Geklont
eine Menge nachzuholen, und Dr. Edwards stellte ihr Fragen und führte Tests mit ihr durch.
Catlin und Florian mußten auch jeden Tag zum Unterricht, ihrer eigenen Art von Unterricht, unten in der Stadt in den Grünen Baracken, wie sie's nannten; und einmal pro Woche mußten sie über Nacht dort bleiben. An dem Tag durchquerten sie ein Zimmer oder mußten sonderexerzieren. Aber meistens konnten sie Ari in der Bibliothek oder im Labor abholen und mit ihr nach Hause gehen.
Das taten sie auch heute, da sie in ihren schwarzen Uniformen sehr korrekt und ernst aussahen, aber ernster als sonst, als sie zu den Türen und hinaus zum Fußgängerüberweg gingen.
»Sicherer als hier können wir nirgendwo reden«, sagte Catlin.
»Aber man weiß nie«, meinte Florian. »Es gibt Geräte, die einen selbst aus dieser Entfernung hören können, wenn's erwünscht ist. Man weiß es einfach nicht genau, man kann nur ständig den Aufenthaltsort wechseln, damit sie, wenn sie nicht wirklich damit rechnen, daß man jetzt gerade etwas sagt, was sie hören wollen, es nicht merken. Die Organisation ist sehr aufwendig, wenn die betreffende Person viel rumläuft.«
»Wenn sie uns gestern abend nicht gehört haben, glaube ich nicht, daß sie uns überwachen«, sagte Ari. Sie wußte, wie man nett genug war, um nicht in Schwierigkeiten zu geraten, ohne zu nett zu sein und die Leute denken zu lassen, sie führe etwas im Schilde. Aber das sagte sie nicht. Sie ging mit den beiden bis zum Fischteich. Sie hatte Futter in ihrer Tasche dabei. »Was wolltet ihr mir sagen?«
»Es geht darum, daß man seinen Feind angreifen sollte, bevor er es tut«, erklärte Catlin. »Aber zuerst muß man sicher sein, wer es ist. Dann wie viele es sind, wo sie stecken und was sie haben. Das muß man als nächstes herausfinden.«
»Wenn der Feind ein Älterer ist«, sagte Florian, »ist das sehr schwer zu erfahren, weil sie viel mehr wissen als man selbst.«
»Wenn er nicht damit rechnet«, ergänzte Catlin, »kann jeder erwischt werden.«
»Aber wenn wir's versuchen und es uns mißlingt«, fuhr Florian fort, »werden sie versuchen, uns verschwinden zu lassen. Deshalb wissen wir nicht so recht, Sera. Ich glaube, wir könnten sie erwischen. Ganz bestimmt. Ich könnte dafür ein paar Sachen stehlen. Sie werden im Lager aufbewahrt, aber die Leute da passen nicht besonders auf. Eigentlich müßten sie's wegschließen. Aber ich kann drankommen. Und wir könnten unseren Feind töten, es ist bloß sehr gefährlich. Bei einem Älteren hat man normalerweise nur eine Chance.«
»Aber wenn man nicht weiß, wer seine Partner sind«, fügte Catlin hinzu, »erwischen sie einen. Es hängt davon ab, wieviel das wert ist.«
Das ließ einige Dinge, die ihr durch den Kopf gingen, plötzlich zusammenpassen. Klick. Sie ging mit den Händen in den Taschen und sagte: »Und wenn man all das nicht weiß, geht's nicht nur darum, daß man erwischt werden könnte; man weiß nicht, wen man als nächsten ausschalten muß. Man muß bedenken, daß es Dinge gibt, die sich überall in Reseune rumsprechen, was seine Partner tun werden, wer Freund und Feind ist, und wer alles kontrollieren wird, und das können wir nicht.«
»Ich weiß nicht«, meinte Florian. »Sie müßten diese Dinge wissen, Sera, wir aber nicht. Ich weiß, daß wir einen erwischen könnten, vielleicht zwei, wenn wir uns teilen, oder wenn wir die Geschosse zusammenbringen könnten. Das sind die Wichtigsten. Aber es sind nicht halb so viele wie hinter uns her sein werden.«
Sie erreichten den Fischteich. Ari kniete sich ans Ufer und holte den Beutel mit Fischfutter aus ihrer Tasche. Catlin und Florian hockten sich neben sie. »Hier«, sagte sie und gab ihnen den Beutel, um selbst etwas zu verfüttern, und warf dann ein Stück für den Weißen ins Wasser, der unter den Lilien auftauchte. Der Weißrote war fast ebenso schnell. Sie beobachtete die kreisförmigen Wellen, die von dem Futter und den zuschnappenden Fischen ausgingen, und sah die Lilien zittern. »Es ist nicht einfach«, sagte sie schließlich. »Wir können nicht alle erwischen. Es stecken zu viele mit drin. Er hat Verbindungen. Er ist wichtig; ihm unterstehen eine Menge Leute, nicht bloß Reseune, und wo er die Finger drin hat... Im Sicherheitsdienst zum Beispiel. Ich weiß nicht, wo sonst noch. Also, selbst wenn er weg wäre ...« Es war ein seltsames und beunruhigendes Gefühl, sich darüber zu unterhalten, wie man jemanden umbrachte. Es kam ihr unwirklich vor.
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