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Gekauftes Spiel

Gekauftes Spiel

Titel: Gekauftes Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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lastete, sie gleichsam versiegelte.
    Wilson hörte das Rufzeichen,
dann kam die Verbindung zustande.
    »Ja? Hallo? Wer ist es, der
mich sprechen will?«, fragte Keane. Es klang, als sei er nicht mehr ganz
nüchtern.
    »Hallo, Stan!«, rief Wilson.
»Erkennst du meine Stimme? Dein alter Freund Charles. Charles Corham.«
    »Hallo, Charly«, meinte Keane
erfreut. »Woher hast du meine Nummer? Das Handy ist so neu wie die Krone auf
meinem Backenzahn.«
    »Immer noch Ärger mit den
Zähnen?«
    »Das hört auch nie auf. Und
andere beißen die Verschlusskappen von der Bierflasche.«
    »Die Nummer habe ich von
Dorothy. Bei ihr hatte ich angerufen.«
    »Hat sie dich beschimpft? Sie beschimpft
jeden. Sogar mich. Auch das hört nie auf. Wo steckst du?«
    »In Südtirol. Wahrscheinlich
kennst du die Gegend nicht. Das Tal mit dem Lamia-See.«
    Keane schien zu grinsen. »So
unbekannt ist mir das nicht. Was treibst du dort?«
    »Nichts. Hab mir ’ne Hütte
gekauft. Und den Namen gewechselt. Bin jetzt Edward Wilson aus Wakefield.«
    »Vor wem fliehst du?«
    »Nur vor
Unterhaltsforderungen.«
    »Und sonst?«
    »Ich hätte vielleicht was.
Arbeitest du noch für Brian Pitcher?«
    »Aber immer. Gibt keinen
besseren Boss. Bin seine rechte Hand.«
    »Ist er ruhiger geworden oder
noch wie früher?«
    »Wilder als früher.«
    »Wenn’s um Fußball geht?«
    »Gibt’s noch was anderes? Das
ist doch die Welt, das Leben, das, worum sich alles dreht.«
    »Das unterschreibe ich.«
    »Wir sind zu dritt, Charly.
Hast du Jack Milburn damals kennen gelernt? Er kann jede Stimme nachahmen.«
    »Klar. Ich erinnere mich an
ihn. Er war ziemlich versoffen.«
    »Sind wir doch alle. Und
zurzeit bereiten wir uns zum Angriff vor.«
    »Verstehe. Smogmoor gegen wen?«
    »Vor allem gegen die Avantis.«
    »Stan, dabei kann ich euch
helfen. Oder sagen wir, ich könnte Pitcher ein Ding verkaufen, von dem er nicht
zu träumen wagt. Du weißt, wer Mario Clausen ist, der Torschützenkönig, der
Tiroler Panter. Ohne ihn brechen die Avantis zusammen. Ohne ihn sieht die
Champions League anders aus. Und ich habe greifbare Beweise dafür, dass dieser
goldbeinige Jüngling in den Knast gehört.«
    »Was? Was sagst du?«
    »Es geht um... Mord. Und ich
weiß, in welchem Keller Mario die Leiche versteckt hat.«

10. Ein Foto
vom Stimmenimitator
     
    Tim schloss die Tür der
Telefonzelle Besenkammer , trat auf den Flur, der matt erleuchtet war,
und ließ das Gespräch in sich nachwirken. Seine Mutter hatte ihn angerufen aus
New York, wo sie seit einiger Zeit lebt an der Seite ihres neuen
Lebensgefährten, Tims künftigen Stiefvaters.
    In zwei Wochen, nach den Ferien
am Lamia-See, würde Tim nach New York fliegen; und die Vorfreude war schon so
groß, dass er sie im Bewusstsein ganz nach hinten drängen musste, in ein
verschließbares Fach, damit sie die aktuelle Ferienfreude nicht überstrahlte.
    Optimal wäre, dachte er, wenn
ich Gaby, Karl und Klößchen mitnehmen könnte. Hm! Wenigstens Gaby. Aber dagegen
sind die Umstände. Kommissar Glockner hat dann endlich auch einmal Urlaub und
die Nordsee-Insel ist gebucht.
    Tim schlenderte den Flur
entlang zum Portal, dessen wuchtige Tür offen stand, was normalerweise — so
kurz vorm Zapfenstreich — nicht üblich ist. Tim spähte auf den Hof. Die Laterne
brannte. Auch ohne ihren Schein wäre es nicht wirklich dunkel gewesen, sondern
nur sommerabenddunkel bei klarem Himmel, was ziemlich viel Restlicht bedeutet.
    Tim bemerkte Erik Salk. Der EvD
schlenderte nahe beim Parkplatz auf und ab, hielt sich die Hand ans Ohr — nein,
natürlich sein Handy — und schien zu reden, war allerdings zu weit entfernt,
als dass Tim hätte mithören können.
    Hm!, dachte der TKKG-Häuptling.
Redet er mit Tatjana? Bringt er ihr bei, dass nichts mehr sein darf? Oder
schärfte er ihr ein, dass sie noch vorsichtiger sein müssen?
    Tim beobachtete Salk. Der
beendete sein Gespräch, ging rasch zum Parkplatz und klickte mit der
Zentralverriegelung seinen Wagen auf, stieg aber nicht ein. Er wühlte nur einen
Moment im Handschuhfach und kam dann, nachdem er den Wagen geschlossen hatte,
eiligen Schritts zum Portal.
    Tim wieselte die Treppe hinauf.
Erik Salk würde seinen Dienst fortsetzen, was um diese Zeit nur Anwesenheit
erfordert. Das Aufregendste, was passieren kann, ist, dass sich ein Schüler
krankmeldet — wegen einer Klassenarbeit, die für den nächsten Tag ansteht. Doch
das war heute nicht zu befürchten, denn morgen endete das Schuljahr. Es

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