Geklont
Zwilling?«
»Nein. Ein identischer Zwilling.«
»Identisch bis hin zum Genset, richtig?«
Sie nickte.
»Du hast kein PR an deiner Nummer. Aber das könntest du.«
Das war verwirrend. Und machte ihr Angst. Es ergab überhaupt keinen Sinn.
»Paß auf. Denk nicht darüber nach. Laß mich das genau erklären, Ari. Deine Mama, Jane Strassen, hatte eine sehr gute Freundin, die gestorben ist, ganz unerwartet. Reseune wollte sie replizieren, und das bedeutet, wie du weißt, ein Baby zur Welt bringen. Jane sagte, daß sie das Baby wollte, daß sie es aufziehen würde, ganz allein, weil sie nicht wollte, daß es zu jemand anderem kam. Sie tat es für ihre Freundin, die gestorben ist. Und als sie dieses Baby bekam, liebte sie es so sehr, als sei es ihr eigenes. Verstehst du mich, Ari?«
Sie hatte einen kalten Kloß in der Kehle. Ihr war ganz kalt, bis in die Fingerspitzen. »Verstehst du mich, Ari?« Sie nickte.
»Jane ist wirklich deine Mama. Das ist so, nichts kann daran etwas ändern, Ari. Deine Mama ist die, die dich liebt und auf dich aufpaßt und dich erzieht, so wie es Jane getan hat.«
»Warum ist sie dann weggegangen?«
»Weil sie etwas zu erledigen hatte, was nur sie tun konnte. Weil Jane Strassen, gleich nach der ersten Ari, die beste war, die es tun konnte. Außerdem, Ari, hatte Jane noch eine Tochter - eine erwachsene Tochter namens Julia, die schrecklich eifersüchtig auf die Zeit war, die du in Anspruch genommen hast; und Julia hatte auch eine Tochter namens Gloria Strassen, die in deinem Alter ist. Julia machte die Dinge für deine Mama sehr hart, weil sie so schwierig war, und Julia wurde auch nach Fargone versetzt. Deine Mama mußte sich letztlich um ihre andere Tochter und ihre Enkelin kümmern, weil sie schrecklich eifersüchtig war und sich aufregte, daß Jane deine Mama war. Sie wollte das nicht, aber so war es nun einmal. Deshalb ging sie nach Fargone und nahm die beiden mit, weil sie sie nicht hier lassen wollten, wo sie böse zu dir sein könnten. Sie sagte mir, ich sollte auf dich aufpassen, sie würde zurückkommen, wenn es möglich sei, aber es ist furchtbar weit weg, Ari, und die Gesundheit deiner Mama ist nicht mehr so gut. Sie ist ziemlich alt, weißt du, und es wäre jetzt unheimlich gefährlich für sie. Deshalb also ist deine Mama gegangen, und deshalb wußte sie, daß sie vielleicht nicht würde zurückkommen können: Sie hat für ihre Freundin, die gestorben ist, alles getan, damit du einen guten Anfang hast. Und sie wußte, daß sie würde fortgehen müssen, bevor du groß bist. Sie dachte, es würde leichter sein, wenn sie den Anfang machte. Aber sie ist eine richtige Mama für dich gewesen, und sie hat dich nicht bloß wegen der Ari geliebt, die gestorben ist, sondern weil du Ari bist, und du bist du, und deshalb liebt sie dich, so ist das.«
Tränen begannen über ihr Gesicht zu rinnen. Sie merkte nicht einmal, daß sie weinte, bis sie die Feuchtigkeit spürte. Dann bewegte sie den falschen Arm, um sie abzuwischen, und mußte die andere Hand benutzen, was ihr peinlich war.
»Sie konnte dich nicht nach Fargone mitnehmen«, erklärte Onkel Denys. »Zum einen, weil sie Julia und Gloria da hat. Zum anderen, weil du du bist, du bist Ari, und deine genetische Mutter war, was sie war, und weil du Feinde hast. Du könntest hier sicher aufwachsen. Es gab Lehrer, die dich unterrichteten, und Leute, die auf dich aufpaßten - nicht immer die besten; ich weiß, ich bin nicht sonderlich gut dafür geeignet, ein kleines Mädchen aufzuziehen, aber ich hab's wirklich versucht, Ari, und ich werde mich weiter bemühen. Ich habe nur das Gefühl, es wird Zeit, dir einige Dinge zu erklären, weil du alt genug bist, selbst irgendwohin zu gehen, das ist doch ganz einfach, oder? Du könntest Leuten begegnen, die dir ungewollt das Falsche sagen, und vor allem wollte ich nicht, daß du etwas von all dem von irgendeinem Fremden unten in der Stadt erfährst. Eine Menge Leute wissen, wer du bist, und du bist alt genug, um allmählich Fragen zu stellen - zum Beispiel, warum dein Name Emory ist und nicht Strassen.«
Sie haßte es, wenn sie etwas nicht kapierte. Und das ging ihr überhaupt nicht in den Kopf. Leute hatten doch wohl unterschiedliche Namen, eine Menge Leute hatten unterschiedliche Namen. Sie hatte geglaubt, Emory hieße der, den Mama ausgesucht hatte, um von ihm ein Baby zu bekommen.
Man geriet in Schwierigkeiten, wenn man sich überlegte, warum es Dinge gab, die Erwachsene einem nicht
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