajaal.
    Dajaal entfernt sich, er möchte ein paar Minuten mit seinen Gedanken allein sein. Im Geiste durchlebt er nochmals die drei Kriege, in denen er als Armeeoffizier gedient hat, aber was er vor sich sieht, sind keine Schlachtszenen, keine Sterbenden. Ihm drängt sich ein Bild auf, das amoklaufende Rinder zeigt, die von Löwen gejagt werden, Ziegen, die eine unsichtbare Macht von einem friedlichen Ort in ein Buschland treibt, in dem nichts, absolut nichts wächst, nicht einmal Kakteen – Buschland, so öde und trocken, daß die Ziegen Steine fressen, die sie aus dem dürregeplagten Boden gegraben haben. In der Nähe der Rinder, die nun dichtgedrängt in einem abgezäunten Stück Buschwald grasen, sind im Boden Minen versteckt, die von den verschiedenen Gruppen gelegt wurden, die um die Herrschaft über das Buschland kämpfen. Hin und wieder graben die Ziegen eine Mine aus, die dann explodiert und die Ziegen und ein paar Rinder in die Luft jagt; dann und wann fliegt auch ein paar Menschen eine Mine um die Ohren.
    Während sie über den Markt gehen, fragt Gumaad Malik, ob er eine Nachricht erhalten habe. Malik verneint, vermeidet dabei aber den Blickkontakt mit Qasiir. Gumaad erklärt, er wäre bei der Wohnung gewesen und hätte einen jungen Mann mitgebracht, einen ehemaligen Piraten, direkt aus der Küstenstadt Xarardheere. »Ich dachte, vielleicht hättest du Interesse, dich mit ihm zu unterhalten.«
    »Schade, daß ich nicht da war«, sagt Malik.
    »Ein Mann, dessen Stimme ich nicht kannte, kam an die Tür«, fährt Gumaad fort, »und sagte, ohne zu öffnen, er repariere den Boiler und du seist nicht da. Wo warst du denn?«
    Malik geht schneller. »Ich wäre wirklich daran interessiert, mich sowohl mit jemandem zu unterhalten, der die Piraten finanziert als auch mit einem ehemaligen Piraten. Ich nehme mal an, daß viele der Geldgeber in Mogadischu sitzen. Kannst du das organisieren?«
    »Ich kenne genau den richtigen Mann, mit dem du dich unterhalten solltest.«
    »Geldgeber oder ehemaliger Pirat?«
    »Geldgeber.«
    »Das wäre klasse«, sagt Malik. »Freu mich drauf.«
    Sie haben ihr Ziel erreicht, etwas zu schnell für Maliks Geschmack, der noch gern mehr Zeit gehabt hätte, den Markt kennenzulernen, jetzt, da er weiß, daß dort wahrscheinlich das Zentrum des auf den Einmarsch folgenden Aufstandes sein wird.
    Der Computerladen ist in einem vierstöckigen Steingebäude zwischen der Tawfik-Bank und einem

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