Geklont
fühlte sich geborgen in ihrem Bett und hatte irgendwie sogar das Gefühl, sie sei - von allem losgelöst worden. Habe ihre Ruhe. Sie war froh, daß die Leute nett zu ihr waren, nicht, weil sie sie nicht bearbeiten konnte, sondern weil sie so müde war und es sie so viel gekostet hätte, und sie wollte bloß daliegen und eine Weile keine Schmerzen haben, nachdem sie etwas getrunken hatte.
»Es ist nicht eure Schuld«, sagte sie zu Florian und Catlin. »Es war doch wohl meine Idee, oder?«
»Wir hätten es nicht zulassen dürfen«, meinte Florian.
»Doch«, widersprach sie und zog augenblicklich ein finsteres Gesicht. »Ihr habt zu tun, was ich euch befehle, und ich habe euch das nun einmal befohlen. Oder nicht?«
»Doch«, sagte Catlin nach einem Moment. »Das stimmt.«
Beide sahen danach etwas glücklicher aus.
Sie schlief den ganzen Nachmittag, den Arm in einer Schlinge angehoben, so wie es ihr Dr. Ivanov erklärt hatte, damit die Hand nicht anschwoll. Sie glaubte nicht, daß das funktionieren würde, weil sie sich immer etwas herumwälzte, aber es klappte doch; sie sank sofort in Schlaf, wachte einmal auf, als Nelly ihr sagte, sie sollte eine Pille schlucken, und schlief weiter, weil es ihr Bett und ihr Zimmer war und die Pillen, die die Schmerzen beseitigten, sie gleichzeitig sehr schläfrig machten.
Aber Nelly weckte sie zum Abendessen auf, und sie mußte mit der linken Hand essen. Dr. Ivanov erzählte ihr Sachen über die Rechts/1inks-Dominanz und sagte, sie dürfte nicht schreiben, ehe der Verband entfernt wurde, aber alles andere dürfe sie tun. Dr. Ivanov meinte, sie sollte einen Schreibautomaten benutzen, wie er einen hatte, der ihr bei ihren Studien half, und die Idee gefiel ihr.
Er sagte, sie müsse den Verband etwa drei Wochen lang tragen, weil er eine Menge besonderer Sachen gemacht hatte, damit es schnell heilte, und der Arm würde so gut wie neu sein. Sie würde danach gymnastische Übungen durchführen, damit er wieder stark wurde. Damit war sie einverstanden. Einen gebrochenen Arm zu haben, war ein Abenteuer, aber sie wollte nicht, daß sie davon etwas Dauerhaftes zurückbehielt.
Es war ziemlich interessant, den Verband zu tragen und all das, und zu sehen, wie jeder wegen ihr aus dem Häuschen war. Wie sich die Leute veränderten, wenn sie besorgt waren, fand sie merkwürdig. Sie dachte viel darüber nach, wenn sie wach war.
Sie verzehrte ihr Abendessen, Sachen, die sie mit den Fingern essen konnte, und sie wollte, daß Florian und Catlin in ihrem Zimmer blieben, weil sie jetzt wach war. Aber Onkel Denys kam rein und sagte, sie könnten etwas später kommen, aber vorher müsse er sich mit ihr unterhalten.
»Ich will nicht«, sagte sie, und sie schmollte ein bißchen, weil sie wirklich Schmerzen hatte, und es war nicht fair von Onkel Denys. Er war den ganzen Tag so nett gewesen, und jetzt wurden alle wieder so wie vorher, bevor sie sich darauf vorbereitet hatte, das sah sie kommen.
»Es wird nicht lang dauern«, versprach Onkel Denys und schloß die Tür, »und ich werde nicht einmal darauf zu sprechen kommen, daß du in die Stadt gegangen bist.«
Das hatte sie nicht erwartet. Deshalb war sie zugleich neugierig und unangenehm berührt, während er Nellys Stuhl heranzog. Sie war froh, daß er sich nicht aufs Bett setzte, weil sie sich's gerade bequem gemacht hatte und er so schwer war.
»Ari«, sagte er, lehnte sich mit auf den Knien gestützten Ellbogen vor, und sein Gesicht zeigte einen sehr besorgten Ausdruck. »Ari, ich will dir erklären, warum alle so aufgeregt waren, aber das hat nichts mit der Stadt zu tun: es hängt damit zusammen, wie wichtig du bist, und daß es Leute gibt... daß es Leute gibt, die dir vielleicht weh tun würden, wenn sie in Reseune gelangen könnten. Deshalb hast du dem Sicherheitsdienst einen solchen Schreck eingejagt.«
Das war ernst gemeint. Es paßte mit der Lektion über die Sicherheit in den Fluren und der Tatsache zusammen, daß sie das einzige Kind war, das sie kannte, das von zwei Azis vom Sicherheitsdienst begleitet wurde. Sie war interessiert und erschrocken, weil es so war, als hätten viele Dinge auf einmal einen doppelten Boden. »Wer ist das denn?«
»Leute, die deiner Vorgängerin etwas angetan hätten. Weißt du, wann man an eine ZIV-Nummer ein PR anhängt?«
»Wenn's ein Parentalreplikat ist.«
»Weißt du, was das bedeutet?«
Sie nickte bestimmt. »Das heißt, es ist ein Zwilling seiner eigenen Mama oder seines Papas.«
»Nur ein
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