Gekapert
anzuführen?
»Warum ist er hier?« Dajaal wendet sich nicht an Gumaad, sondern an Malik.
Aber die Antwort gibt Gumaad. »Ich bin gekommen, um ein Interview zu arrangieren.«
Schweigend werden Blicke gewechselt.
»DerScheich will von Malik interviewt werden.«
»Ach, wie großartig!« sagt Dajaal. »In der einen Minute wartet er im Versteck den rechten Moment ab, im nächsten Moment spielt er die Hoheit, gewährt einem ausländischen Journalisten ein Interview.«
»Es ist an Malik zu entscheiden, ob er das Angebot annimmt oder nicht«, sagt Gumaad, »es ist weder deine noch meine Entscheidung.« Er wendet sich an Malik. »Du allein bestimmst, ob du es machen willst oder nicht.«
»Ein Interview übers Telefon oder ein direktes Gespräch?«
»Hängt davon ab, was wir arrangieren können«, sagt Gumaad.
»Ich würde gerne ein direktes Gespräch führen.«
»Wie die Dinge liegen, will er ein Telefoninterview.«
»Wenn ich du wäre, würde ich kein direktes Gespräch führen«, sagt Dajaal, »weil immer das Risiko besteht, daß er in die Luft gejagt wird. Die Drohnen sind aktiver denn je. Sie könnten eventuell mitbekommen, daß er den Ort wechselt, und ihn angreifen.«
Nervosität macht sich bemerkbar, Gumaad rutscht auf seinem Stuhl hin und her. »Malik hat keinen Grund, zu befürchten, daß er in die Luft gejagt wird«, ruft er. »Was für ein Unsinn!«
» Sie haben einen ehemaligen Kollegen von mir mit einem ferngesteuerten Sprengsatz in den Himmel gejagt«, sagt Dajaal. » Sie haben ihre Methoden perfektioniert. Wenn ich du wäre, Malik, würde ich auch kein Interview über das Telefon führen – eine Drohne könnte deine Nummer mit seiner verwechseln und dich umbringen.«
Wieder wird Gumaad nervös und schwitzt, eine neue Schuppenschicht hat sich ihm auf Nacken und Schultern gelegt.
»Bitte, Opa«, bittet Qasiir, »hör auf.«
»Warum? Seine Männer haben meine Kollegen umgebracht.«
»Man könnte dich hören.«
»Dauert ohnehin nicht mehr lange, bis sie mich umbringen.«
Gumaad murmelt etwas Unverständliches, er plappert sinnlose Worte, verwechselt die Zeiten, stolpert über Adverbien. In Maliks Bauch absolviert ein Schmetterling seinen gesamten Lebenszyklus. Ihm fällt ein Traum ein, den er vor einigen Nächten hatte, in dem Gumaad ihn verriet, einer Gruppe Milizionäre übergab, die ihn als Geisel nahmen. Im Traum bat Malik Gumaad, ihm weiterhin die Treue zu halten. Aber er sagt nur: »Dajaal, jetzt ist es genug.«
Vielleicht sind Dajaals Tage wirklich gezählt, überlegt Malik. Ob ein Exklusivinterview mit DerScheich wohl das Risiko wert ist? Er nimmt einen fauligen Geruch wahr, Gumaads Atem. Es ist kein normaler Mundgeruch, vielmehr der Geruch der Angst, die Malik ebenso zu riechen können vermeint, wie er glaubt, Dajaals Wut spüren zu können.
»Hört bitte alle her«, sagt er unvermittelt.
Alle sehen ihn bestürzt an.
»Ich möchte allein sein.«
Nachdem sie gegangen sind, ruft Malik Jeebleh an, und fragt ihn, ob er meine, ein Interview mit DerScheich sei das Risiko wert. In Wahrheit ist es ihm ein dringendes Bedürfnis, daß Jeebleh weiß, was er vorhat. Für den Fall, daß etwas passiert. In seinen Gedanken hört Malik Amran lamentieren, er gehe unnötig Risiken ein.
Jeebleh räumt ein, daß das Interview beruflich vorteilhaft wäre, glaubt aber, es sei das Risiko nicht wert, wenn man den bevorstehenden äthiopischen Einmarsch bedenke. »Du könntest leicht zur Zielscheibe sowohl für die Übergangsregierung als auch für die Besatzungsmacht werden.«
»Was, wenn ich ein Pseudonym benutze?«
»Tu’s nicht«, sagt Jeebleh. »Bitte.«
Als nächstes ruft Malik Ahl an. Auch Ahl rät davon ab. »Verdammt noch mal, DerScheich befindet sich auf der Flucht. Das FBI wird sich an deine Fersen heften, sobald bekannt wird, daß du dich mit einem Mann unterhalten hast, der gesucht wird, denk daran.«
»Aber ein Exklusivbericht wäre ein große Sache«, wendet Malik ein. »Vorher warst du Feuer und Flamme, daß ich jemanden interviewe, der die Piraten finanziert und der nach allem, was man hört, ein Gauner ist. Wie steht es jetzt damit?«
»Das war etwas anderes«, sagt Ahl.
»Anderes? Was meinst du mit ›anderes‹?«
»Wir wollen alle, daß Taxliil gesund nach Hause kommt«, sagt Ahl. »Was du vorschlägst, bringt uns alle in Gefahr, sieh es doch mal so. Bitte denk noch einmal darüber nach, und unternimm nichts, was unsere Chancen, Taxliil zurückzubekommen, gefährden
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