Geklont
war an dieses Bett gefesselt, hatte Schmerzen und konnte nach dem Tranquilizer nicht mehr richtig nachdenken.
XII
Melde dich in meinem Büro, lautete die Mitteilung von Yanni, die Justin als erstes las, als er den Computer im Büro betriebsbereit machte; und er drehte sich um und sah Grant an. »Ich muß bei Yanni vorbei«, sagte er; und Grant fuhr mit seinem Stuhl herum und erwiderte seinen Blick.
Kein Kommentar. Dazu gab es nichts Besonderes zu sagen. Grant schien nur besorgt.
»Wir sehen uns«, verabschiedete sich Justin in einem bemühten Anflug von Humor. »Ich wünschte, du könntest dabei sein.«
»Ich auch«, erwiderte Grant und meinte das keineswegs als Scherz.
Justin war nicht darauf vorbereitet, Yanni zu treffen. Aber er hatte keine Wahl. Er zuckte die Achseln, warf Grant einen sorgenvollen Blick zu und ging hinaus in den Flur, wobei seine Knie fast zitterten, so schlimm war es noch, und derart wirkte der Schock nach.
Gott, dachte er, hoffentlich stehe ich das durch.
Irgendwie.
Mit seinem Azi-trainierten Gedächtnis und seinem professionellen Verständnis für Versuchspersonen, Psychosets und das, was Justin von dem mitbekommen hatte, was um ihn vorgegangen war, als er Girauds Fragen beantwortete, und während er sich anschließend erholte, bis hin zu den beiläufigen Worten und knappen Kommentaren der Docs, die ihn heimgebracht hatten, war Grant ihm eine Stütze gewesen. Sich all das nochmals vor Augen zu führen und zu wissen, daß es alles war, was sich ereignet hatte, war unendlich beruhigend; Grant einfach die ganze Nacht bei sich zu haben, hatte seine Aufmerksamkeit einigermaßen ans Hier und Jetzt gebunden und in die Lage versetzt, am Morgen aufzustehen, bewußt eine flüchtige Fröhlichkeit anzunehmen und zu entscheiden, daß er zur Arbeit gehen würde.
Ich kann wenigstens die Archivierung einiger der verdammten Aufzeichnungen erledigen, hatte er zu Grant gesagt, womit er ihre zahllosen Berichte meinte, die sich schon seit Wochen auf ihren Schreibtischen stapelten, um an den Computer-Akten und -Archiven überprüft und mit der Hand als archiviert abgestempelt zu werden, bevor sie in den Reißwolf geschickt wurden. Ich könnte mir keinen besseren Tag dafür vorstellen.
Er wurde mit unerwarteten Situationen nicht fertig, und auf seinem Weg durch den Flur bis zu Yannis Tür vermutete er, der Sicherheitsdienst sei der Ansicht, er sei in dem Verhör auf etwas Verdächtiges gestoßen, und Yanni...
Weiß der Teufel.
»Marge«, sagte er zu Yannis Assistentin. »Ich bin hier.«
»Geh rein«, erwiderte Marge. »Er wartet schon auf dich.«
Ein Zeichen von Wohlwollen, wenn er es richtig deutete.
Er öffnete die Tür und sah Yanni an seinem Schreibtisch sitzen. »Ser.«
Yanni blickte auf, und Justin riß sich zusammen. »Setz dich«, bat Yanni ganz ruhig.
O Gott, dachte Justin und verlor völlig sein Gleichgewicht. Er sank in den Stuhl und fühlte sich angespannt und außer Kontrolle.
»Wie geht's dir, mein Junge?« fragte Yanni ruhiger, als Justin ihn je gehört hatte.
»Mir geht's gut«, antwortete er, drei vorsichtig ausgesprochene Silben, die er fast stammelte.
»Ich habe einen Mordskrach gemacht, als ich's hörte«, erzählte Yanni. »Den ganzen Weg bis zu Denys' Büro, und zu Petros, und Giraud. Ich kann verstehen, daß sie Grant die ganze Zeit bei dir lassen.«
»Ja, Ser.«
»Petros hat das zu deinen Gunsten angeordnet. Da tun sie gut dran. Ich verrate dir eins, sie haben es doch aufgezeichnet, nicht mit den Recordern des Sicherheitsdienstes, aber es existiert eine Aufnahme. Du kannst sie haben, wenn du sie brauchst. Das hat Giraud versprochen, mein Junge. Heute früh sind sie da drüben mal vernünftig.«
Er starrte Yanni mit dem tauben, unangenehmen Gefühl an, daß es eine Falle sein mußte, daß er auf etwas vorbereitet wurde. Mit Sicherheit lief ein Recorder mit. Wenn er dem Mann vertraute, würde er eine andere Gangart anschlagen.
»Dient das hier wieder zur Stimmenanalyse?« fragte Justin, um es auf den Tisch zu bringen.
Die Furche zwischen Yannis Brauen vertiefte sich. »Nein. Du irrst dich. Ich möchte dir einige Dinge erklären. In Girauds Büro ist die Lage zur Zeit gespannt. Sie stehen mächtig unter Druck. Sie werden die Geheimhaltung aufgeben müssen. Das Timing der Kleinen war tadellos. Ich will jetzt nicht ins Detail gehen, ich wollte dir nur sagen, daß sie Ari eingeweiht haben, zumindest darin, daß sie nicht Jane Strassens biologische Tochter ist,
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