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Gekauftes Spiel

Gekauftes Spiel

Titel: Gekauftes Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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würde
Zeugnisse geben, Jubel und Jammer, die Feierstunde in der Aula mit der Rede des
Direktors, bei der alle schliefen, und dann der allgemeine Aufbruch in die
Ferien mit großem Getöse.
    Auf dem Treppenabsatz im ersten
Stock blieb Tim stehen. Durchs Fenster konnte er zum Parkplatz sehen. Etwa 50
Autos standen dort. Die bescheidenen Fahrzeuge gehörten den Lehrern, etliche
heiße Coupés und Sportwagen den Schülern aus der Abiturklasse. Erik Salk fuhr
ein japanisches Cabrio, sahnegelb lackiert, mit schokobraunem Verdeck und
ebensolchen Sitzen in Leder. Ein Zweisitzer mit reisetauglichem Kofferraum. Der
Wagen war was Besonderes. Erik hatte ihn noch nicht lange und polierte ziemlich
oft daran herum.
    Als Tim ins Adlernest trat,
telefonierte Klößchen mit Tims Handy, stutzte kurz und sagte dann: »Eben kommt
er rein, Gaby. Ich übergebe.«
    Tim merkte erst jetzt, dass er
sein Handy nicht bei sich trug, sondern auf den Tisch gelegt hatte. Wenn seine
Mutter ihn aus New York anrief, geschah das nie über Handy. Zu kratzig und
undeutlich war oft die Verständigung.
    »Ja, Pfote?«, meldete er sich.
    »Häuptling!« Ihre Stimme klang
aufgeregt. »Es gibt eine heiße Spur.«
    »Ach?« Er schaltete rasch. »Im
Fall Fender?«
    »An dem knacken wir doch rum
oder ist sonst noch was?«
    »Okay, ich höre.«
    »Es ist einfach irre und läuft
schon seit Tagen. Aber Papi hat erst vorhin davon erzählt.«
    »Unerhört von deinem Vater«,
grinste Tim. »Immerhin gehören wir zu seinen profiliertesten Mitarbeitern.«
    »Das habe ich ihm auch gesagt.
Aber er meint, die Kollegen im Präsidium wollten auch mal was tun. Damit sie
sich nicht überflüssig fühlen.«
    »Brav!«
    »Willst du mich veralbern oder
zuhören?«
    »He, Pfote! Du machst die
Witze.«
    »Ist mir gar nicht aufgefallen.
Also hör zu! Angefangen hat’s mit einem Zufall. Denn Kommissar Kustermann, der
im Oktober pensioniert wird, war vor sechs Jahren mit seiner Frau in London.
Eine Studienreise. Besichtigung aller historischen Highlights (Glanzpunkte), einschließlich der königlichen Familie, falls die mal aus dem Fenster
guckt. Und eines Abends sind die Kustermanns — zusammen mit dem mitreisenden,
befreundeten Ehepaar — in einem Varietee gelandet, nämlich im Rainbow-Theatre.«
    »Von dem habe ich schon
gehört.«
    »Dort hatten sie ein
unvergessliches Erlebnis.«
    »Aha! Ich ahne.«
    »Nein, darauf kommst du nicht.
Oder denkst du an einen Stimmenimitator?«
    »Genau.«
    »Aber du ahnst nicht, was für
eine Nummer der abgezogen hat!«
    »Dass er gut sein muss, wissen
wir. Bis jetzt hat er Fender mit etwa 90 verschiedenen Stimmen genervt.«
    Gaby lachte auf. »An dem Abend
im Londoner Regenbogen-Theater ist Folgendes passiert: Der Stimmenimitator
wankte auf der Bühne herum, war offensichtlich abgefüllt bis zum Kragen, machte
die Queen nach, quiekte wie ein Schweinchen, torkelte dann an die Rampe und —
stürzte ins Publikum.«
    »Waaas? War der so betrunken?«
    »Blau wie ein Veilchen. Die
Kustermanns hatten einen Tisch in der ersten Reihe, denn im Varietee sitzt man
an Tischen. Der Imitator landete voll auf dem Tisch und rollte dann auf Frau
Kustermann, die wie am Spieß schrie. Kustermann, der ja ziemlich rabiat ist,
hat den Betrunkenen zu Boden gestoßen. Sie hatten Rotwein getrunken und Frau
Kustermanns Kleid sah aus wie eine Metzgerschürze. Immerhin hat die Direktion
des Hauses Schadenersatz geleistet. Die Reinigungskosten. Eine Entschuldigung.
Und drei Flaschen edlen Wein.«
    »Wahnsinn!«
    »Es geht weiter.«
    »Logo, Pfote. Kustermann hat
nun den Imitator wiedergesehen. Hier in unserer Stadt.«
    »Verrucht und zugeschweißt!
Warum erzähle ich überhaupt?! Außerdem war’s nicht Kustermann, sondern seine
Frau ist dem Imitator begegnet. Sie hat ihn hundertprozentig erkannt.
Schließlich saß er damals bei ihr auf dem Schoß, hat sie angegrinst und ihr
seinen Schnapsatem ins Gesicht geblasen.«
    Tims Gehirnzellen arbeiteten
bereits. »Wo ist sie ihm begegnet? Und wann?«
    »In der Fußgängerzone am
Schilfbrunnen. Vorigen Freitag.«
    »Wenn’s das Rainbow-Theatre
noch gibt, muss man feststellen können, welcher Stimmenimitator dort vor sechs
Jahren aufgetreten ist.«
    »Genau das, Häuptling, hat mein
Papa auch gedacht und bei Scotland Yard angeklingelt — wegen Amtshilfe. Und
siehe da! Die britischen Kollegen haben nicht nur festgestellt, wie der Mann
heißt, sondern auch, dass er als Unterhaltungskünstler gescheitert ist wegen
alkoholbedingter

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