Gekauft für den Harem
auf dem Diwane standen. Der Kalif und sein Sohn kamen, und kurz darauf auch Kasim. Wie üblich, trug er ein schlichtes weißes Gewand mit roter Schärpe. Er suchte Harriets Blick und hielt ihn für einen Moment, ehe er sich zu Hassan umwandte, mit ihm sprach und sich dann auf dem Diwan neben dem Kalifen niederließ.
Zusammen mit den anderen Frauen wurde Harriet zu Kasims Linken platziert, und der Prinz machte es sich auf einem Kissen in ihrer Nähe bequem.
Der Kalif lachte über etwas, das Kasim zu ihm sagte, und Hassan beugte sich mit einem schelmischen Blitzen in den Augen zu ihr. „Mein Vater sagt, dass Ihr unsere Kampfspiele missbilligt, Lady Harriet. Er sagt, Ihr hattet die Augen die meiste Zeit, als Kasim kämpfte, geschlossen. Und Kasim sagt, Ihr billigt so gut wie gar nichts, was er tut.“
„Kasim macht sich gern über mich lustig.“
„Kasim braucht eine Frau, die ihn zähmt.“
„Ach ja?“ Plötzlich hatte sie einen Kloß in der Kehle.
„Unbedingt. Ich rate ihm schon länger, sich zu vermählen, doch er legt keinen Wert auf ein nörgelndes Weib, meint er.“ Hassan lachte in sich hinein. „Angeblich holt er sich oft drei seiner ikbals gleichzeitig in sein Bett.“
Harriet spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen kroch, doch sie verzichtete auf eine Erwiderung und sah stattdessen stur geradeaus.
Die Unterhaltungsdarbietungen hatten begonnen, und eine Truppe Tänzer, Männer und Frauen, bewegten sich rhythmisch zur Musik. Eine Prozession Diener kam in den Raum und brachte Speisen auf Silbertellern, die so groß waren wie Wagenräder – köstlich gewürztes Huhn, Lamm mit exotischen Soßen, Früchte und Sorbets und den vortrefflichen starken Kaffee, das Lieblingsgetränk im Harem.
Ob es stimmte, dass Kasim drei Frauen auf einmal in sein Bett mitnahm? Waren es womöglich die jungen Mädchen, die er ihr als Dienerinnen zugeteilt hatte? Auch wenn sein Harem nicht mehr existierte – in der Vergangenheit musste er die Gesellschaft von Frauen häufig genossen haben. Der Gedanke war schmerzlich und demütigend. Sie versuchte, Hassans achtlosen Worten keine Aufmerksamkeit mehr zu schenken, doch die Erinnerung daran war wie ein schaler Geschmack, der blieb.
Es fiel ihr nicht auf, dass Kasim seinen Platz mit Hassan getauscht hatte und nun zu ihrer anderen Seite saß, bis er sie ansprach.
„Unterhaltet Ihr Euch gut, Lady Harriet?“
„Ich habe Kopfschmerzen, Mylord. Wäre es wohl möglich, dass ich mich zeitig zurückziehe?“
„Selbstverständlich. Ich begleite Euch zu Euren Gemächern.“
„Bitte – Ihr müsst das Fest nicht meinetwegen verlassen. Ich bin sicher, ich finde den Weg allein.“
„Ich begleite Euch, Harriet.“ Er stand auf, bot ihr seine Hand. „Ich habe ohnehin anderes zu tun, als den Tänzern zuzusehen und zu schlemmen.“ Er wandte sich zu Khalid. „Wenn Ihr uns entschuldigen wollt, Hoheit.“
Harriet erhob sich. Sie verneigte sich vor dem Kalifen und vor Hassan, entschuldigte sich ebenfalls, dann folgte sie Kasim aus dem Saal. Die Musik war noch zu hören, als sie ihre Gemächer schon beinahe erreicht hatten. Vor der Tür blieb Kasim stehen und sah Harriet einen Moment lang schweigend an, dann neigte er leicht den Kopf und ging ohne ein Wort davon. Er war wieder zornig auf sie! Dachte er etwa, sie schmollte? Sie hatte mit keiner Silbe zu erkennen gegeben, was sie fühlte, und als sie ihre Räume betrat, war sie sich der Stille überdeutlich bewusst. Ihre Dienerinnen kamen herbeigeeilt, eifrig darauf bedacht, es ihr recht zu machen, doch sie lächelte und schickte sie fort. Sie wollte nur noch allein sein. Als sie sich auf ihren Diwan sinken ließ, rannen ihr Tränen die Wangen hinunter, und sie wischte sie ärgerlich fort.
Sie hätte wissen sollen, dass Kasim nicht besser war als sein Herrscher! Er hatte dessen Art zu leben bereitwillig übernommen – und sie belogen. Die jungen Frauen waren seine Favoritinnen, und er behielt sie, damit sie ihm zu dritt Vergnügen bereiteten. Aber warum brachte diese Erkenntnis sie so sehr aus der Fassung?
Es gelang ihr erst nach einer ganzen Weile, die schmerzlichen Gedanken so weit beiseitezuschieben, dass sie einschlafen konnte.
Irgendetwas hatte sie geweckt! Harriet öffnete die Augen und sah zu ihrem Erstaunen, dass Kasim sich über sie beugte. Es war noch fast dunkel, daher nahm sie an, dass es früh am Morgen sein musste.
„Vergebt mir, wenn ich Euch um diese Zeit störe“, begann er, als sie sich aufsetzte und ihn
Weitere Kostenlose Bücher