Gekauft für den Harem
wenn die Janitscharen ihre Kräfte messen, und am unterhaltsamsten finde ich die Ringkämpfe.“
„Kasim hat mich nicht abgeholt. Ich nehme an, er ist noch mit den Vorbereitungen für die Wettkämpfe beschäftigt.“
„Ganz sicher. Als Titelverteidiger muss er selbst daran teilnehmen.“
Harriet runzelte sorgenvoll die Stirn. „Die Kämpfe enden nicht tödlich, hoffe ich?“
„Zu Zeiten von Khalids Vater war es noch so, doch heutzutage ist derjenige, der seinen Gegner entwaffnet, Sieger. Am Ende wird dies Kasim sein. Er ist es immer, wahrscheinlich, weil er härter übt als alle anderen Männer.“
„Wie könnt Ihr das wissen?“
„Es gibt Möglichkeiten, zu beobachten, was im Palast …“ Katrina lächelte vielsagend. „Heute kann ich es Euch nicht zeigen, weil mir verboten wurde, diesen Diwan zu verlassen – aber in einigen Tagen. Von ein paar geeigneten Verstecken aus kann man den Janitscharen bei ihren Kampfübungen zusehen, und man kann auch sonst vieles hören und sehen … vieles, das der Kalif nicht billigen würde.“
„Wie durchtrieben Ihr seid!“ Harriet musste lachen. „Und ich habe geglaubt, Ihr wärt dem Kalifen eine fügsame Ehefrau.“
„Oh, ja, das bin ich, aber …“ Wieder lächelte Katrina durchtrieben. „Es gibt immer einen Weg herauszufinden, was Ihr herauszufinden wünscht, Harriet. Uns überwacht man praktisch rund um die Uhr, in den Gärten, unseren Gemächern, den Gemeinschaftsräumen … Warum sollten wir die Gucklöcher nicht benutzen, um zu erfahren, was wir wissen möchten?“
Dem Kalifen gegenüber gab Katrina sich als unterwürfige Frau, doch sie wusste genau, wie sie den Spieß umdrehen konnte. Immer noch lachend, schüttelte Harriet den Kopf. „Nach dem Motto ‚Gefahr erkannt, Gefahr gebannt‘, nicht wahr?“
„Genau …“
Sicher hätte es noch mehr zu erzählen gegeben. Aber eine von Katrinas Dienerinnen erschien auf der Schwelle und verkündete, dass ein Eunuch gekommen war, um Harriet abzuholen.
„Der Berater Kasim lässt Euch ausrichten, dass Ihr Euch zum Bankett einfinden sollt, Lady Harriet. In einer Stunde fangen die Wettkämpfe an, und Ihr sollt bei den Haremsdamen des Kalifen sitzen. Ihr habt die Erlaubnis, zu sprechen, mit wem Ihr wollt.“
Harriet dankte ihr, doch es gab wenige Frauen im Harem des Kalifen, die sie als Freundinnen betrachtete. Sie knüpfte kaum Kontakte, um sich Kummer zu ersparen, wenn sie Abschied nehmen musste. Die einzigen Vertrauten im Palast waren Katrina und die drei jungen Mädchen, die Kasim ihr zur Gesellschaft gegeben hatte und denen gegenüber sie fast mütterliche Gefühle hegte.
Sie begab sich in ihre Gemächer, nahm ein Bad und gestattete den Dienerinnen, ihr beim Ankleiden zu helfen. Kurz darauf kamen die Eunuchen, um sie durch den Palast zu geleiten. Harriet ging ihnen voraus, wie es ihr zustand, und die anderen Frauen folgten mit ein paar Schritten Abstand. Mit ihren flatternden Gesten und der lebhaften Unterhaltung wirkten sie wie aufgeregt zwitschernde bunte Vögel.
In dem Innenhof, in dem das Bankett stattfand, hatte man Zeltdächer aufgestellt, damit die Frauen vor der sengenden Sonne geschützt waren. Sie wurden zu ihren Plätzen geleitet, konnten indes wählen, wo sie sitzen wollten. Als sie sah, dass Mellina da war, ließ Harriet sich neben ihr nieder. Die Haremsaufseherin wandte sich zu ihr um und lächelte.
„Ich schulde Euch Dank, Lady Harriet, für die Rückübertragung meiner Privilegien.“
„Ihr schuldet mir nichts. Was an jenem Abend geschah, war nicht Euch anzulasten, und ich glaube, der Kalif sah das ein, nachdem sein Zorn abgekühlt war.“
Mellina nickte. „Man sagt zu Recht, dass Ihr der Mutter von Prinz Hassan sehr ähnlich seid. Als sie starb, trauerte der Hof wochenlang. Der Kalif hat eine hohe Meinung von Euch.“
Harriet seufzte. „Ich fürchte, er hält mich eher für ein Ärgernis.“ Sie lächelte. „Jedenfalls freue ich mich, Euch wiederzusehen.“
Der helle Klang einer Fanfare unterbrach ihre Unterhaltung, dann ritt ein Trupp Janitscharen in die Arena. Sie waren in ihre rot-goldenen Paradeuniformen gekleidet und ritten prächtige Pferde.
Eine Vorführung ausgesuchter Reitkünste begann, bei denen die Männer sich halb aus dem Sattel hängten, um ein Ziel mit ihrem Säbel zu treffen. Bei anderen Wettkampfdisziplinen wurde ohne Sattel geritten, und bei wiederum anderen standen die Reiter auf dem Rücken ihrer Pferde und versuchten das Gleichgewicht zu halten,
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