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Gekauftes Spiel

Gekauftes Spiel

Titel: Gekauftes Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Vater. Zoff, wohin man guckt. Zoff und
Gemeinheit scheinen die Stoffe zu sein, die diese Welt ausmachen. Zu viel davon
überall. Aber da muss man durch. Besonders ich.
    Er starrte vor sich hin. Trotz
des harmlosen Anrufs war er aus dem Konzept geraten, wusste nicht mehr, was er
dem gestörten Typen, der ihn gleich anrufen würde, an den Kopf werfen wollte.
Dabei hatte Fender sich alles genau gemerkt, was Tim ihm erklärt hatte. Ja, Tim
und seine Freunde, die hatten was drauf, waren scharfsinnig, blickten unter die
Oberfläche, gingen den Dingen auf den Grund. Tim — sozusagen als der Sprecher
von TKKG — hatte ihm klar gemacht, was es auf sich hatte mit den Hooligans, den
Fanatikern, was sie antrieb zu ihrem Tun. Als erfahrenem Schiedsrichter war das
Fender natürlich auch bewusst, aber Tim hatte die richtigen Worte gefunden. Und
die wollte Fender dem Anrufer nun entgegenhalten, wobei er sehr wohl wusste:
Nützen würde es nichts.
    Im Moment stand der Schiri bei
sich selbst auf der geistigen Leitung. Aber er hatte sich Notizen gemacht. Wo
war der Zettel? Er fand ihn im Schreibtisch. Und kaum, dass er las, was er sich
aufgeschrieben hatte, klingelte das Telefon.
    »Ja?«, bellte er in den Hörer,
und diesmal war es für den Richtigen.
    »Hallo, Fender, du Schwein!«,
sagte der Mann, und Hass keuchte mit in jedem Atemzug. »Wir haben die Schlinge
um dich gelegt — um dich und deine Familie. Jetzt ziehen wir zu. Es wird
schlimm für euch werden. Wir machen euch alle. Weil du korrupt bist,
bestechlich, parteiisch, verlogen, weil du Smogmoor um den verdienten Sieg
gebracht hast. Du hast dich kaufen lassen und bist ein jämmerlicher Sklave bei
den Avantis. Und du bist zu feige, öffentlich deine Schande zu bekennen. Klar
doch! Damit wärst du am Ende. Aber das bist du so auch. Es war ein gekauftes
Spiel.«
    Fender starrte auf seinen
Zettel. Diese Stimme war neu. Der Stimmenimitator legte eine neue Platte auf.
Fender hatte sich natürlich mit keiner Silbe verraten. Die durften nicht ahnen,
dass man über sie Bescheid wusste. Von wegen so viele! Es waren nur drei. Und
die Polizei hoffte natürlich, auf einen Stimmenimitator aus England zu stoßen,
der sich zurzeit in der Millionenstadt aufhielt. Kein Ding der Unmöglichkeit —
möchte man meinen. Aber bislang gab es nicht den Hauch einer Spur.
    »Hör mir mal zu«, sagte er
ruhig. »Ich will dir was erklären über dich und deinesgleichen. Ihr seid
Hooligans, ihr seid Fanatiker. Ihr seid gar keine echten Fußballfans. Und ihr
quatscht euch selbst nur die Ohren damit voll, dass es euch um Fußball geht, um
eure Mannschaft, euren Verein, was ihr mit Heimat gleichsetzt und mit eurem
Leben. Dafür kämpft ihr. Dafür ist euch jedes Mittel recht, jede Gewalt, jedes
Verbrechen: Bedrohung, Erpressung und Randale. Angeblich geht es euch um
Fußball. Aber es ist nicht wahr und hat mit dem Spiel nichts mehr zu tun. Ihr
wollt nur Ärger machen. Denn ihr alle seid krank.«

    »Stimmt, du korrupter
Dreckskerl. Im Augenblick bin ich etwas vergrippt. Sommergrippe.«
    Fender schob seinen Zettel
dichter ans Telefon. »Ihr seid alle krank. Gefährlich krank. Denn ihr merkt
vielleicht gar nicht, wie verlogen ihr seid. Nicht um das Ziel geht es euch,
sondern um die Mittel. Ihr wollt bedrohen, erpressen, terrorisieren, Angst
verbreiten, Macht ausüben, euch suhlen in dem Gefühl, dass man euch fürchtet.
Ihr seid abartige Typen, die nur einen Vorwand brauchen — ein so genanntes
Ziel, eine Idee, eine Weltanschauung — , um euren kriminellen Charakter
auszuleben. Und was steckt dahinter? Die Mittel sind’s. Die haben es euch
angetan. Die Ziele sind austauschbar — jeder Schwachsinn könnte als Begründung
herhalten, als Alibi vor euch selbst. Ihr alle gehört in eine geschlossene
Anstalt mit ganz dicken Gittern.«
    »Haha!«, lachte der Anrufer.
»Tolle Rede.«
    »Ihr würdet eure Machtspiele
auch dann abziehen, wenn es darum ginge, dass das Lachen abgeschafft wird.«
    »Das dir bald vergeht, Fender,
du gekaufter Schiri.« Er schnaubte und stieß dann keuchend hervor: »Deine armen
Töchter!«
    »Meine Töchter haben nichts
damit zu tun.«
    »Warte, bis wir mit dir fertig
sind.«

6. Erik
bereut
     
    Im Adlernest, der engen
Internatsbude, duftete es wie Weihnachten. Nach Zimt, Mandelaroma,
Lebkuchengewürz, Tannenbaum und Wachskerzen. Dafür gab es einen Grund. Klößchen
hatte in einem Anfall seltsamen Humors ein Dutzend Duftkissen gekauft, sechs
der Marke »Wintermärchen«, sechs der

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