Gekauftes Spiel
leisen Zweifel bei dir
raushöre?«
»Ich will Erik verdammt noch
mal nicht zu Unrecht verdächtigen. Zuerst war ich auch wirklich überzeugt, dass
ihm der Ausrutscher Leid tut. Aber nach dem Gespräch... also, mir sind doch ein
bisschen Bedenken gekommen. Seine Einsichtigkeit, seine Reue, sein Entschluss,
die Sache zu beenden, kaum dass sie begonnen hat — das kam irgendwie zu rasch.
Wenn was so glatt läuft, werde ich misstrauisch.«
»Au Backe!«
»Kann mich ja täuschen.«
»Hoffentlich.«
»Jetzt rufe ich Gaby an.«
Sie meldete sich sofort und
hatte natürlich seine Nummer auf dem Display gelesen.
»Hallo, Tim! Wie ist es
gelaufen?«
Er berichtete und gab
vorsichtig seinem Zweifel Ausdruck.
»Du meinst also, er linkt uns?
Und die machen heimlich weiter?«
»Ehrlich, Pfote, ich weiß es
nicht.«
»Vielleicht hilft es, dass die
beiden erst mal räumlich getrennt werden.«
»Vielleicht.«
»Das klingt aber lahm,
Häuptling.«
»Wo verbringt eigentlich Erik
die Sommerferien?«
Gaby überlegte. »Keine Ahnung.
Soviel ich weiß, fährt er meistens dorthin, wo Fußball groß geschrieben wird.«
»Da kommt ganz Europa infrage.«
»Vor allem Europa, Häuptling.«
»Jedenfalls haben wir getan,
was wir konnten. Ich freue mich auf Südtirol.«
»Ich mich auch. Bussi, Bussi,
Häuptling! Gute Nacht!«
9.
Unstillbarer Hass
Möglicherweise wusste er, dass
etwas mit ihm nicht stimmte. Aber diese Empfindung ließ er nicht zu, geschweige
denn, dass er nachdachte in dieser Richtung. Im Gegenteil: Er fand sich
großartig. Für jede Gemeinheit, jedes Verbrechen, jede Ungeheuerlichkeit gab es
eine griffige Rechtfertigung. Brian Pitcher nannte es seine »Philosophie«. Und
das Gebiet, auf dem er sie anwandte, war die Welt des Fußballs. Das bedeutete
Kampf. Sieg oder Untergang. Der Gegner war nicht nur Gegner, sondern Feind. Und
unter den Feinden gab es Todfeinde, die man fertig machen musste. Derzeitiger
Hauptfeind war der internationale Schiedsrichter Jonathan Fender.
Brian Pitcher verstand sich als
Fan vom FC Smogmoor. Er verstand sich als geheimer Boss aller Hooligans, die
für diesen Verein stritten. Das erfüllte Pitchers Dasein mit Sinn.
Er war 29 und gerade mal von
mittlerer Größe. Er wog 101 Kilo und bestand aus hartgummifestem Speck.
Pitchers Hals hatte den Umfang eines strammen Oberschenkels, wohlgemerkt des
Oberschenkels eines Kickers, und er war stolz darauf, dass er 15 Flaschen Bier
trinken konnte, bevor er zum Klo musste. Das rote Gesicht mit den
glasmurmelblauen Augen und der kahl rasierte Schädel, auf dem drei Narben
wulstig verliefen, trugen dazu bei, dass er nicht als Frauentyp galt. Immerhin
— es gab Frauen, die ihn mochten. Aber sie mochten ihn nicht als Person,
sondern seine Millionen, was sie aber nie zugegeben hätten.
Er war unglaublich reich. Der
Großvater und später sein Vater hatten von London aus ein Immobilienimperium
errichtet und über ganz Europa ausgeweitet. Überall besaßen sie Mietshäuser,
Bürogebäude, Grundstücke, Fabrikhallen, sogar Hafenanlagen. Eingefuchste
Fachleute überblickten alles und besorgten die Verwaltung. Mit Tricks am Rande
der Legalität wurden möglichst viele Einnahmen an der Steuer vorbeigeschleust.
Brian Pitcher, der dieses Reich
aus bebautem Grund und Boden geerbt hatte, beschäftigte viele Anwälte. Aber nur
für die Firma. Keiner von ihnen ahnte, was der Chef in seiner Freizeit trieb,
wenn er als Hooligan Grenzen überschritt.
Von Beruf war er Erbe. Er
arbeitete wenig. Nur dann und wann kontrollierte er seine Leute, wobei er
schlauen Durchblick an den Tag legte. Man fürchtete ihn.
In den Terror gegen Jonathan
Fender hatte er sich hineingesteigert wie ein Besessener. Und er war seinem
Opfer jetzt ziemlich nah. In der TKKG-Stadt hatte er eine Villa gemietet. Von
hier aus agierte er, zusammen mit seinen engsten Vertrauten: Stan Keane und
Jack Milburn. Auf die konnte er sich verlassen. Und nicht zuletzt hatte er sie
ausgewählt wegen ihrer Kenntnisse der deutschen Sprache.
Keane war ein vorbestrafter
Buchmacher, Falschspieler und Betrüger, 40 Jahre alt. Er wog nur halb so viel
wie Pitcher, war aber einen Kopf größer und trug das schwarze Haar als
Pferdeschwanz, außerdem meistens eine Sonnenbrille.
Milburn war der Stimmenimitator
und früher in Varietees (unterhaltsame Theater) aufgetreten, hatte aber
wegen alkoholischer Entgleisungen — einmal erbrach er sich auf der Bühne, ein
anderes Mal fiel er lallend auf die Zuschauer in
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