Gekapert
Handyladen gelegen. Das Gebäude hat so dicke Mauern, als sollte es einen Bombenangriff überstehen, und Malik fragt sich, ob es früher einmal als Bunker gedient hat. Die beiden winzigen Fenster sind geschlossen, aber die Klimaanlage arbeitet nicht besonders wirksam. Die Deckenventilatoren drehen sich mit der Langsamkeit eines störrischen Esels, der an einem Flaschenzug zerrt. Die Regale für die Waren sind tief und aus billigem Holz, die wenigen Nägel, mit denen sie an der Wand befestigt sind, nicht richtig eingeschlagen. Alles in allem ist es jedoch ein Laden mit großem Bestand, der alles mögliche Zeug führt, von Computern und Druckern (sowohl Tintenstrahl als auch Laser) bis zu den neuesten Mobiltelefonen.
Ein halbes Dutzend Verkäufer ist zu sehen, manche tragen weiße Hemden und khakifarbene Hosen, die meisten sind jung und aufgeweckt, mit langen Gliedmaßen und schmalem Brustkorb, was ihnen etwas Vogelhaftes verleiht. Die meisten weisen eine gewisse Familienähnlichkeit auf: hohe Wangenknochen, unregelmäßige Schneidezähne, breite, flache Nase und kräftiger Unterkiefer. Einer trägt ein langes, weites Hemd, das ihm bis zu den Knien reicht. Auch die meisten Kunden sind jung. Einige tragen Jeans und kein einziger hat einen Bart. Ein paar sind auf der Suche nach einem Schnäppchen, andere tauschen etwas um. Der Verkäufer mit dem langen Hemd scheint in der Computerabteilung der Chef zu sein, denn die jüngeren Verkäufer kommen mit ihren Fragen zu ihm oder holen sich von ihm die Erlaubnis, einen Rabatt geben zu dürfen. Jedesmal verschwindet er durch eine Tür nach hinten und kommt ein paar Minuten später mit einer Antwort zurück.
Dajaal wartet draußen, um ein Auge auf das Kommen und Gehen zu haben; Gumaad bleibt dicht bei Malik, während Qasiir darauf wartet, bedient zu werden. Er erspäht seinen Bekannten, einen ausgehungert aussehenden Burschen mit Überbiß. Nach einer kurzen Begrüßung bittet Qasiir Überbiß, Sheikh-Wellie zu sagen, daß er gekommen sei, um das telefonisch Reservierte zu bezahlen.
Überbiß kommt zurück und bedient weitere Kunden, er vermeidet es, Qasiir in die Augen zu sehen. Malik plant bereits einen Artikel über den Computerladen und macht sich Notizen, bemerkt aber, daß Qasiir verwirrt ist, weil Sheikh-Wellie sich soviel Zeit läßt. Sie warten so lange, daß Dajaal den Kopf hereinstreckt und sich erkundigt, ob alles in Ordnung sei. Malik fällt ein, daß es so aussehen soll, als kaufe Qasiir, nicht er, den Laptop und steckt ihm das Geld zu. Dann lauscht er einem Mann, der den Preis eines BlackBerry herunterhandelt, beobachtet einen anderen, der begierig seine in einen riesigen Karton verpackte Neuerwerbung abholt, die ihm ein Bengel, kleiner als die Verkaufstheke, zum Wagen tragen wird.
Nicht Sheikh-Wellie, sondern Vollbart taucht aus dem hinteren Teil des Ladens auf. Er scheint Malik und Gumaad nicht wahrzunehmen, geht direkt auf Qasiir zu und verwickelt ihn in ein Gespräch über Computer. Beim Anblick seines Erzfeindes läuft es Malik kalt den Rücken herunter. Sorgsam vermeidet Qasiir jeglichen Blickkontakt mit Malik, jede Andeutung, daß sie gemeinsam gekommen sein könnten, und wedelt mit Maliks Geldbündel vor Vollbarts Nase herum.
Schließlich einigen sich Qasiir und Vollbart auf einen Preis, zehn Dollar mehr, als zuvor vereinbart gewesen war, und Vollbart begibt sich wieder in den hinteren Teil des Ladens. An seiner Statt taucht endlich Sheikh-Wellie auf. Ein sehr dunkelhäutiger, kurzsichtiger, schüchterner Typ in den Dreißigern, der eigentlich der Buchhalter des Computerladens ist und sich beim direkten Kundenkontakt sichtlich unwohl fühlt. Er holt den Laptop, stellt ihn vor Qasiir hin und bittet Überbiß unvermittelt, den Verkauf abzuwickeln. Dann verschwindet auch er wieder nach hinten.
Überbiß übernimmt die übliche, wenn auch recht oberflächliche Demonstration, die beweisen soll, daß der Rechner neu und funktionstüchtig ist, und im Anschluß daran verlangt Qasiir noch einen Farblaserdrucker. Er bezahlt beides mit Maliks Bargeld, und sie verlassen das Geschäft ohne weiteren Zwischenfall.
Gumaad begleitet sie zum Auto. Dajaal regt sich fürchterlich über den Zwischenfall in der Wohnung auf, er ist sich sicher, daß Gumaad lügt. Er erträgt den Anblick des Mannes nicht länger. Gumaad ist ihm nicht geheuer, erinnert ihn daran, was in diesem Land alles schiefläuft. Er möchte ihn zwar gern loswerden, aber nicht in der Öffentlichkeit zur
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