Gekauft für den Harem
die Sklaven tun können, solange sie lebte. Versucht, glücklich zu werden, Harriet. Ich kann Khalid nicht bitten, Euch freizulassen. Es würde ihn nur wieder erzürnen.“ Sie seufzte. „Bleibt bei mir, bis ich eingeschlafen bin. Später kommt dann jemand, der Euch in Euer neues Quartier bringt.“
Harriet hielt Katrina die Hand, bis ihre regelmäßigen Atemzüge verrieten, dass sie schlief. Harriets Gedanken überschlugen sich, und sie fühlte sich den Tränen nahe. Sie hatte gegen ihre Gefangenschaft angekämpft, doch ihr Widerstand begann zu erlahmen. Marguerite war entkommen, und da man nur den unglücklichen Eunuchen ausfindig gemacht hatte, musste ihre Cousine in Sicherheit sein. Vielleicht befand sie sich schon auf einem Schiff nach England. Bei dem Gedanken wurde Harriet leichter ums Herz.
Für sie würde es keine Rettung geben. Irgendwo in ihrem Innern wusste sie, dass sie froh sein konnte, dass man sie nicht härter bestrafte, aber von jetzt an musste sie damit rechnen, unter ständiger Beobachtung zu stehen. Man hatte herausgefunden, wie Marguerite aus den Gärten des Harems herausgelangt war. Der Fluchtweg würde zugemauert werden, und vermutlich erhielt in Zukunft nie wieder ein Eunuch allein die Schlüsselgewalt. Die Neuigkeit von Marguerites Entkommen hatte sich zweifellos unter den anderen Eunuchen herumgesprochen, doch außer einer von ihnen verspürte den Wunsch, als Märtyrer zu sterben, war nicht davon auszugehen, dass sich ein solcher Fluchtversuch wiederholte. Ihr Onkel hatte seine Tochter wieder, und selbst wenn ihr Bruder eine Zeit lang um sie trauerte – er hatte seine Frau und die Kinder und würde sie irgendwann vergessen.
Ein Teil von ihr wollte sich gegen das Schicksal auflehnen, das ihr bevorstand, doch ein anderer Teil ahnte, dass ihr Leben im Palast keineswegs unerträglich werden musste, wenn man ihr gestattete, die Kinder zu unterrichten und ihre Freundinnen zu besuchen – und Freundinnen würde sie finden, wenn sie sich darum bemühte. Vielleicht wäre es ihr viel leichter gefallen, sich mit ihrem Los zu versöhnen, wenn sie von sich das Gleiche hätte sagen können wie Katrina: dass sie geliebt wurde und liebte. Hätte man ihr befohlen, Kasim zu heiraten, sie wäre mit Freuden seine Frau geworden, doch er würde sie nicht haben wollen. Sie war nun einmal nicht so schön wie ihre Cousine. Hassan hatte auf den Anblick ihres Gesichts mit Abscheu reagiert, und Kasims Haremsdamen waren zweifellos allesamt hinreißend.
Was würde als Nächstes geschehen? Sie sollte in Kasims Harem gebracht werden, aber dann …? Ob er vorhatte, sie dort zu bestrafen?
„Der Berater Kasim ist gekommen, um Euch abzuholen. Er wartet draußen.“
Beim Klang der weiblichen Stimme fuhr Harriet zusammen. Sie erhob sich und warf einen Blick auf die schlafende Katrina. „Lass deine Herrin noch eine Weile ruhen. Die Niederkunft hat sie viel Kraft gekostet.“
„Sehr wohl, madame .“ Das junge Mädchen verneigte sich respektvoll, und Harriet verbiss sich ein Lächeln. Sie schien zu einer wichtigen Persönlichkeit avanciert zu sein, jedenfalls unter den Dienerinnen.
Kasim nahm sie vor der Tür zu Katrinas Gemächern in Empfang. Harriet sah ihn an, doch weder schien er ihrem Blick begegnen zu wollen noch sich ein Lächeln abringen zu können.
„Ihr bringt mich in Euren Harem?“
Kasim fixierte einen Punkt irgendwo hinter ihrer Schulter. „Wer sagt das? Katrina, nehme ich an.“
„Sie sagt auch, dass ich ihretwegen begnadigt wurde.“
„Dann seid Ihr der Ersten Dame zu Dank verpflichtet.“ Kasims Miene war undurchdringlich. „Der Kalif hat Euch mir übergeben, doch eine Sühne für Eure Tat kann ich Euch nicht ersparen, Harriet. Oder wart Ihr der Auffassung, dass das, was Ihr getan habt, mit einer Nacht in der Zelle geahndet ist?“
„Nein, ich weiß, dass Ihr mich bestrafen werdet.“
„Es ist mein Recht und meine Pflicht. Ihr habt Euch eines schweren Vergehens schuldig gemacht.“
„Seid Ihr immer noch wütend auf mich?“
„Es spielt keine Rolle, ob ich es bin oder nicht.“ Kasim sah sie nicht an. „Ihr habt einen unverzeihlichen Fehler begangen. Und weil ich Khalids zuverlässigster Berater bin, wurde ich mit der Aufgabe betraut, Euch zu disziplinieren.“
„Ich verstehe …“ Harriet schluckte schwer. „Im Moment seid Ihr vertrauenswürdiger für ihn als die Eunuchen.“
„So ist es.“ Ein Muskel zuckte an Kasims Wange. „Der Mann wurde bestraft.“
„Ich hörte,
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