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Gekapert

Titel: Gekapert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuruddin Farah
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Übellaunigkeit an, eine Folge der Gereiztheit, die sich dem Bürgerkrieg verdankt. Er ist kurz davor, mürrisch zu reagieren, besinnt sich aber eines Besseren, erinnert sich daran, wie sie sich damals, als sie noch jünger waren, auf Geschwisterart kabbelten und Ahl Malik als selbstbezogen bezeichnete, als jemanden, der die Welt zu sich bestellte. Aber natürlich wird er das jetzt nicht sagen.
    »Und du«, fragt Malik, »wie war’s bei dir?«
    Ahl erzählt, wie er Fidno kennengelernt hat und von seinem Treffen mit Xalan. Aus irgendeinem Grund erzählt er ihm auch von Wiila und ihrer Verbindung zu Fidno.
    Sie beschließen, sich morgen ausführlich zu unterhalten. Malik gibt ihm Biles Telefonnummer, für alle Fälle auch die von Cambara und Qasiir, und fügt als Dreingabe noch hinzu: »Man weiß nie, wie sich die Dinge hier entwickeln.«

I n einer Sackgasse in der Nähe des Marktes findet Dajaal einen guten Parkplatz, aber Qasiir rät ihm, nach einer »sichereren« Parkgelegenheit zu suchen, da Sackgassen ein unnötiges Sicherheitsrisiko darstellten. Dajaal räumt ein, daß Qasiir recht habe, meint, er komme gleich wieder, und fährt weg.
    Qasiir und Malik warten. In seiner vorderen Hosentasche hat Malik fast zweitausend Dollar stecken, er kann das Bündel spüren. Qasiir geht davon aus, daß das Geld für einen Laptop und einen Farblaserdrucker reicht. Dennoch hat Malik das sichere Gefühl, daß etwas in der Luft liegt; er kann es riechen. Die Sonne scheint ihm in die Augen, es weht ein leichter Wind, aber sein Herz ist schwer. »Weißt du, wo wir hingehen?« fragt er.
    »Zu einem Computerladen, den ich kenne und in dem ein Freund von mir arbeitet«, erwidert Qasiir. »Er hat mir gesagt, daß sie nur einen Laptop dieser Art haben, und ich habe ihn auf meinen Namen reserviert, weil ich es unklug fand, deinen zu nennen.«
    »Erzähl mir mehr darüber.«
    Qasiir tut ihm den Gefallen. »Der Bakaaraha-Markt funktioniert folgendermaßen: Händler bieten Waren zum Verkauf an, Waren, die sie als ›neu‹, ›fast neu‹ oder ›so gut wie neu‹ anpreisen. Viele Käufer wissen nicht, daß jemand anders diese Waren in den Arabischen Emiraten gekauft hat, indem er so getan hat, als wären sie für seinen persönlichen Gebrauch bestimmt, und sie ›versiegelt‹ importiert hat. Gehört alles zur Art und Weise, wie hier Handel betrieben wird. Wenn du hier einen Computer kaufst, wird der Verkäufer dir, dem Endverbraucher, keine Garantie darauf geben, selbst wenn er ihn dir als neu, fast neu, generalüberholt oder versiegelt verkauft.«
    »Sie verheimlichen also den eigentlichen Zustand der Ware?«
    Dajaal gesellt sich zu ihnen; er hat ganz in der Nähe ­einen guten Parkplatz gefunden. Qasiir und er kommen überein, daß er vorsichtig Ausschau halten soll, ob ihnen jemand folgt. Er verschwindet im Gewimmel; Qasiir geht voran, Malik bleibt dicht hinter ihm. Mal erhaschen sie einen Blick auf Dajaal, mal ist er in der nächsten Sekunde nicht mehr zu sehen; beide sind höchst wachsam, während sie ihre Unterhaltung fortsetzen.
    »Jemand kauft in Abu Dhabi einen Laptop, einen BlackBerry oder einen iPod und bezahlt keine Steuern. Gibt das Gerät dann jemandem mit, der nach Somalia reist, der es wiederum jemandem gibt, der hier lebt. Das Gerät ist ein Ersatz für Geld, weil seit dem 11. September 2001 alle Beträge, die auf hiesigen Konten eingehen, strengstens überprüft werden. Auf diese Weise ist kein Geld im Spiel, und keiner schert sich um den Vorgang.«
    »Bis jemand dahinterkommt«, sagt Malik.
    Qasiir schneidet eine Grimasse. »Geld zu transferieren ist gefährlich geworden, einige Banken wurden geschlossen, weil man sie verdächtigte, Terroristen zu unterstützen. Etliche Somalier sind in Guantanamo gelandet oder werden momentan in Schweden festgehalten. Das Motto lautet: Waren dürfen frei zirkulieren, Geld, weil es schmutzig sein könnte, nicht.«
    »Woher weißt du das alles?« fragt er Qasiir.
    »Ich habe mal als Verkäufer von Computerteilen gearbeitet.«
    »Nichts ist, wie es scheint«, sagt Malik.
    Qasiir verkündet, sie hätten nun die Kreuzung erreicht, wo der Marktbereich beginne. »Markt« ist keine zutreffende Bezeichnung für Bakaaraha, das ist eine richtige Institution, denkt Malik. Dieser Markt entspricht nicht der Vorstellung, die man von einem afrikanischen Markt hat. Vielmehr stellt Bakaaraha eine Mischung verschiedener Handelstraditionen dar: auf der einen Seite Stände aus Zinkblech, weiter hinten

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