Gekauft für den Harem
während die Tiere in halsbrecherischem Tempo durch die Arena galoppierten.
Beifall brandete auf, als diese Geschicklichkeitsübung zu Ende war, andere folgten. Bogenschützen, Speerwerfer, Sprung- und Tanzkünstler, Feuerschlucker hielten die Menge in Atem, und die Haremsdamen hatten ebenso viel Spaß wie das gemeine Volk, das den Vorführungen beiwohnen durfte.
Es gab eine Pause, in der die Diener den Haremsdamen Früchte und Sorbet reichten, und dann begannen die eigentlichen Wettkämpfe. Als Erstes traten die Ringer auf. Sie erhielten begeisterten Applaus von den Zuschauern. Harriet beobachtete, wie Hassan seinen Gegner in wenigen Runden besiegte, und fragte sich, ob Kasim ebenfalls an den Ringkämpfen teilnahm. Sie war ein wenig enttäuscht, dass er sich nicht bei ihr blicken ließ. Als sie ihn jedoch auch unter den Höflingen nicht entdecken konnte, die bei Khalid und dem Prinzen saßen, wurde sie stutzig.
Wieder ertönte eine Fanfare und kündigte die Zweikämpfe an, den Höhepunkt der Festspiele. Den ersten Kampf bestritten zwei gleich starke Gegner, ihrer Statur nach regelrechte Gladiatoren, und Harriet kam nicht umhin, ihren Kampf mit denen zu vergleichen, die in jener Arena in Rom ausgetragen worden waren, von der sie in den Manuskripten ihres Vaters gelesen hatte. Den Sieg gegen seinen mit Schwert und Schild bewaffneten Gegner trug der Kämpfer mit Netz und Dreizack davon. Der nächste Kampf wurde ausschließlich mit Schwertern und Schilden ausgetragen, und als Harriet die Hoffnung schon aufgegeben hatte, betrat Kasim unter dem enthusiastischen Gebrüll der Menge die Arena. Er trug einen goldenen Speer, den er mit einer weit ausholenden, herausfordernden Bewegung in den Boden rammte.
Als die Sieger der beiden vorausgegangenen Kämpfe in die Arena stürmten, schnappte Harriet nach Luft. Wollte Kasim sich etwa mit beiden zugleich messen? Ein Schauder rann ihr den Rücken hinunter, und sie konnte kaum hinsehen, als die Männer ihn zu umkreisen begannen. War er von Sinnen, es mit zwei Gegnern auf einmal aufzunehmen?
Sie riskierte einen Blick und stellte fest, dass Kasim sich seiner Tunika entledigt hatte. Sein Rücken war tief gebräunt, und als er sich auf den ersten Kontrahenten zu bewegte, konnte sie das Spiel seiner Muskeln beobachten. Die Zuschauer schrien anfeuernd, doch Harriet schloss wieder die Augen. Sie würde es nicht ertragen zu sehen, wie er verwundet oder getötet wurde, und sie war sicher, dass diese Gefahr bestand. Warum kämpfte er gegen zwei Herausforderer?
„Habt keine Angst, Lady Harriet“, hörte sie Mellinas Stimme leise und beruhigend an ihrem Ohr. „Der Berater Kasim hat weit aussichtslosere Kämpfe für sich entschieden. Er lehnt es ab, gegen nur einen Gegner anzutreten.“
„Aber …“ Harriets Einwand ging unter im triumphierenden Brüllen der Menge, die aufstand wie ein Mann, als Kasim den ersten Gegner in die Knie gezwungen und den zweiten gleich anschließend besiegt hatte. Der Kampf war zu Ende, obwohl er Harriet wie eine Ewigkeit erschienen war. „Ist es vorbei?“
„Für heute“, sagte Mellina. „Und nun werden wir speisen. Morgen gehen die Festspiele weiter, und wir werden weitere Kämpfe sehen. Die heutigen waren unterhaltsam, findet Ihr nicht auch?“
„Ich … ja …“ Harriet beobachtete, wie ein paar Männer Kasim auf die Schultern hoben und im Triumphzug durch die Arena trugen. Sie setzten ihn vor der Tribüne des Kalifen ab, und dieser bedeutete ihm, an seiner Seite Platz zu nehmen. Kasim drehte sich zu ihr um und neigte grüßend den Kopf. Harriet erwiderte den Blick, vermied jedoch jedwede Beifallsbekundung, obwohl andere Frauen ihm zujubelten und ihre Schals in die Arena warfen.
Sie war erleichtert, als die Haremsdamen zum Festbankett aufbrachen, und wollte sich ihnen anschließen, als ein Eunuch ihr in den Weg trat. Er verbeugte sich vor ihr und deutete auf eine Gruppe Frauen, die getrennt von den anderen standen. Einen kurzen Moment drohte Harriet in Panik zu geraten, doch dann bemerkte sie, dass die Frauen völlig entspannt wirkten.
„Ihr werdet auf dem Podium des Kalifen bei Eurem Gebieter sitzen“, klärte Mellina sie auf. „Wir anderen kehren in den Harem zurück und speisen und tanzen dort.“
Harriet nickte und folgte der kleinen Gruppe Frauen ins Innere des Palasts, wo es so kühl war, dass sie leicht fröstelte. Man führte sie in einen weitläufigen Saal, vorbei an einer langen Reihe seidenbezogener Sitzkissen zu einem Podium,
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